Inside Wikileaks |
Genre: Biografie |
Autor: Daniel Domscheit-Berg |
Seiten: 304 Seiten |
Verpackung: Taschenbuch |
Kaufstart: 11. Februar 2011 |
Verlag: Econ |
ISBN: 978-3-430-20121-6 |
Daniel Domscheit-Berg, lange bekannt unter seinem Pseudonym „Daniel Schmitt“, war Sprecher der erfolgreichen und bekannten Whistleblower-Plattform „Wikileaks“. Er war als einer der ersten in dem vielversprechenden Projekt integriert und galt als bester Freund von Julian Assange. Heute jedoch ist er längst nicht mehr an Wikileaks beteiligt und hat sein neues Projekt „OpenLeaks“ gegründet, bei dem er aus alten Fehlern lernen und vieles besser machen will. In seinem Buch „Inside Wikileaks“ erzählt er uns seine Laufbahn bei Wikileaks, angefangen als 2-Mann-Unternehmen, bis hin zu seinem Ausstieg im vergangenen Jahr und will uns dabei tiefgehende Einblicke in den Aufbau des Projekts, den Charakter von Julian und der Kooperation mit Medienpartnern geben.
Kritik:
Es dürfte wohl eine Webseite auf dieser Welt geben, die im vergangenen Jahr so bekannt wurde, wie nie zuvor: Wikileaks. Als Plattform für sogenannte „Whistleblower“ dient sie Menschen dazu, geheime Dokumente von Regierungen zu veröffentlichen, um so die Korruption und das Unrecht auf unserem Planeten aufzudecken. Im vergangenen Jahr wurde sie durch Dokumente über den Afhanistankrieg und den diplomatischen Unterlagen zur wohl gefährlichsten Website, die es je geben sollte – und zum größten Feind der Vereinigten Staaten.
Intransparenz bei Wikileaks
Doch Wikileaks soll nicht kritiklos bleiben, dafür will nun der ehemalige Sprecher Daniel Domscheit-Berg sorgen. Er behauptet, miterlebt zu haben, wie Julian Assange die Menschheit belügt, in dem er sein Team größer darstellte, als es wirklich war und wie ein Projekt, das sich absolute Transparenz auf die Stirn geschrieben hat, zu einer der intransparentesten Projekte des Webs wurde. Er schildert uns darin die großen Problematiken, die es vor allem bei der Entscheidungsgewalt gegeben hat, bei der letztendlich Julian Assange als alleinstehender „Diktator“ über jedes Dokument selbst entschied. Die Beurteilung der Wichtigkeit eines Geheimdokuments wurde ausschließlich von Assange selbst durchgeführt, sodass Wikileaks laut Domscheit-Berg gegen seine Grundprinzipien verstieß und zu einem politischen Agitator wurde. Mit diesem Hintergrundwissen, dass nur ein hundertprozentig involviertes Wikileaks-Mitglied haben kann, wird „Inside Wikileaks“ zu einem interessanten Buch, welches uns Informationen aus erster Hand liefert und damit für jeden lesenswert wird, der sich für Wikileaks und das Whistleblowing im Allgemeinen interessiert. Im Grunde genommen kann man in diesem Fall von einem Leak über Wikileaks sprechen.
Domscheit-Berg vs. Assange
Problematisch wird die Sache allerdings dann, wenn Daniel Domscheit-Berg seinen persönlichen Konflikt mit Julian Assange in das Buch hineinbringt – und das ist wohl zu achtzig Prozent in diesem Buche der Fall. Nicht nur, dass die Kritik gegenüber Wikileaks ebenso zu hinterfragen ist, wie Wikileaks selbst, es stellt sich während des Lesen auch heraus, dass der persönliche Konflikt letztendlich Hauptgrund für die Kritik ist. Natürlich streitet der Autor dies in keinster Weise ab, doch das Motiv Daniels wird dabei etwas fraglich. Statt davon ausgehen zu können, dass Daniel Domscheit-Berg mit OpenLeaks nun einiges besser machen möchte, stellt sich letztendlich auch die Frage, ob er nicht vielleicht doch aus Neid oder Hass handelt, um auch einen Teil des Erfolges abzubekommen – also genau das, was ihm Julian Assange vorwirft. Zugegeben, letztendlich bleibt das Motiv offen und diskussionswürdig, sodass wir in jedem Fall so einige Charaktereigenschaften von Daniel aus dem Buch herauslesen können, doch mit seiner persönlichen Abneigung gegenüber Julian hätte er sich definitiv deutlich zurückhalten können und sollen, wie er es sich nach eigener Aussage auch immer vorgenommen hat. So könnte der Schuss am Ende nämlich doch noch nach hinten losgehen, denn ein Großteil seiner Kritik an Assange bezieht sich auf typische Charaktereigenschaften eines Nerds, die ihn womöglich bei anderen Informatikern und „Computerfreaks“ noch sympathischer machen. Ob das so gewollt ist, mag man sicherlich bezweifeln…
Desweiteren braucht Daniel Domscheit-Berg überraschenderweise doch recht lange, um wirklich fundierte Kritik an Wikileaks äußern zu können. Zumindest die ersten beiden Drittel des Buches beziehen sich so also tatsächlich auf die Freundschaft zu Assange, während erst in den letzten Kapiteln richtige Kritik aufkommen wird. Die wiederum ist dann allerdings besonders interessant zu lesen, besonders dann, wenn der Autor auf die fraglichen Kooperationen mit Medienpartnern eingeht und betont, dass es neben den „großen Leaks“, wie den „Afghan War Diaries“ und dem „Collateral Murder“-Video auch noch viele kleine Leaks gegeben hat, die deshalb nicht beachtet wurden, weil sie den Ruhm von Assange nicht förderten. Alles in allem muss man also sagen: „Inside Wikileaks“ ist nicht perfekt, doch es kann sein Ziel erfüllen, den Leser zum Nachdenken und Hinterfragen zu bewegen.
Fazit:
Interessante Einblicke in die Hintergründe von Wikileaks aus erster Hand, die sich aber stellenweise zu sehr auf persönliche Konflikte konzentrieren. Wikileaks- und Whistleblowing-Interessierte werden aber sicherlich viele nützliche Informationen in diesem Buch finden.