• Startseite|
  • News|
  • Games|
  • Kino|
  • Bücher|
  • Verlosung|
  • Partner|
  • Impressum
  • Review

    Poor Things

    Poor Things

    Land/Jahr:
    GB 2023
    Genre:
    Fantasy / Komödie
    Regie:
    Yorgos Lanthimos
    Darsteller:
    Emma Stone
    Willem Dafoe
    Mark Ruffalo
    Ramy Youssef
    Christopher Abbott
    FSK:
    ab 16 Jahren
    Dauer:
    141 Minuten
    Kinostart:
    18. Januar 2024
    Label:
    Walt Disney Studios
    Motion Pictures

    Der unkonventionelle Wissenschaftler Dr. Godwin Baxter gilt als einer der beeindruckendsten Chirurgen. Während er den Studenten einer Universität die Anatomie erklärt, ist es ihm längst gelungen, verschiedene Tiere zu Mischwesen zu kombinieren. Nun beginnt sein neuestes Experiment: Er möchte eine junge verstorbene Frau namens Bella wieder zum Leben erwecken. Das Gehirn ihres noch ungeborenen Kindes soll unterdessen dazu dienen, in den erwachsenen Körper eingepflanzt zu werden. Mit der Mentalität eines Kindes erzieht Baxter das Mädchen heran und beobachtet währenddessen ihre faszinierende Entwicklung. Doch mit einer verfrühten Geschlechtsreife möchte Bella schon bald die Welt entdecken, auf Abenteuerreise gehen und mit dem Anwalt Duncan Wedderburn durchbrennen. Frei von Vorurteilen begibt sie sich auf eine Reise, bei der sie sich selbst und ihren Körper entdeckt…

    Kritik:
    Ausgestattet mit bereits sagenhaften 11 Oscar-Nominierungen für die Verleihung in diesem Jahr, zählt „Poor Things“ zweifelsohne zu den vielversprechendsten Stars des Kino-Jahres 2024. Tatsächlich kann man bei Regisseur Giorgos Lanthimos moderner Adaption der „Frankenstein“-Geschichte kaum festlegen, an welcher Stelle man mit all dem Lob eigentlich anfangen möchte.

    Ein experimenteller Look
    Auf den ersten Blick scheint das außergewöhnliche Drama um die junge Bella ein künstlerisch recht anspruchsvoller Streifen zu sein. Alles beginnt mit ihrem mysteriösen Sturz von einer Brücke, kommentarlos begleitet mit bedrohlich eintöniger Musik, die schon die ersten Minuten des Films eher seltsam erscheinen lassen. Danach: Der wechsel in eine stilvolle Schwarz-Weiß-Optik, zeitweise sogar experimentell mit einem Fisheye-Objektiv gedreht. Wir werden eingeführt in die Geschichte einer scheinbar geistig behinderten jungen Frau, die schon bald als „bezaubernde Schwachsinnige“ bezeichnet wird und recht seltsame Verhaltensweisen an den Tag legt. Ihr Gegenüber: Der nicht weniger seltsame Chirurg Dr. Baxter, grandios gespielt von Willem Dafoe, dessen errülpste Seifenblasen genauso merkwürdig anmuten, wie die zahlreichen Narben in seinem entstellen Gesicht.

    Faszination eines Kuriositätenkabinetts
    Es dauert gar nicht lange, bis „Poor Things“ dabei die Faszination des Zuschauers weckt, da der Film so seltsam wie faszinierend zugleich ist. Bereits das Setting macht das Publikum neugierig, das kaum erwarten kann, welche Kuriositäten schon bald noch auf sich warten. Ganz beiläufig zeigt uns der außergewöhnliche Film herumspazierende Misch-Tierwesen, bei denen etwa ein Huhn und ein Hund zur Hälfte kombiniert werden, während sie im Hintergrund des Szenenbilds wie völlig normal anwesend sind, ohne eine tiefere Rolle zu spielen. „Poor Things“ braucht gar keine großen Erklärungen, um dem Zuschauer klar zu machen, dass Willem Dafoe hier die kreative Abwandlung eines modernen Frankensteins spielt, die Wesen um ihn herum seine kranken Experimente darstellen. Und so fasziniert natürlich auch Emma Stone in der Hauptrolle als Bella, deren Entwicklung mit einem Säuglingsgehirn in einem erwachsenen Körper wir beobachten können.

    Unterhaltsam dreiste Nonkonformität
    Für diese Darstellung wurde Emma Stone auch bereits für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert – und wir würden uns wundern, wenn sie diesen nicht auch abräumt. In ihrer Darstellung der Bella brilliert sie auf eine so grandiose Weise, dass sie das Publikum mindestens genauso stark fasziniert, wie die Idee des Films selbst. Das liegt vor allem an der herausragenden Entwicklung ihres Charakters, der sich stufenlos von einer scheinbar geistig behinderten jungen Frau zu einer hochintelligenten und wortgewandten Intellektuellen entwickelt, ohne dass es da jemals einen Cut gäbe. Ihre Entwicklung dabei ist fließend und nur selten an konkreten Zeitpunkten festzumachen. Und sie macht unglaublichen Spaß, wenn ihr Humor auf Dreistigkeit und gesellschaftlich unkonformem Verhalten basiert. Sich selbst entdecken und dabei voller Dreistigkeit den vermeintlichen Partner vor den Kopf stoßen? Im Falle der Bella unglaublich unterhaltsam gespielt.

    Ein Kunstfilm (auch) für den Mainstream
    Erstaunlich bleibt dabei, dass „Poor Things“ der seltene Spagat gelingt, auf der einen Seite sowohl Kunstfilm zu sein, andererseits aber auch einen massentauglichen flüssigen Erzählstoff zu liefern. Lanthimos Werk versucht nicht, sich zwanghaft auf maximalen künstlerischen Wert zu trimmen, sondern wird immer dann künstlerisch spannend, wenn das sinnvoll erscheint und die Neugierde des Zuschauers weckt. Als dramaturgisch und emotional funktionierenden Spielfilm mit nachvollziehbaren Charakteren inszeniert sich der Streifen aber auch, um sich gleichzeitig für ein Massenpublikum zu eignen. Dennoch sorgen gerade die künstlerischen Aspekte dafür, dass selbst dieses Mainstream-Publikum von den Entdeckungsmöglichkeiten fasziniert wird. Die abstrakte Darstellung der Kulissen in Lissabon etwa, bei dem die berühmten Straßenbahnen plötzlich zu Schwebebahnen werden, das merkwürdig verformte Schiff, das wie abstrakte Kunst durch die Kulissen schippert oder die Schwarz-Weiß-Optik im Frankenstein-Haus. Alles ist so abstrakt anders, dass es die Neugierde weckt und doch realitätsnah genug, um vom Publikum erkannt zu werden und eine Sperrigkeit des Films zu verhindern. Kurz gesagt: Ein durchdachter Geniestreich – und zurecht ein Streifen, der als vielleicht bester Film des Jahres 2024 gehandelt wird.

    Fazit:
    Die kreative „Frankenstein“-Adaption gilt zurecht als einer der Oscar-Favoriten für zahlreiche Preise: Dem außergewöhnlichen Drama gelingt der seltene Spagat zwischen Kunst und Massentauglichkeit, weckt mit seinem extrem kreativen Setting die Neugierde des Publikums und begeistert vor allem mit der dreist-originellen und nicht gesellschaftskonformen Darstellung der grandiosen Emma Stone als Bella. „Poor Things“ könnte schon jetzt das Highlight des Kino-Jahres 2024 sein.