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    Schachnovelle

    Schachnovelle


    Land/Jahr:
    D 2020
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Philipp Stölzl
    Darsteller:
    Oliver Masucci
    Albrecht Schuch
    Birgit Minichmayr
    Samuel Finzi
    Rolf Lassgård
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    112 Minuten
    Kaufstart:
    10. März 2022
    Label:
    Studiocanal

    Im Jahre 1938 ahnt in Österreich noch niemand, welche schwierigen Zeiten auf Grund des Zweiten Weltkriegs auf das Land zukommen würden. Selbst der für gewöhnlich hervorragend informierte Wiener Notar Josef Bartok kann seinen Ohren kaum trauen, als im Radio der Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich angekündigt wird. Noch bevor die Nacht vorbei ist, wird dieser auch schon von der Gestapo verhaftet, weil er die Konten zahlreicher jüdischer Adliger verwaltet. Um jeden Preis wollen die Nazis den Zugang zu diesen Konten, doch Bartok weigert sich konsequent zu kooperieren. Als Teil einer „Spezialbehandlung“ wird der Notar kurzerhand isoliert und schweren psychischen Qualen ausgesetzt. Nach Monaten der Folter erlernt er in Gefangenschaft die Regeln des Schachs, um sich geistig zu widersetzen und den Versuchen, seine Psyche zu brechen, zu widerstehen…

    Kritik:
    Der Zweite Weltkrieg und die Machenschaften Adolf Hitlers werden wohl immer ein wichtiges Thema in der deutschen Filmlandschaft bleiben. Doch nicht immer muss es dabei um die Judenverfolgung gehen: Der Autor Stefan Zweig hatte 1942 mitten im Weltkrieg doch seine ganz eigene Sicht auf die Dinge – und beschreibt vor allem den Psychoterror des Regimes als Nebenschauplatz.

    Die Ahnungslosigkeit des Krieges
    Die Romanverfilmung von Regisseur Philipp Stölzl könnte dabei womöglich einen recht guten Einblick in die Gefühlslage der einfachen Bevölkerung innerhalb Österreichs vermitteln. Auf den Straßen die ersten Fackelmärsche der Nazis beobachtend, bleibt ein Großteil der Bevölkerung doch nichtsahnend von den folgenden schweren Zeiten. Noch am Abend fröhlich auf einer Tanzveranstaltung sollte der Einmarsch der Nazis bereits am nächsten Tage erfolgen – und die Liste der gesuchten Personen liegt längst vor. Völlig sorglos, fast für einen Scherz haltend nimmt der wohlhabende, gebildete Notar Josef Bartok, der hier großartig in der Hauptrolle von Oliver Masucci gespielt wird, die Situation zunächst gar nichts ernst. Wartet regelrecht leichtfertig auf seine Verhaftung, als könne er die drohende Lage ebenso kaum glauben, wie wohl die meisten Menschen in der österreichischen Hauptstadt. Zwischen einem düster-luxuriösen Setting, das ein Wien der 30er Jahre fantastisch einfängt, gelingt „Schachnovelle“ zunächst eine glaubwürdige Darstellung der Situation.

    Konflikt der Dialoge
    Auf den Straßen der Stadt spielt sich der restliche Film dann allerdings eher weniger ab, denn „Schachnovelle“ ist das absolute Gegenteil eines üblichen Kriegsfilms über den Zweiten Weltkrieg. Tatsächliche körperliche Gewaltszenen sehen wir in diesem Drama eher selten bis fast gar nicht. Psychische Gewalt hingegen steht im Mittelpunkt und das natürlich auch durch Worte, die in ihrem Zynismus schon ganz großes Kino sind. Wenn der Notar in Gefangenschaft den Befehlshabern der Gestapo gegenüber sitzt und schon fast beleidigend mit teurem Whisky bestochen werden soll, entfalten die Wortgefechte, bei denen Bartok seine Würde aufrechterhalten will, durchaus einen hohen Unterhaltungswert. Die stilvollen Wortkonflikte, bei denen jeder Satz sitzt und jede Aussage absolut durchdacht gewählt wurde, brauchen sich selbst vor Größen wie Tarantino, der ähnliches in „The Hateful Eight“ im Western-Stil drehte, keineswegs zu verstecken. Versuchen sich die Protagonisten gegenseitig mit Worten auszutricksen, wie in einem komplizierten Schachspiel, entfaltet „Schachnovelle“ zweifelsfrei seine Stärken.

    Im Wahn gegen psychische Folter
    Dabei ist der Film eigentlich schon fast eher ein Psychothriller als ein klassisches Drama. Mit einem tiefen Blick in die durch geistige Folter geschändete Psyche eines Mannes, versucht „Schachnovelle“ zu verbildlichen, was Isolation und Entzug jeglicher Beschäftigungsmöglichkeiten aus einem Häftling machen können. Um der psychischen Gewalt zu widerstehen, bei der selbst jegliches Zeitgefühl bald abhanden kommt, versucht sich die Hauptfigur in seine Vorstellungskraft zu vertiefen und im Geiste die Regeln des Schachs zu erlernen. Das allerdings zermürbt den Zuschauer bald genauso, wie den Helden des Films: Mit dem ständigen Wechsel zwischen der eingeengten Isolationshaft in einem vermeintlichen Luxuszimmer und den immer extremer werdenden Wahnvorstellungen wird die Psyche von Bartok zwar grandios inszeniert, doch gleichzeitig entwickelt „Schachnovelle“ auch nicht zu verachtende Längen. Spielt der Film dann nahezu ausschließlich an zwei Orten, in denen sich abwechselnd Gefangenschaft, Befragungen und Kopf-Schach abspielen, kann das Drama von Stölzl aber auch wahnsinnig zäh werden. Darauf muss man sich einlassen können – und dennoch: Die Inszenierung des psychischen Abgrunds grenzt unterdessen an ein Meisterwerk.

    Fazit:
    Der Zweite Weltkrieg als Psychothriller: Philipp Stölzls Romanverfilmung liefert einen beeindruckenden Einblick in die menschliche Psyche zwischen Dauerisolation und geistiger Widerstandsfähigkeit. So meisterhaft der Einblick in den Geist, so zäh bleibt dabei jedoch auch die Story. Kann man sich darauf einlassen, bekommt man jedoch außergewöhnliche Filmkunst geboten.

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