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    Joe Bell

    Joe Bell


    Land/Jahr:
    USA 2021
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Reinaldo Marcus Green
    Darsteller:
    Mark Wahlberg
    Reid Miller
    Maxwell Jenkins
    Connie Britton
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    93 Minuten
    Kaufstart:
    10. Dezember 2021
    Label:
    Leonine

    Neun Monate ist es inzwischen her, dass sich im Leben des jungen Jadin einiges verändert hat. Nachdem er sich offen als schwul geoutet hat, erleidet er nahezu täglich schweres Mobbing durch seine Mitschüler. Die Hilfesuche bei Lehrern und auch bei seinen Eltern führte nicht zu einer Verbesserung seiner Lage, sein Problem oft nur belächelt und heruntergespielt. Heute hat sich Jadin das Leben genommen, weil er die Qualen einfach nicht mehr ertragen konnte. Doch statt in Trauer zu versinken, beschließt sein Vater Joe Bell quer durch die Vereinigten Staaten bis nach New York zu Fuß zu laufen, um auf dem Weg über Mobbing aufzuklären und die ganze Welt auf das Schicksal seines Sohnes aufmerksam zu machen, sodass in Zukunft niemand mehr derartiges Leid erfahren muss…

    Kritik:
    Homosexuelle, Transsexuelle und queere Menschen sind heute aus der Öffentlichkeit kaum mehr wegzudenken. Normalität haben sie jedoch noch immer in vielen Bereichen des Lebens nicht erreichen können. Mobbing, dumme Sprüche und Diskriminierungen gehören oftmals noch immer zum Alltag. Mark Wahlberg möchte darauf aufmerksam machen – und zieht in der Rolle des Joe Bell quer durch die Vereinigten Staaten.

    Gay Pride im Alleingang
    Dabei ist die Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht – denn den Familienvater Joe Bell gab es tatsächlich – eine ziemlich persönliche Story. Wir sehen einen dieser Aktivisten, die einen schweren Weg auf sich nehmen, nur um ein Zeichen zu setzen. So wie andere mit dem Fahrrad die Welt umfahren, so macht sich Mark Wahlberg als Joe Bell auf den Weg, tausende Kilometer über die Highways quer durch die Vereinigten Staaten zu laufen. Zu Fuß von einem Vortrag zum nächsten, um jeden, der ihm zuhören möchte über Mobbing und das Schicksal seines Sohnes aufzuklären. Obwohl eigentlich ein waschechter LGBT-Film, steht das Mobbing im Mittelpunkt der Geschichte. Dass Sohn Jadin schwul war und deshalb zum Opfer wurde, spielt gar keine so große Rolle. Die Story von „Joe Bell“ steht universell für jede Art von Mobbing, die für jeden Betroffenen gleichermaßen qualvoll sein kann. Kein Wunder, dass das Drama sein Publikum mit Trauer und Betroffenheit regelrecht erdrückt.

    Reflexion eigener Ressentiments
    Mitunter übertreibt es „Joe Bell“ dabei sogar ein bisschen. Trotz seiner vergleichsweise kurzen Laufzeit von gerade einmal 93 Minuten drückt das Drama dermaßen heftig auf die Tränendrüse, dass es manchmal gar etwas aufgesetzt und geradezu gefühlsdusselig erscheint. Diese beinahe ununterbrochene Selbstbemitleidung von Hauptfigur Joe wird dabei nur selten etwa durch Humor oder aufregende Dialoge aufgelockert. „Joe Bell“ ist Trauer und Emotion am Fließband, manchmal so sehr, dass es den Zuschauer auch überfordern kann. Dabei liefert Mark Wahlberg grundsätzlich eine richtig starke Rolle ab: Als Familienvater, der die Männlichkeit einer amerikanischen Kleinstadt geradezu verkörpert, steht er im starken Kontrast zu seinem schwulen, etwas zierlichen Sohn. Wahlbergs Rolle ist dabei nicht schwarz-weiß: Trotz des großen Einsatzes im Kampf gegen Mobbing zeigt „Joe Bell“ ihn auch als Mann mit eigenen Vorbehalten. Als Vater, der sich zu einem gewissen Grad auch für die Homosexualität seine Sohnes und für seine Interessen – vorwiegend das „unmännliche“ Cheerleading“ – schämt. Die so aktivistisch anmutende Rolle erhält damit weit mehr Tiefe, als zunächst erwartet und lebt geradezu von der großartigen Darstellung des Mark Wahlberg.

    Mobbing ohne Grund
    Schade bleibt allerdings, dass der Streifen vor allem bei der Gegenseite überaus oberflächlich bleibt. „Joe Bell“ möchte zwar über Mobbing und seine Auswirkungen aufklären, verzichtet in Wirklichkeit aber hinsichtlich der Tätermotive gänzlich auf Aufklärung. Wie Mobbing entsteht, wo die Ursachen liegen und was die Täter des Mobbings bewegt – das kehrt der Streifen völlig unter den Teppich. Das Drama bietet eine gänzlich einseitige (aber durchweg nachvollziehbare) Geschichte über persönliche Trauer und Wut, ohne auf Täterseite stärker in die Tiefe zu gehen. Es fehlt letztendlich der Mut, bei den „Bösewichten“ des Films über ein oberflächliches Schwarz-Weiß-Schema hinaus zu gehen. Das ist verständlich, um nicht etwa Gefahr zu laufen, sich eine Täter-Opfer-Umkehr vorwerfen lassen zu müssen, bleibt aber auch ein stückweit langweilig.

    Fazit:
    Mark Wahlberg macht sich zu Fuß auf den Weg quer durch die USA, um über Mobbing und den Tod seines schwulen Sohnes aufzuklären. Damit liefert „Joe Bell“ viel mehr eine universelle und persönliche Geschichte über Mobbing, als ein reines LGBT-Drama und belagert das Publikum regelrecht mit ausufernder Trauer. Mitunter kann das überfordern, zumal die Darstellung der Täter jederzeit oberflächlich bleibt.

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