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    Jimmy P.

    Jimmy P.


    Land/Jahr:
    F / USA 2013
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Arnaud Desplechin
    Darsteller:
    Benicio del Toro
    Mathiew Amalric
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    112 Minuten
    Kaufstart:
    10. Oktober 2014
    Label:
    Capitol Film

    Erst vor kurzem ist Jimmy Picard von seinem Kriegseinsatz in Frankreich zurückgekehrt, den er während des Zweiten Weltkrieges ausgeübt hat. Als indianischer Ureinwohner des Blackfoot-Stammes galt er als einzigartiger Charakter beim Militär, entschlossen sich schließlich bisher nur sehr wenige Indianer dazu, ihr Land im Krieg zu unterstützen. Leichter macht dies seine Situation allerdings nicht, denn seit einem Unfall im Dienst leidet er unter ernsthaften Problemen. Eine Einschränkung seines Sehvermögens sorgt regelmäßig dafür, dass er grelle Sterne vor den Augen sieht, sein Hörvermögen ist einseitig beeinträchtigt und schwere Kopfschmerzen machen ihm regelmäßig das Leben schwer. Grund genug für Jimmy, sich einem Arzt anzuvertrauen und grundlegend untersuchen zu lassen. Dumm nur, dass dieser keinerlei körperliche Ursachen feststellen kann und Jimmy wegen Verdachts auf Schizophrenie in eine psychiatrische Anstalt einliefern lässt. Gemeinsam mit dem französischen Ethnologen und Psychoanalytiker George Devereux soll er dort schon bald die wahren Ursachen für seine Symptome ergründen…

    Kritik:
    Normalerweise denken Filmfans beim Wort „Indianer“ eher an raue Westernfilme, in denen Cowboys und Indianer sich zu Pferd gegenseitig bekämpfen. Nicht ganz so schnell kommen einem bei diesem Wort gar Psychiatrien in den Sinn, denn Streifen über modernere Indianer, wie sie im alltäglichen Amerika leben, sind doch eine Seltenheit. „Jimmy P.“ beschäftigt sich daher mit einem innovativen und außergewöhnlichen Thema.

    Psychologie eines Indianers
    Nicht allzu häufig kam es schließlich vor, dass indianische Ureinwohner während des Zweiten Weltkrieges tatsächlich für ihr „Vaterland“ in den Krieg zogen. Meist beschränkte sich ihr Leben doch auf ein Reservat, indem sie mehr oder minder zurückgezogen und mit eigenen Traditionen ihre Familien großzogen. Mitunter mag das zum Teil sogar heute noch sein, denn einige der Indianerreservate existieren bis dato und sind ausschließlich den Indianern vorbehalten. Besonders schwierig mag die Beurteilung der Psyche nach einigen traumatischen Kriegserlebnissen sein, wenn doch nur sehr wenig über deren Lebensweise, die Familienstrukturen und die Persönlichkeiten der Indianer bekannt ist. Damit muss sich „Jimmy P“ allerdings grundlegend auseinandersetzen, denn als einziger Indianer in der Psychiatrie fällt es doch schwer, seine Psyche nach vorgegebenen Mustern zu beurteilen. Ein spannendes Drama, das gerade aus diesem Grund einen enormen psychologischen Tiefgang erhält – mit einem komplexen Hauptcharakter.

    Die langen Sitzungen
    Der ungewöhnliche Inszenierungsstil von „Jimmy P.“ hat allerdings sowohl Vor- als auch Nachteile. Das ist deshalb der Fall, weil das eigentliche Kriegsszenario, welches den Hintergrund für Jimmys Probleme bildet, nur eine sehr untergeordnete nebensächliche Rolle spielt. Stattdessen setzen wir einen tiefen Blick in die Psyche des Mannes, seine Probleme, Ängste, Träume und Vergangenheit – und das alles wird sowohl durch Erzählungen, als auch Rückblicken dem Zuschauer näher gebracht. Mit anderen Worten bedeutet das: Die Hauptfigur befindet sich über einen großen Teil der Laufzeit im Behandlungszimmer des Psychoanalytikers und erzählt dort von seiner Kindheit und seinen Träumen, um der Ursache für seine Probleme auf den Grund zu gehen. Zuschauern, die allerdings gern eine etwas actionreichere Handlung erleben, könnte dies möglicherweise aber schnell langweilen, ist das Drama dadurch eben sehr erzähl- und storylastig, kümmert sich dabei aber nur wenig um die Aktionen der Darsteller, die meist nicht mehr tun, als sprechen. Der Vorteil: Der Ausgang und die Entwicklung dieser Geschichte sind zu keiner Zeit klar. Bis zum Schluss bleibt offen, wohin sich die psychologischen Untersuchen und Erzählungen bewegen werden. So bleibt „Jimmy P“ über lange Strecken trotzdem spannend.

    Der hilflose Mann
    Diese Inszenierung würde allerdings nicht klappen, wenn die schauspielerischen Leistungen der Darsteller nicht hervorragend wären. Denn wo keine Action ist, müssen Mimik, Dialoge und Körpersprache eine wesentlich schwierigere und umfangreichere Arbeit leisten. Hier sticht vor allem Benicio Del Toro als Patient heraus, dessen Psyche im starken Kontrast zu seinem Äußeren steht. Optisch erinnert er dabei oftmals an den stämmigen Chakotay aus der Serie „Star Trek Voyager“, der sich sowohl körperlich, als auch verbal durchaus gegen andere Menschen zu wehren weiß. Er wirkt reif, kräftig und erwachsen – und doch spricht sein Körper oft eine ganz andere Sprache. In den Gesprächen mit seinem Psychologen erscheint er hilflos, verängstigt und orientierungslos. Ein echter Kontrast zur breiten Statur, die er mitbringt. Dass Mathieu Amalric als Psychoanalytiker noch dazu kaum einen größeren charakterlichen Gegensatz verkörpern könnte, macht „Jimmy P“ zusätzlich interessant. Beide gemeinsam liefern ein perfektes Schauspielduo.

    Fazit:
    Mit einer ungewöhnlichen Inszenierung beschränkt sich das Psychodrama größtenteils auf Gespräche mit einem Psychoanalytiker und könnte den Mainstreamzuschauer womöglich nach einer gewissen Zeit langweilen. Mit psychologischem Tiefgang, völlig offener Storyentwicklung und einem herausragenden Schauspielerduo wird „Jimmy P“ aber bei echten Filmliebhabern mit einer Vorliebe für Innovation sicherlich viele Fans finden.