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  • Wolfenstein 2: The New Colossus
    Der knallharte Widerstandskämpfer William J. Blazkowicz hat in den vergangenen Jahren schon reichlich schlechte Erfahrungen mit dem Nazi-Regime machen dürfen. Nun steht er in Gefangenschaft vor einer folgenschweren Entscheidung: Er muss darüber entscheiden, welcher seiner Freunde von den Soldaten ermordet wird. Doch dabei wird er es natürlich nicht belassen. Mit roher Waffengewalt kämpft sich B.J. seinen Weg aus der Gefangenschaft frei, um sich erneut der Widerstandsbewegung anzuschließen. Denn der Tod seines Freundes soll nicht umsonst gewesen sein und seine Kinder sollen zukünftig nicht in einem faschistischen Staat aufwachsen müssen. Dumm nur, dass er körperlich stark angeschlagen ist und seine Leber kurz davor ist, gänzlich zu versagen. Und auch seine Erzfeindin Frau Engel ist ihm noch immer auf den Fersen. Trotzdem liegt es in seiner Hand, die Menschheit vom Nazi-Regime zu befreien, das auch im Jahre 1961 noch die Welt tyrannisiert…

    Kritik:
    Was wäre, wenn die Nazis einst den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätten und mit moderner Technologie noch immer die Menschheit in Angst und Schrecken versetzen würden? Mit dieser Frage beschäftigt sich die „Wolfenstein“-Reihe traditionell – und setzt dabei auf satirisch überzeichnete Charaktere und teils skurrile Handlungen. Mit „The New Colossus“ ist nun der neueste Teil der Reihe erschienen.

    Wolfenstein 2: The New Colossus

    German Angst
    Angesichts dieser Hintergrundgeschichte des Spiels, erscheint es geradezu absurd, dass man die hierzulande erhältliche Version entschärft hat. Nicht etwa bei den teils tatsächlich sehr drastischen Gewaltdarstellungen – die zeigt man völlig ungeschnitten – sondern bei der Symbolik, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem Dritten Reich steht. Absurd ist das deshalb, weil praktisch alles in diesem Spiel an das Nazi-Regime erinnert – die roten Armbinden der Soldaten, der zugespitzte Reinheitskult der Faschisten, bis hin zu so manch kruden Phantasien, welche die Nazis einst tatsächlich hegten. Dann aber ausgerechnet Hitler in „Herrn Heiler“ umzubenennen und ihm den Bart abzurasieren, obwohl man ihn ohne Zweifel trotzdem erkennt, grenzt schon ein wenig an Albernheit. Und zeugt letztendlich von vorauseilendem Gehorsam, um eine Indizierung von vornherein gar nicht erst zu riskieren.

    Wolfenstein 2: The New Colossus

    Schwere Kindheit
    Das wird vor allem dann albern, wenn „Wolfenstein 2“ sogar tatsächlich kontroverse Szenen zeigt, die zugleich aber zu den Stärken des Spiels gehören. Etwa dann, wenn ein Wehrmachtssoldat in einem American Diner von seiner menschlichen Seite gezeigt wird und freundlich einem Kind gegenübertritt, ehe er eine Erdbeermilch bestellt und damit so manchen netzaffinen Nerd prompt zum Lachen bringt. Kontroversen, Humor und Ernsthaftigkeit liegen bei diesem Spiel also nah beieinander. Obwohl es sich um einen Ego-Shooter handelt, der gelegentlich auch mal zu einer reinen Ballerorgie werden kann, ist Gewalt hier kein Selbstzweck. Die Aufdeckung der Absurditäten der faschistischen Ideologie steht im Mittelpunkt. Man könnte „The New Colossus“ stellenweise sogar als Antikriegsspiel mit linkem Touch bezeichnen. Denn: Widerstand macht Spaß – das vermittelt der Shooter vordergründig.

    Wolfenstein 2: The New Colossus

    Kampf den Aluhüten
    Und da passt es auch hervorragend, dass es sich „Wolfenstein 2“ nicht nehmen lässt, reichlich Anspielungen an die heutigen Verschwörungstheorien einzubauen. Die Nazis werden dann kurzerhand mit Reptiloiden in Verbindung gebracht und nachdem diese im Vorgänger bereits eine Basis auf der Rückseite des Mondes besaßen, verschlägt es uns dieses Mal gleich direkt auf die Venus, um dort den Machenschaften und Experimenten der Nazis ein für alle Mal ein Ende zu setzen. Anders gesagt: Hier reiht sich eine auf Aluhutfantasien basierende Absurdität nach der anderen aneinander und „Wolfenstein 2“ wird schnell zu einem Fest für aufgeklärte Menschen. Schade ist an der Stelle dann lediglich, dass der Einblick in die moderne Welt etwas zurückhaltend geblieben ist. Nur selten betreten wir in diesem Spiel die Zivilisation, unterhalten uns mit den normalen Menschen und bekommen einen Einblick in ein Leben im Zeitalter des Faschismus. Stattdessen ballern wir uns überwiegend durch Schlauchlevel mit Beton- und Stahlwänden. Schade, denn spätestens im American Diner sehen wir, welches Erzählpotential hier möglich gewesen wäre.

    Wolfenstein 2: The New Colossus

    Starke Momente in Maßen
    Generell fällt bei genauerem Hinsehen ohnehin auf, dass die richtig starken Momente, die wir einst in „Wolfenstein: The New Order“ erlebt haben, hier ein wenig rarer gesät sind. Großartige Level wie etwa der Gefängnisausbruch oder das Klettern an einer riesigen Hauswand hinauf, müssen wir leider sehr vermissen. Stattdessen sorgen eher kurze Auftritte von Ober-Nazi Frau Engel für skurrile Momente am Rande des guten Geschmacks. Fest steht: So absurd genial manche Szene hier sein mag, empfiehlt sich trotzdem eine gewisse Ekelresistenz, wenn unsere Erzfeindin einmal mehr ihr Beil schwingt. Statt aber übermäßig auf diese grandiosen Momente zu setzen, sucht „Wolfenstein 2“ seine Stärken eher in der persönlichen Geschichte der Hauptfigur – und in seinen Kindheitserlebnissen mit einem prügelnden und rassistischen Vater. Das ist eindringlich, gestaltet sich aber zu ernsthaft, um an die satirischen Szenen des Vorgängers heran zu kommen.

    Wolfenstein 2: The New Colossus

    Widerstand kommt brutal
    Dazwischen allerdings – und das betrifft einen Großteil der Spielzeit – schlagen wir uns mit brachialer Waffengewalt durch die Nazihorden und bekommen einen schnellen Oldschool-Shooter geboten. Grundsätzlich bietet es sich zwar auch an, schleichend vorzugehen und die Gegner von hinten zu erledigen, um zunächst die Anführer auszuschalten, damit diese keine Verstärkung mehr rufen können – doch eingefleischte Stealth-Action-Fans werden mit „Wolfenstein 2“ sicherlich nicht wirklich glücklich werden. Ein einziges Mal erwischt werden reicht aus, um die Masse der Gegner gegen uns zu richten – und diesen Beschuss werden wir dann auch nicht mehr los. Da helfen nur noch schnelle Stellungswechsel und Frontalangriff. Und mitunter bekommen wir dabei auch auf mittleren Einstellungen bereits einen ordentlichen Schwierigkeitsgrad geboten. Ein Glück, dass wir diesen jederzeit ändern können, ohne den Spielstand neu laden zu müssen. So lässt sich Frust an der ein oder anderen Stelle vermeiden.

    Wolfenstein 2: The New Colossus

    Nazis sind dumm
    Angesichts dieses durchaus fordernden Schwierigkeitsgrades wundern wir uns dann aber doch über gelegentliche Aussetzer der KI, die sich gelegentlich leicht überlisten lässt. So ist es durchaus auch schon vorgekommen, dass wir direkt vor einem Gegner standen und dieser trotzdem nur regungslos an derselben Stelle stehen blieb. In anderen Momenten wiederum war es möglich, einfach eine erhöhte Position einzunehmen und fortan vor dem Beschuss des Gegners sicher zu sein. Erstaunlich ist das übrigens deshalb, weil die Gegner – sofern sie keine Aussetzer haben – recht fordernd und intelligent reagieren. Sie nutzen Deckungen, flankieren uns nach Möglichkeit und schrecken auch vor dem Einsatz von Granaten nicht zurück. Kurz gesagt: Meistens setzen sie uns massiv unter Druck und lassen keine Verschnaufpausen. Da entsteht dann auch recht schnell viel Tempo innerhalb der Kämpfe.

    Wolfenstein 2: The New Colossus

    Hoch die Beine
    Im späteren Spielverlauf bekommen wir dann nicht nur interessantere und größere Waffen, sondern auch neue Modifikationen und Fähigkeiten. So können wir beispielsweise über drei verschiedene „Körperverbesserungen“ wählen, die uns wahlweise mehr Kraft verleihen oder etwa auf Stelzen laufen lassen, um erhöhte Positionen leichter erreichen zu können. Wenn wir dadurch alternative Wege nutzen können oder ganz andere Taktiken gegen unsere Gegner anwenden dürfen, bekommen die Auseinandersetzungen eine gänzlich neue Dynamik, die schnell Spaß macht. Da ist es fast schade, dass diese Möglichkeiten erst etwa zur Mitte des Spiels erscheinen und wir nicht weitaus früher über die entsprechenden Fähigkeiten verfügen. Apropos Fähigkeiten: Natürlich kommt „Wolfenstein 2“ auch mit einem echten Fähigkeitenbaum. Erfahrungspunkte gibt es dafür allerdings nicht, denn auf Rollenspielelemente möchte man zugunsten des Oldschool-Feelings verzichten. Stattdessen sind die Fähigkeiten von unseren Handlungen abhängig: Töten wir unsere Gegner also häufig von hinten, erhalten wir verbesserte Fähigkeiten in eben diesem Kampfstil. So formen wir nach und nach einen individuellen Charakter, der durch unseren eigenen Spielstil geprägt wird. Wie im realen Leben eben.

    Wolfenstein 2: The New Colossus

    Chroniken der Freiheit
    Hat man dann anschließend noch nicht genug vom Kampf gegen die Nazis, setzt sich „Wolfenstein 2“ auch nach der Hauptstory noch fort. Dann allerdings nicht mehr mit unserer Hauptfigur B.J., sondern mit drei anderen interessanten Charakteren. Im Episodenformat erhalten Käufer des Season Passes nämlich die dreiteilige Erweiterung „The Freedom Chronicles“, bei der wir in die Rolle eines Widerstandskämpfers schlüpfen, der seine ganz eigene Geschichte erzählt und über ganz eigene Fähigkeiten verfügt. Beginnend mit einem ehemaligen Football-Spieler können wir dann beispielsweise durch brüchige Wände rammen oder unsere Gegner über den Haufen rennen. In einer der späteren Episoden schlüpfen wir dann wiederum in die Rolle einer Agentin, die durch winzige Luftschächte kriechen kann und eher verdeckt vorgeht. Da kommen dann auch die Stealth-Fans ein bisschen mehr auf ihre Kosten.

    Wolfenstein 2: The New Colossus

    Attentate ohne Reiz
    Apropos Stealth: Ein bisschen könnte man seine verdeckten Fähigkeiten auch bei den diversen Attentatsmissionen austesten, die wir durch bei Kommandanten eingesammelte Lochkarten freischalten können und die in erster Linie als Nebenmissionen dienen, um zusätzliche Ausrüstung zu erhalten. Dann nämlich begeben wir uns in bereits bekannte Level und müssen dort ein vorgegebenes Ziel eliminieren. Optimalerweise könnten wir dabei versuchen, unentdeckt an den normalen „Fußtruppen“ vorbei zu kommen und auf direktem Wege den Kommandanten zu erledigen, ohne auch nur einmal den Alarm auszulösen. Schade ist dann nur, dass sich der Reiz an diesen Nebenmissionen stark in Grenzen hält, weil sie schlicht nichts zur Story beitragen und keine neuen Locations hinzukommen. So hat man nach drei bis vier dieser Missionen allmählich genug gesehen.

    Wolfenstein 2: The New Colossus

    Fehler im Regime
    Abschließend muss man sagen, dass „Wolfenstein 2“ insgesamt eigentlich ein herausragendes Spiel wäre, würde der Spielspaß nicht bei einigen Käufern durch zahlreiche Bugs und Fehler getrübt. Auch im Test mussten wir immer wieder feststellen, dass es stellenweise zu schwerwiegenden Grafikfehlern kam, wenn wir die „Bild-Streaming“-Option auf ultra gestellt haben. Plötzlich waren ganze Level kaum mehr zu erkennen oder Haare von Charakteren bildeten riesige Balken. Viele andere Spieler wiederum berichten von Abstürzen und Fehlermeldungen, die das Spiel mitunter unspielbar machen. Wir wiederum stießen auf diese Fehlermeldungen lediglich beim Schließen des Spiels – warum auch immer. Aus diesem Grund empfehlen wir vor dem Kauf einen Test der Demo-Version, um sicherzugehen, dass es auf dem eigenen Rechner zu keinerlei Problemen kommt. Mit etwas Glück werden die Bugs aber auch mit zukünftigen Patches schon bald behoben.

    Fazit:
    Obwohl „Wolfenstein 2“ stellenweise nicht an die Stärken des Vorgängers heran kommt, liefern die Entwickler wieder einen überaus spaßigen Oldschool-Shooter, der mit seinen satirisch überzeichneten Charakteren auf jeden Fall einige starke Momente zu bieten hat.

    Wolfenstein 2: The New Colossus Wertung