Kritik:
Seit vielen Jahren beschäftigen sich Kritiker mit der Frage, ob Computerspiele tatsächlich Kunst sein können. Schaut man sich die relativ kurzen, aber abstrakten Spiele von Davey Wreden an, muss man diese Frage wohl ganz eindeutig mit „ja“ beantworten.
Sinn in der Sinnlosigkeit
„The Beginner’s Guide“ gehört schließlich zu eben jenen wenigen Spielen, die man durchaus getrost als „mind-fucking“ bezeichnen kann. Es ist eine Art lineares Adventure, das auf den ersten Blick keinerlei Sinn ergibt, aber im späteren Verlauf und bei genauerer Betrachtung dann tatsächlich so tiefgründig erscheint, dass es den Spieler zum Nachdenken anregt. Denn Davey Wreden, der hier selbst den Sprecher übernommen hat und uns in die fiktive Welt entführt, möchte uns offenbar in die Psyche eines weiteren dritten Programmierers einführen. Ob dieser mysteriöse Entwickler tatsächlich existiert und welche Inhalte von Davey verändert wurden, ist nicht klar – doch die Interpretation lässt enorm viel Spielraum offen und kann mitunter gar einen Knoten im Kopf des Spielers erzeugen. Gepaart mit einer sehr kunstvollen Darstellung natürlich.
Spielerische Kreativität
Auf den ersten Blick mag es so scheinen, als wollte uns „The Beginner’s Guide“ dabei in uralte Spieleklassiker entführen, die einst vor allem zu Mod-Projekten animierten. Eine dubiose Counter Strike-Karte gehört da ebenso dazu, wie eine an das erste „Deus Ex“ erinnernde Shooter-Sequenz, in der eine Flüster-Maschine offenbar den Spieler angreifen möchte und ein Selbstmord zum nachdenklichen Spielkonzept dieses Levels gehört. Erlebt man all die enthaltenen Sequenzen nacheinander und komplett, scheinen sie allerdings einen tieferen Sinn zu ergeben und tatsächlich Einblick in den Kopf des Entwicklers zu gewähren. Vor allem dann, wenn „The Beginner’s Guide“ plötzlich damit beginnt, die etwaigen Ängste des Machers zu thematisieren. Eine Antriebslosigkeit dargestellt durch eine Maschine, die einfach nicht mehr zu funktionieren scheint. Menschen, dargestellt mit viereckigen Köpfen, die ihre aktuelle Tätigkeit anzeigen, als wäre es völlig belanglos, um welche Person es sich tatsächlich handelt. Davey Wreden schafft es nach und nach sogar, dass wir uns ein bisschen hilflos und überwältigt fühlen. Eine Bühnenszene, deren Scheinwerfer uns gerade zu erdrückt und uns zur Flucht auffordert, gehört hier zu den stärksten Schlüsselszenen des Spiels und zeigt, welche Qualitäten hinter diesem eigentlich absurd anmutenden Spiel stecken.
Was noch nie ein Spiel zuvor getan hat…
Es hat übrigens einen Grund, wieso wir den Namen des Entwicklers doch so häufig erwähnen. Davey Wreden ist nämlich niemand geringeres als der Macher des sagenumwobenen „The Stanley Parable“, in dem wir bereits einen anderen absurden Spielablauf erleben durften. Da sollte wohl klar sein, worauf wir uns mit „The Beginner’s Guide“ einlassen, denn auch hier lässt er sich wieder einige ausgefallene Spielkonzepte einfallen. So können wir in einem der Level in diesem Spiel tatsächlich ausschließlich rückwärts laufen, nicht jedoch vorwärts. Aus der First Person-Shooterperspektive ist das in der Tat interessant und ein außergewöhnlich experimentelles Spielerlebnis. Auch die Zerstörung der eigenen Spielwelt als Befreiung oder die versuchte Flucht aus einem Gefängnis, das alle physikalischen Gesetze ad absurdum führt, ist da nicht ganz uninteressant. Wer also keine Lust auf die üblichen Shooter nach immer gleichem Muster hat und einmal ein Spiel erleben möchte, dessen Konzept so völlig neuartig ist und noch nie zuvor existiert hat, sollte auf jeden Fall einen Blick ins recht günstige „The Beginner’s Guide“ werfen. Auch wenn wir das Spiel innerhalb von nur 90 Minuten durchspielen können, so ist es doch ein Erlebnis, das wir nicht mehr so schnell vergessen können.
Fazit:
Eines der ungewöhnlichsten Spiele aller Zeiten: Nach „The Stanley Parable“ das neue mind-fucking Adventure von Davey Wreden, das zwar ebenso kurz, aber auch ebenso experimentell und tiefgründig ist. Hier werden Spiele zur Kunst.