Kritik:
Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung des Spiels könnte dabei vermutlich kaum besser gewählt sein. Nachdem Elon Musk erst im Februar seinen Tesla erfolgreich in den Weltraum geschossen hat, ist ein wahrer Hype um die Raumfahrt und die Besiedlung des Mars entstanden. Bereits in vier Jahren soll ein erstes Raumschiff mit Ausrüstung zum Mars fliegen, zwei Jahre später dann sogar die ersten Menschen folgen, um eine richtige Kolonie auf dem fernen Planeten zu gründen. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte scheint die Kolonisierung in greifbarer Nähe und die Menschheit hält es tatsächlich für möglich, andere Planeten zu besiedeln. Ein perfekter Zeitpunkt letztendlich, um ein Aufbau-Strategiespiel mit eben dieser Thematik auf den Markt zu bringen.
Interplanetary Transport System
Und wenn man sich einmal etwas intensiver mit Elon Musk, SpaceX und seinen Plänen auseinandergesetzt hat, wird in „Surviving Mars“ auch schnell deutlich, dass sich die Entwickler ziemlich viel bei seinen Entwicklungen und Errungenschaften abgeschaut haben. Bei einigen Spielelementen orientiert man sich recht originalgetreu an den realen Bedingungen und Möglichkeiten. Das fängt schon da an, dass Marsjahre korrekt mit „Sol“ bezeichnet werden und atmosphärische Bedingungen – etwa die Kälte in den schattigen Regionen – eine durchaus interessante Rolle in diesem Spiel steht. Vor allem aber könnte man fast meinen, dass man die Technik bei SpaceX lizensiert hätte: Schon das Raumschiff, mit dem wir zu Beginn des Spiels auf dem Mars landen müssen, erinnert auffallend an das geplante „Interplanetary Transport System“, mit dem Elon Musk plant, Waren zwischen dem Mars und der Erde hin und her zu transportieren. Kein Wunder also, dass sich recht schnell sogar die Spielmechaniken daran anlehnen.
Cities Skylines auf dem Mars
Obwohl natürlich auch Paradox Interactive mittlerweile ein wenig dazu übergegangen ist, gewisse wiederholende Muster in ihre Spiele einzubauen. Damit ist zugleich trotz des interessanten Settings auch klar, dass „Surviving Mars“ das Genre nicht gänzlich neu erfindet. Was wir hier geboten bekommen ist ein futuristischer Mix aus Aufbau-Strategie und City Builder – nur, dass die Städte dieses Mal eben auf dem roten Planeten zu finden sind. Insgesamt hat man aber doch gewisse Spielmechaniken aus „Cities: Skylines“ übernommen. Auch hier müssen wir die Infrastruktur sicherstellen, Wohngebiete errichten und die Bedürfnisse unserer Kolonisten erfüllen. Ganz nebenbei gehört aber auch ein wenig Rohstoffabbau und Produktion dazu – immerhin ist es das langfristige Ziel des Spiels, möglichst autonom und ohne externe Hilfe auf dem Mars leben zu können. Mit anderen Worten: Alles was wir benötigen – vom Beton bis hin zu elektronischen Geräten – selbst abzubauen oder zu produzieren.
Nachschub von der Erde
Bis das klappt, spielt das bereits angesprochene „Interplanetary Transport System“ eine entscheidende Rolle. Damit fliegen wir nämlich nicht nur neue Kolonisten von der Erde auf den Mars, sondern stellen auch Nachschublieferungen von der Heimat sicher. Fehlen uns Rohstoffe, Fertigbauteile oder andere wichtige Dinge lässt sich einfach ein neues Raumschiff anfordern, das uns auf dem Mars mit den nötigen Materialien versorgt. Die eigentliche Schwierigkeit dabei: Unsere Geldmittel sind von den Sponsoren abhängig und dementsprechend begrenzt. Nach einigen Jahren ist jegliches Geld aufgebraucht und wenn die Kolonie bis dahin nicht autonom existieren kann, sind Todesfälle und vielleicht sogar ein Scheitern vorprogrammiert. Ein Glück lässt sich natürlich auch Geld machen – etwa mit dem Abbau und Export von Edelmetallen. Manche Dinge lassen sich schließlich auch zur Erde zurück schicken. Doch das Rohstoffaufkommen ist begrenzt und mit etwas Pech nehmen wir schnell weniger Geld ein, als wir zur Aufrechterhaltung unserer Kolonie ausgeben müssen. Obwohl „Surviving Mars“ anfänglich recht simpel erscheint, kann das Spiel im späteren Verlauf also auch zu einer Herausforderung werden.
Learning by doing
Ganz so einfach gestaltet sich der Einstieg derweil ohnehin nicht, denn Paradox Interactive hält es offenbar nicht für nötig, den Spieler allzu sehr an die Hand zu nehmen. Ein richtiges Tutorial gibt es dementsprechend also nicht. Nach dem Spielstart erscheinen lediglich einige schriftliche Tipps, die uns kurz die grundlegendsten Dinge erklären – etwa den Rohstoffabbau und die Wahl des richtigen Landeplatzes. Das allerdings war es auch schon. Wie wir anschließend unsere Kolonie verwalten und aufrecht erhalten, müssen wir letztendlich also selbst herausfinden. Und dabei kann man schonmal mehrere Anläufe benötigen, ehe wir den richtigen Dreh raus haben. Das Ziel ist schließlich wie bei den meisten Spielen dieser Art: Unsere Kolonie muss auf eine bestimmte Größe wachen und am Ende steht die Erbauung eines „Wunders“, mit dem das Spiel abgeschlossen werden kann. Und das geht nur im klassischen freien Spiel, denn wir auch bereits bei „Cities Skylines“ scheinen die Entwickler bei Paradox offenbar nicht viel von einer Einzelspieler-Kampagne zu halten.
Die zufällige Forschung
Einen gewissen Wiederspielwert kann „Surviving Mars“ zum Glück aber trotzdem vorweisen und das liegt an einem ganz entscheidenden Spielelement, das jede Partie ein wenig anders ablaufen lässt. Während nämlich einige Bereiche in unserem Forschungsbaum vorgegebene Technologien beinhalten, basiert ein Teil desselbigen gänzlich auf dem Zufall. Vergleichbar etwa mit der „Civilization“-Reihe werden zu Beginn nämlich einige scanbare Anomalien auf der Karte verteilt, durch dessen Erkundung wir unter anderem neue Technologien zum Erforschen in unserem Forschungsmenü freischalten können. Und die können den Spielverlauf grundlegend beeinflussen. Noch dazu sorgen auch diverse Zufallsereignisse – wie etwa Erstkontakte zu außerirdischen Lebensformen oder Meteoritenstürme – für ein abwechslungsreicheres und spannenderes Spielerlebnis. Denn nicht in jeder Partie wird auch jedes Ereignis auftauchen. Der Ablauf bleibt damit unvorhersehbar.
Unter the dome
Eine weitere Herausforderung dürfte außerdem sein, die passenden und geeigneten Kolonisten für unser Abenteuer zu finden. Als Spieler übernehmen wir somit also auch die Funktion des Personalmanagements und müssen unter den zahlreichen Bewerbern auf der Erde die passenden finden. Dazu können wir bestimmte Eigenschaften explizit ausschließen oder anfragen. Neben dem Alter und dem Geschlecht, was etwa für die Reproduktion auf dem Mars vorteilhaft ist, lassen sich auch berufliche Spezialisierungen, Stärken und Schwächen passend filtern. Aus den am Ende noch übrigen Bewerbern wird dann eine passende Menge automatisch ausgesucht, die auf dem Raumschiff Platz findet. Das Problem: Der Platz für Servicegebäude ist in unseren Kuppeln begrenzt und jeder Kolonist hat ganz individuelle Bedürfnisse, denen er nachgehen möchte. Hier für die jeweilige Kuppel auch die passenden Bewerber zu finden, kann sich mitunter als ganz schön schwierig entpuppen. Zumal die Anzahl der Bewerber ebenso begrenzt sein kann – etwa dann, wenn negative Nachrichten vom Mars zur Erde gelangen. Das kann etwa passieren, wenn unsere Kolonisten eines unnatürlichen Todes, beispielsweise wegen mangelnder Sauerstoffversorgung, sterben. Fehler werden also konsequent bestraft.
Keine Konkurrenz im Weltraum
Schade ist, dass wir uns unterdessen ausschließlich auf uns selbst konzentrieren müssen. Obwohl wir vor dem Start eines neuen Spiels zwar den Sponsor mit jeweils unterschiedlichen Vorteilen aussuchen können, brauchen wir nicht darauf zu hoffen, eines der nicht ausgewählten Unternehmen an Konkurrenz auf der Oberfläche des Mars wieder zu finden. Ein Wettrüsten oder einen Kampf um die Ressourcen suchen wir also völlig vergebens. Dass es dementsprechend auch keinen einzigen Multiplayer-Modus gibt, dürfte somit ebenso nicht allzu sehr verwundern. Eigentlich ist das schade, denn die Spielmechanik von „Surviving Mars“ hätte selbiges geradezu angeboten. Fans von „Cities Skylines“, die noch dazu Science-Fiction mögen, werden an diesem Spiel aber auch alleine am heimischen Rechner mehr als reichlich Spaß haben.
Fazit:
Die Mischung aus Aufbauspiel und „Cities Skylines“ auf dem Mars erfindet das Genre zwar nicht gänzlich neu, kann aber den Science-Fiction-Fan mit einer Vorliebe für Strategie viele Stunden fesseln.