Party für Generation Z
Sein Publikum ist dabei noch jünger als er selbst. Die meisten Besucher an diesem Abend sind weiblich und Anfang 20. Einige wenige sogar minderjährig, während die Eltern seitlich auf der Erhöhung das Spektakel aus der Entfernung beobachteten, während sich die Töchter in die Menge stürzten. Da wurde natürlich dementsprechend viel aufgepasst: Gefühlt alle fünf Meter fanden sich Mitarbeiter des Awareness Teams, damit sich die jungen Konzertbesucher auch zu jeder Zeit wohl fühlen – immerhin wird Alkohol trotzdem genug konsumiert. Wenn Ski Aggu mit seinem Publikum spricht, klingt das aber fast ein bisschen, als wären alle eigentlich noch zu jung für Bier und Cocktails: Jugendsprache gehört da selbstverständlich dazu – von “NPC” bis hin zu “Küsse eure Augen” ist hier so einiges dabei, mit dem eher Generation Z etwas anfangen kann.
Moshpits beim Deutschrap?
Was hingegen befremdlich wirkte: Die Moshpits, zu denen Ski Aggu immer wieder sein Publikum aufrief, die dann aber doch eher aussahen, als würde das Publikum in einem Kreis einfach auf der Stelle hüpfen. Deutschrap und Moshpit, das scheint noch nicht so ganz zusammenzupassen. Ganz so, als wüsste das Publikum gar nicht so recht, was der Sänger überhaupt von ihnen will. Dass Ski Aggu zusätzlich auch noch zu einem “Flinta*-Moshpit” aufruft, also einem Moshpit für Frauen, Lesben, Intergeschlechtliche, Nicht-binäre, Trans- und Agender-Personen, erscheint dann nicht unbedingt sinnvoller, wenn der “normale” Moshpit schon kaum seinen Namen verdient und problemlos für jegliche Besucher geeignet sein dürfte. Der Metalhead hätte vermutlich gelacht.
Verletzung am Fuß – Ski Aggu zieht trotzdem durch
Umso erstaunlicher, dass es Ski Aggu, der bürgerlich übrigens August Jean Diederich heißt, es sogar geschafft hat, sich in dieser Menschenmenge zu verletzen. Nach ein paar wenigen Songs von einer Plattform in der Mitte des Tanzbrunnens, wollte er dem Publikum besonders nahe sein und quer durch die Menge zurück auf die Bühne laufen. Dabei hat er sich offenbar eine Verletzung am Fuß zugezogen, durch die er den Rest des Konzertes nicht mehr mit seinem Fuß auftreten konnte. Aber Ski Aggu zieht natürlich durch, lässt sich einen Barhocker auf die Bühne holen und gelegentlich abstützen, damit er weiter auf der Bühne hüpfen kann. “The Show Must Go On” nimmt er an diesem Abend besonders Ernst und möchte seine Fans auf keinen Fall enttäuschen.
Politik für die Jugend
Die haben derweil sichtlich Spaß, auch an dem Merchandise, das Ski Aggu immer mal wieder in die Menge wirft. Daran ändern auch politische Statements gegen die AFD nichts, zu denen lautstarke Zustimmung erfolgt – und letztendlich sogar eine Palästina-Flagge am Rande des Auftritts. Ein Konzert ohne Politik scheint heute schließlich kaum noch möglich zu sein. Aber die Ernsthaftigkeit hält nicht lange an. Mit Songs wie “Friesenjung” oder “Palermo” ist die Partystimmung sowieso ganz schnell am Höhepunkt. Da fällt es sogar schwer, die Bühne zu verlassen: Nachdem seine Crew ihn zum Ende des Auftritts eigentlich wegen seiner Verletzung von der Bühne zerren möchte, lässt er es sich nicht nehmen, zum Abschluss auch noch eine Coverversion von “Nein, Mann!” (ich will noch nicht gehen) zu spielen. Ein perfekter Abschluss für solch eine Gute-Laune-Party, bei der Ernsthaftigkeit doch meistens eher Fehl am Platz ist.
Fotos: Rene Daners