Optisch hat sein neuestes Projekt auf der Bühne so einiges zu bieten, was man in der schwarzen Szene nicht unbedingt erwarten würde. Der Hintergrund der kleinen Bühne des Rockpalast in Bochum, der kleinen Halle über der Matrix, erstrahlt da doch plötzlich in einem knallbunten Lila. Gleich vier rotierende Discokugeln machen plötzlich das Gegenteil dessen, was wir auf einem Gothic-Konzert erwarten würden: Statt in Nebel gehauchte düstere Stimmung gibt es wohl das bunteste Konzert, das wir jemals gesehen haben. Lila von hinten, blau von vorne, manchmal auch ein bisschen orange – “She hates emotions” hält sich mit der Farbpracht wenig zurück, fast als wollte man das fast ausschließlich in schwarz gekleidete Publikum damit provozieren.
Einen gewissen Gefallen hatte Chris Pohl aber ja schon immer daran, gegen den Strom zu schwimmen, vor allem auch optisch. Das sieht man schon an seinem aufwändigen, eher femininen Make Up, mit dem er seit je her beweist: Eyeliner und Lippenstift kann auch mal ein Mann benutzen. Dazu das durchaus elegante Zebrahemd zum klassischen schwarzen Gothic-Jackett – oder wie es Pohl auszudrücken mag: “Wir sind eben die Zebra-Boys”. Dafür wird dann im Gegenzug auf die leicht bekleideten Damen im Engelsoutfit verzichtet, die bei “Blutengel” sonst für eine erotische Atmosphäre auf der Bühne sorgen. Alles ein bisschen kleiner und weniger aufwändig eben und das weiß “She hates emotion” mit anderen optischen Highlights problemlos zu kaschieren.
Und das ist schon beachtlich, steht die Kombination aus Chris Pohl mit Bandkollege Jan als “She hates emotions” in diesem Jahr zum ersten Mal auf der Live-Bühne. Obwohl die Band bereits das zweite Album (Happy Pop Music) veröffentlicht hat, kam ihnen bei der Tour in den vergangenen Jahren immer wieder die Pandemie dazwischen. Wohlgemerkt: Auch im Februar 2023 ohne Corona-Einschränkungen spielt das kleine Synthpop-Projekt vor einem kleinen Publikum mit gerade einmal rund 200 Besuchern – das hätte man kaum kleiner aufziehen können. Dass der Name allerdings Programm ist, wurde dann musikalisch schnell klar: Der typische Gothic-Synthpop-Sound wurde nämlich mit zahlreichen 80s Elementen kombiniert, was tatsächlich deutlich “happier” klingt, als im sonst so negativ angehauchten Goth gewohnt. Ein Kontrastprogramm eben, wie auch Chris Pohl als Person.