Manntra schaffte es mit Leichtigkeit zum Publikumsliebling / Foto: Rene Daners
Das Publikum hat seit je her nämlich eine Besonderheit zu bieten: Der Altersdurchschnitt ist für ein Metal-Festival ungewöhnlich jung. Und mit einem Publikum überwiegend zwischen 20 und 30 Jahren, kommt dann auch eine ganz andere Stimmung auf. Der Moshpit und Circle Pit ist vorprogrammiert, zum Pirate Metal von Storm Seeker wird sogar auf dem Boden sitzend gerudert und selbst der Folk Metal von Ukanose lädt die Besucher zum ausgiebigen Pogen ein. Mit einem jungen Publikum kann man sich schließlich so richtig austoben. Und dabei kommt schnell eine so gute Stimmung auf, dass die erste Met-Sorte auch in diesem Jahr schon nach zwei Stunden wieder ausverkauft war. Obwohl ein bisschen teurer, wissen die Metalheads eben, was ihnen schmeckt: Beim edlen Tannen-Met konnten die schließlich nicht nein sagen.
Das gilt natürlich auch für die Musik, denn schon am Freitag ging es mit einer ordentlichen Vielfalt zur Sache. Wer es nach der Arbeit pünktlich zwischen 17 und 18 Uhr in die heilige Methalle geschafft hat, wurde dort von Beneath my sins begrüßt, die mit Frauenpower an der Front schon einmal einheizen durften. Noch am gleichen Abend entpuppte sich dann eine Band aus Kroatien als überraschender vorzeitiger und unerwarteter Headliner: Die Rockband Manntra brachte die Menge so dermaßen zum Toben, dass die meisten anschließend erst einmal eine längere Verschnaufpause brauchten. Dagegen war der eigentliche Headliner des Tages Saor, dessen Musik so mancher Fan als “Schweben auf den Gitarren” bezeichnete, trotz einer gewissen Härte schon fast ein Erholungsprogramm. Schweißgebadet vom Headbangen gingen die Metal-Fans bereits am ersten Tag jedenfalls mit freudiger Laune nach Hause.
Storm Seeker mischten sich mit Piraten-Metal unter die Menschenmenge / Foto: Rene Daners
Mit ähnlicher Stimmung, aber ohne Nachschub beim Tannen-Met, sollte dann auch der zweite Tag an den Start gehen. Mit Remember Twilight aber auch die erste Überraschung: Metal geht offenbar auch mit Violinen, man muss gar nicht immer mit den härtesten Gitarrenriffs erschlagen werden. Obwohl es für diesen Geschmack gleich darauf natürlich ebenfalls das passende Programm gab: Dvalin gingen dann, trotz Drehleier und Dudelsack, schon etwas härter zur Sache. Eine Überraschung wiederum Ukanose aus Litauen. In ihren mittelalterlichen Gewandungen sind die beinahe schon Exoten auf einem Metal-Festival. Ihr folk-lastiger Sound mit litauischem Gesang nicht weniger ungewöhnlich. Dennoch: Den Besuchern gefiel es und die Band mauserte sich zu einem der Highlights des Tages. Da hatten es Finsterforst mit ihren dreckig angeschmierten Outfits, dafür aber deutlich härteren Gitarrenriffs schon deutlich schwerer, fanden aber trotzdem ihre Liebhaber. Storm Seeker sind dagegen schon eher fast ein Urgestein der Metal-Szene. Obwohl sie auf ihrer Headliner-Tour zwar immer noch vor einigen hundert Menschen spielen, ist ihr Pirate Metal längst in den Herzen der Fans angekommen. Der Mix aus Piratenliedern, Shantys und hartem Metal jedenfalls funktioniert und ist in seiner Form so einzigartig. Eine weitere Band, die die Vielfalt des Mead & Greed Festivals unterstreicht.
Als letztes durfte dann Haggard als Headliner, die mitunter kontrovers diskutiert werden, auf die Bühne. Obwohl aus Deutschland stammend, haben sie ihre eigentliche Fanbase eher in Lateinamerika. Dort spielen sie auf Festivals vor 120.000 Besuchern. In Deutschland weiß das Publikum hingegen oftmals noch nicht so recht, was sie mit dieser mitunter experimentellen Musik anfangen sollen. Das liegt an der außergewöhnlichen Konstellation: Haggard kommen mit einem ganzen Orchester auf die Bühne, Frontmann Asis Nasseri legt penibelsten Wert auf den perfekten Sound und wirkt dabei manchmal schon etwas wie eine Diva. Das aber hat seinen Grund, denn: Haggard vermischen Metal, Klassik und Operngesang in einem. Mal die Engelsstimme von Sopranistin Janika Groß, mal das Growling von Asis Nasseri, dann wieder ruhige Momente, anschließend harte Gitarren und zwischendurch nachdenkliche Balladen. Und zwar alles in nur einem Lied. Haggard machen Metal so spannend, wie eine klassische Sinfonie der Leipziger Philharmoniker. Darauf muss man sich einlassen können. Wer das kann, wird in kürzester Zeit zum Fan. Und erkennt den Mut zur musikalischen Vielfalt des Mead & Greed Festivals. Da muss es doch einfach eine Fortsetzung geben?
Experimenteller Sound: Haggard kombinierte Metal, Klassik und Operngesang / Foto: Rene Daners