“Hocico” heißt übrigens so viel wie “Schnauze” oder “Fresse” – und das nehmen die beiden Mexikaner Erk Aicrag und Racso Agroyam, die mit bürgerlichem Namen eigentlich Eric Garcia und Oscar Mayorga heißen, ziemlich wörtlich. Denn wenn Hocico erst einmal los gelegt hat, gibt es hier musikalisch “ordentlich auf die Fresse”. Nicht umsonst gelten die Mexikaner, die in der deutschen Gothic-Szene schon seit den 90ern eine fest etablierte Größe sind, als eine der härtesten Bands ihres Genres. Da darf man ihren Slogan “Bienvenido a la maldad” – Willkommen in der Hölle – auch durchaus wörtlich nehmen, denn der Sound ist wahrlich nichts für zarte Gemüter. Die Bässe hämmern mit vielen Beats pro Minute nur so vor sich hin, während vor allem Eric Garcia wild auf der Bühne herumhüpft.
Und man mag es an der Stelle fast kaum glauben, aber: Zum Sound von “Hocico” kann man tatsächlich noch tanzen. Wenn die feiernde Crowd nicht gerade ebenfalls wild zu den Klängen der Band herumhüpft und den Mexikanern zeigt, dass sie voll auf ihren Sound abfahren, kann man das sogar hin und wieder beobachten. Besonders ansehnlich, wenn die aufwändig gekleideten Goths sich dann extra viel Mühe bei ihrem Outfit gegeben haben. Ob im engen Leder-Korsett, oder mit künstlichen sogenannten “Cyberlocks” auf dem Kopf – einmal mehr zeigt sich, dass die schwarze Szene nicht nur eine einheitliche Farbgebung hat, sondern sich gerne einmal stilvoll-elegant oder mitunter ausgefallen kleidet. Nicht, dass die Outfits der Band selbst nicht schon so gelungen wären, dass sie beinahe als düstere Variante eines Cosplayers durchgehen könnten.
Vorab heizte die Support-Band das Publikum allerdings nicht weniger ein. Mit Chemical Sweet Kid gab es schließlich Unterstützung aus dem Nachbarland Frankreich. Die dreiköpfige Band rund um Julien Kidam, Kora-Li Louys und Ersatzgitarristen Kim Larcher beglückte die Gothic-Fans derweil mit knallhartem Industrial-Metal und einem kleinen Elektro-Crossover-Touch. Und da durften sie auch gleich einmal zeigen, dass es bei ihnen auf der Bühne keineswegs weniger wild zugeht, als bei den mexikanischen Kollegen. Mit der nötigen Portion Aggressivität, völlig abhandenen Berührungsängsten und reichlich kräftigen Gitarrensounds waren Chemical Sweet Kid auf jeden Fall ein würdiger Support für die “Schamanen aus der Hölle”.
Schade ist dann lediglich, dass die Besucher im Anschluss an das Konzert nicht mehr allzu lange weiter feiern konnten, denn – vermutlich bedingt durch einen Sonntag – blieb die normalerweise obligatorische Aftershow-Party dieses Mal aus. Dafür konnten sich Fans natürlich noch am Merchandise-Stand des Labels Out of Line mit allen aktuellen Alben und sogar Vinyl eindecken oder gar das ein oder andere Autogramm von Chemical Sweet Kid ergattern, die bis zum Schluss am Stand blieben, um sich den Fragen und Wünschen des Publikums zu widmen. Doch kein Wunder: Die faszinierende kleine Location mit ihrer einzigartigen Dekoration lädt schließlich stets zum Verweilen ein.
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