Kritik:
Inzwischen sind wir genau in der Mitte der aktuellen Game-Season von „The Walking Dead“ angelangt. Vieles hat sich verändert, wichtige Charaktere sind gestorben und alle verändern sich doch ein wenig. Das gilt für alle gleichermaßen, vor allem für die Hauptcharaktere. Doch erstmals muss sich die junge Clementine in Gefangenschaft beweisen und gerät damit in ein völlig neues Szenario.
Trekkies of the Dead
Immerhin ist das junge Mädchen nicht mehr auf sich allein gestellt. Die große Gruppe steht ihr bei, wohingegen eine schwer bewaffnete feindliche Gruppe sie als Geiseln und Arbeitssklaven hält und bewacht. Schleichaktionen durch das Lager, Lügen und Versteckspiel stehen also auf der Tagesordnung, während sie mit ihren Kameraden einen neuen Plan ausheckt. Die neueste Episode gleicht dabei beinahe einem Kammerspiel. Fast die gesamte Folge spielt dabei in einem relativ großen Lager ab, kaum Bewegung in der Freiheit gibt es zu sehen. Nette Anspielung jedoch: Die Entwickler zeigen sich scheinbar als bekennende Science-Fiction-Nerds und bauen ein paar nette Anspielungen an die Serie „Star Trek“ in die Episode ein. Dennoch liegt der Hauptfokus doch weiterhin bei den Charakteren, denn bis auf ein paar simple Suchrätsel und Dialoge konzentriert man sich auch hier auf die Handlung.
Das knallharte Kind
Die größten charakteristischen Veränderungen machen dabei Clementine und ihr alter Freund Kenny durch. Beide haben sie die schlimmsten Dinge bereits in der Vergangenheit erlebt und schreckliche Erfahrungen gemacht. Doch beide hat sie die Situation stärker gemacht und zu knallharten Überlebenskünstlern geformt. Dass Kenny dabei seine Fähigkeiten und Stärken als erwachsener Mann zu nutzen weiß, mag uns nicht verwundern – doch das Auftreten von Clementine, die längst kein kleines Kind mehr ist, mag so manchen Spieler noch immer schockieren. Konsequenz, Härte und einen eisernen Willen – das sind die erschreckenden Stärken, die Clementine in dieser Episode unter Beweis stellt. Vor keiner Gefahr schreckt sie zurück, zeigt absolute Loyalität zu ihren Kameraden und schreckt nicht mehr davor zurück, im Zweifelsfall Gewalt anzuwenden. Ihre Mitmenschen zu einem Mord aufzufordern oder eiskalte Entscheidungen zu treffen werden zu ihrer größten Stärke im Überlebenskampf. Doch macht sie das womöglich genauso unberechenbar, wie ihren Gegenspieler, der eindeutig den Bösewicht übernommen hat? „In Harm’s Way“ deutet an, wohin es in Zukunft geht: Beängstigende psychische Veränderungen und große Selbstzweifel. Denn Clementine könnte sich schon bald selbst nicht mehr wiedererkennen.
Ein brutaler Psychopath
Der Gegenspieler Bill Carver wird unterdessen ebenso zu einem sehr interessanten Charakter – vor allem deshalb, weil er womöglich zu einem Spiegel für Kenny und Clementine werden könnte. Er ist psychisch schon längst nicht mehr stabil und zu einer jähzornigen tickenden Zeitbombe geworden. Aus seiner Sicht minderwertige Menschen werden kurzerhand ermordet, Schwächen und Fehler nicht mehr geduldet und die eigenen Kameraden zu wahren Gräueltaten aufgefordert. Er bietet bereits jetzt die eiserne Kälte und strenge Konsequenz ohne Rücksicht auf Verluste, in dessen charakterliche Richtung sich auch Clementine zunehmend entwickelt. Er ist die Schlüsselfigur, die dem Spieler ermöglicht, genau das überhaupt erst zu erkennen und wird damit wohl zu einem der wichtigsten und besten Bösewichte, die wir in dem Episodenspiel bisher je gesehen haben. Fans von „The Walking Dead“ sollten daher auch die dritte Episode keinesfalls verpassen und unbedingt einen Blick riskieren.
Fazit:
Mit eher schwachen Rätseln fokussiert die dritte Episode der zweiten Adventure-Staffel speziell auf die charakterliche Veränderung von Clementine und Kenny – und liefert nebenbei nette Anspielungen für Nerds und Geeks. Spannung und Action bis zur letzten Minute.