Kritik:
Nachdem der berühmte „Microsoft Train Simulator“ nun allmählich in die Jahre gekommen ist und optisch nun wirklich keine besonderen Anreize mehr hat, dürfen sich die Hobby-Lokführer nun endlich auf die neueste Version des Train Simulators mit dem Titel „Railworks 3“ freuen. Einst vor wenigen Jahren als „Kuju Rail Simulator“ gestartet, wurde er damals noch stark kritisiert und konnte bisher nie die Popularität von Microsofts Konkurrenzprodukt erreichen. Nun jedoch dürfen wir uns über zahlreiche Verbesserungen, eine detailliertere Simulation und eine verbesserte Grafik in „Railworks 3“ freuen, die endlich auch den eingefleischtesten Lokführern gefallen wird.
Mobilitätsgarantie?
Auf vielen verschiedenen Strecken auf der ganzen Welt dürfen wir dabei in die verschiedensten Züge und Lokomotiven schlüpfen, die uns in so ziemlich jede vergangene Zeitepoche der letzten hundert Jahre entführt. Sowohl normale deutsche Regionalzüge, als auch amerikanische Dieselloks und uralte Dampflokomotiven sind dabei fahrbar und in der deutschen Fassung des Spiels erhalten wir sogar erstmals einen lizensierten Inter City Express der deutschen Bahn, dank der wir im hohen Tempo über die Hochgeschwindigkeitsstrecken zwischen Hagen und Siegen rasen dürfen. Da kommt also jeder auf seine Kosten und spätestens bei den englischen Triebwagen ist auch eine etwas besondere Steuerung ohne Bremsen vorhanden, bei der der Spieler erst einmal genau umdenken muss. Leicht macht es „Railworks 3“ dem Spieler jedenfalls nicht in jedem Zug.
Schwerstarbeit im Kohlezug
Die Steuerung ist dabei seit je her recht einfach ausgefallen, können wir die Züge schließlich simpel komplett mit der Maus oder Tastatur steuern. Sowohl Richtungsregler, als auch Bremsen und Schub sind dabei über einen einzelnen Joystick auf dem Armaturenbrett des Führerhauses steuerbar und ziemlich exakt regelbar, wenn auch leider nicht stufenlos. So macht es uns nicht sonderlich viel Mühe, die modernsten Elektro- oder Diesellokomotiven auf die Strecke zu bringen und wir können auch sehr leicht das richtige Tempo halten. Das ändert sich dagegen recht schnell, wenn wir in das Führerhaus einer alten Dampflokomotive steigen und dabei genauestens auf Dampferzeugung, Kohleverbrauch, Sand und Wasser achten müssen, um es überhaupt nur im Schritttempo den nächsten Berg hinauf zu schaffen. Hier ist schon weitaus mehr Können erforderlich und jede Dampflok stellt für den angehenden Lokführer eine wahre Herausforderung dar. Mit ein bisschen Übung und Einarbeitung ist jedoch jeder Zug zu bewältigen – selbst der längste Dampfgüterzug.
Bummelzüge bleiben auf dem Abstellgleis
Trotz der hohen Vielfalt an den verschiedensten fahrbaren Untersätzen, dürften aber vor allem die Spieler der Gegenwart von dem ein oder anderen Mangel an Zügen doch gelegentlich enttäuscht werden. Besonders die Bewohner des Ruhrgebiets und Niederrheins werden mit Enttäuschung feststellen müssen, dass die bekannten und häufig anzutreffenden 425er- und 422er-Baureihen der S-Bahn Rhein-Ruhr hier leider gar nicht anzutreffen sind. So dürfen wir uns also nicht in die hübschen roten Triebwagen der S-Bahn wagen und uns von den schwachen Bremsen herausfordern lassen. Diesbezüglich gibt es aber immerhin neue Hoffnung, da mit dem „Köln – Düsseldorf“-Addon noch in diesem Monat eine neue Strecke mitsamt Rollmaterial erscheint, das uns mitten durch Nordrhein-Westfalen schickt. Nichts desto trotz wirken die alten Abteilwagen mit ihren Hebelgriff-Türen dann doch etwas altbacken und längst nicht mehr zeitgemäß – erst recht, wenn wir im Spiel nicht einmal Doppelstock-Wagen der Regionalbahnen antreffen.
Bahnfahrten rund um die Welt
Das ändert jedoch nichts daran, dass auch deutsche Spieler auf Grund des umfangreichen Streckenangebots gleich mehrfach auf ihre Kosten kommen, denn neben der bekannten Strecke von Hagen nach Siegen, finden wir sogar eine bergische Strecke, sowie das Prüfcenter Wegberg-Wildenrath vor. Dementsprechend haben wir auch die Möglichkeit, einen Prototyp auf dem Testgelände zu testen und dürfen uns mit besonders hohen Geschwindigkeiten auf die Schiene wagen. Schade ist dabei nur, dass die Strecke Hagen – Siegen nicht dem heutigen Stand entspricht und wir daher auch auf die aktuellen Züge der Privatbahn Abellio verzichten müssen. Insgesamt suchen wir Privatbahnen ohnehin vergeblich, was vermutlich auf die fehlenden Lizenzen zurückzuführen ist. Dennoch sind die Strecken originalgetreu nachgebaut und vor allem bergische Bereiche machen den Job des Lokführers nicht immer einfach. Ein wahrer Augenschmaus sind darüber hinaus die englischen Strecken, die mit ihren detaillierten Landschaften punkten und die diversen reinen Güterstrecken sorgen für ein spannendes Rangiererlebnis für Güterzug-Fans.
Intelligentes Wertungssystem
Damit derartige Aufgaben allerdings nicht langweilig werden, hat „Railworks 3“ ein interessantes und motivierendes Karrieresystem erhalten, bei dem unser Können genauestens bewertet wird. Hier kommt es ganz darauf an, stets pünktlich zu sein, niemals die Geschwindigkeit zu überschreiten und uns auch genauestens an die Verkehrsregeln des Bahnverkehrs zu halten. Da müssen wir sogar darauf achten, niemals zu stark zu bremsen und auch den Komfort unserer Fahrgäste grundsätzlich sicherzustellen. Da wir allerdings Signale nicht immer im Voraus erkennen können und die Fahrpläne insgesamt recht knapp bemessen sind, ist das nicht immer ein leichtes Unterfangen und ein nahezu perfektes Fahren ist beinahe vorausgesetzt. Für geübte Lokführer stellt aber auch das kein Problem dar. Problematisch wird dies lediglich, wenn unvorhersehbare Verspätungen und Behinderungen in das jeweilige Szenario eingebaut wurden und spannende Vorfälle für Abwechslung im Bahnbetrieb sorgen. Dann wird das Einhalten des Fahrplans umso herausfordernder, die Aufgaben allerdings umso spannender. Schade nur, dass nicht jedes Szenario auch tatsächlich im Karrieremodus fahrbar ist.
Einsteigerfreundlichkeit
Anders, als jedoch in manchen Konkurrenzprodukten, finden sich die Spieler in „Railworks 3“ recht schnell zurecht und das Menü ist stets sehr übersichtlich – sowohl bei der Auswahl unserer Aufgaben, als auch während der Fahrt selbst. So macht es uns keine große Mühe, den Fahrplan einzublenden, die Entfernung des nächsten Signals, oder der nächsten Geschwindigkeitsbegrenzung festzustellen und können, so wir denn wollen, das Spiel gänzlich mit der Maus steuern. Natürlich geht die Steuerung per Tastatur wesentlich schneller, präziser und einfacher, doch ist hier zumindest die Einprägung diverser Tastenbelegungen nötig. Doch will man eine umfangreiche und realistische Simulation, ist man sicherlich bereit, diese kurze Zeit zu investieren, da „Railworks 3“ bei der Simulation auf jede Kleinigkeit achtet.
Physik, unser Feind
Der Realismusgrad des Spiels wird natürlich dadurch gefördert, dass das Verhalten der Züge möglichst realistisch simuliert wurde und verschiedenste Faktoren bei der Fahrt eine Rolle spielen. Sowohl das Gewicht des Zuges im Falle von Gütertransporten, als auch die Schubkraft, die Bremskraft, sowie das Gefälle einer Strecke, sorgen für ein unterschiedliches Beschleunigungs- und Bremsverhalten, sodass jeder Zug und jede Strecke immer wieder eine neue Herausforderung darstellen kann. So fällt es uns im ICE schließlich deutlich leichter, zu beschleunigen und zu bremsen, als dies in den amerikanischen Diesellokomotiven, oder gar bei einem schwer beladenen Güterzug der Fall ist. Zudem haben die Entwickler darauf geachtet, möglichst jede Kleinigkeit zu simulieren – angefangen bei bis zu drei verschiedenen Bremsen des Zuges, bis hin zur Beleuchtung und den Scheibenwischer. Einziges Manko: Die Scheinwerfer des Zuges haben in Tunneln scheinbar keinerlei Auswirkung, sodass wir dennoch stockdüster durch die lange Konstruktion fahren müssen.
Wir sehen den Horizont
Das ist dann auch schon eines der wenigen optischen Manko, denn die Grafik hat sich seit der ersten Version des damaligen „Kuju Rail Simulators“ deutlich verbessert. Dank der neuen Engine erscheinen die Züge nun noch plastischer und detaillierter und machen einen stets realistischen Eindruck. Ebenso sind nun auch alle Farben der deutschen Bahn korrekt, sodass wir keine grünen, statt roten Lokomotiven mehr zu sehen bekommen, wie dies einst in der ersten Version noch der Fall war. Bei der Landschaftsgestaltung unterscheiden sich unterdessen leider die Karten sehr deutlich, sodass manche englische Strecken da weitaus realistischer, detaillierter und stärker bewachsen ausgefallen sind, als andere. Dafür bekommen wir eine realistische Weitsicht geboten, bei der wir über Kilometer hinweg schauen können. Dumm nur, dass es uns da gelegentlich noch etwas schwer fällt, das nächste Signal bereits aus der Entfernung zu erkennen, was die Geschwindigkeitsregulierung mangels Rote-Signal-Erkennung manchmal etwas erschwert. Ebenso taucht während der Fahrt gelegentlich ein künstlich wirkender Unschärfeeffekt auf, weshalb die Grafik von „Railworks 3“ doch noch weit von einer Referenzgrafik entfernt ist. Nichts desto trotz ist das Spiel sehr hübsch anzusehen, was wir den gelungenen Wettereffekten und den stimmungsvollen Sonnenuntergängen zu verdanken haben. So kommt insgesamt eine gute Atmosphäre auf und das enorme Anti-Aliasing sorgt für zusätzliche grafische Qualitäten. So ist es sogar möglich, die Grafik in einer drei Mal so hohen Auflösung zu rendern, als sie überhaupt dargestellt wird – die optische Qualität verbessert dies ungemein, sofern der Rechner entsprechend leistungsstark ist. Hierfür sei dann aber ein High-End-Rechner durchaus empfehlenswert, während die Anforderungen ansonsten noch mäßig ausgefallen sind.
Nachschlagewerk für Einsteiger
Angesichts der überwiegend positiven Aspekte des Spiels steht dem Bahnvergnügen also nichts mehr im Wege und gerade Einsteigern wird der Einstieg auch in schriftlicher Form sehr erleichtert. In einer Zeit, in der gedruckte Anleitungen fast schon der Vergangenheit angehören und wir oftmals bestenfalls ein kleines Inlay-Blatt vorfinden, ist es schon sehr erfreulich, eine umfangreiche gedruckte Anleitung in der Hülle zu entdecken, die uns bei der Inbetriebnahme unserer ersten Lokomotive schnell zur Hilfe ist. Doch gerade die zusätzlich beiliegenden Signalübersichten und Tastenbelegungstafeln werden selbst dem erfahrenen Lokführer noch nützlich sein, wenn wir es auf fremden ausländischen Strecken erst einmal mit komplexen Signalanlagen zu tun bekommen. Doch auch hier wurde, wie man sieht, auf viele Details geachtet, sodass ein möglichst realistisches Fahrvergnügen ermöglicht wurde. Da fehlt uns nur noch die Umsetzung des „Wupper Express“ von Graphics 15, die zu Microsoft Train Simulator-Zeiten das wohl umfangreichste Strecken-Addon darstellte.
Fazit:
Nach zahlreichen Verbesserungen seit der ersten Version ist „Railworks 3“ nun zum aktuell besten und modernsten Zugsimulator geworden und kann auch optisch so manche Konkurrenz abhängen.