Kritik:
Liest man das Wort „Lego“ im Titel eines Videospiels, so würden vermutlich die meisten Eltern davon ausgehen, dass es sich um ein Spiel für Kinder handeln muss. Eine Altersfreigabe ab 12 Jahren wirkt dabei oftmals eher verwunderlich, noch mehr allerdings, dass wohl überwiegend Jugendliche und Erwachsene eine Vorliebe für diese Spiele haben. Schlüpft so manch einer auf Veranstaltungen gern einmal in sein Cosplay-Kostüm, hat es für ihn einen besonderen Reiz, auch auf dem heimischen Bildschirm einmal in seine geliebte Rolle zu schlüpfen. Dazu haben wir schließlich nun alle Möglichkeiten, denn Warner Bros. Interactive liefert uns praktisch das gesamte Marvel-Universum in einem einzigen Videospiel – und packt sie noch dazu in eine frei begehbare Open World-Stadt aus Legosteinen. Das klingt nach einem Spiel, bei dem sich Erwachsene gern einmal wieder wie Kinder fühlen dürfen.
Vereinte Superhelden
Bereits an dieser Stelle hält der Umfang des Spiels tatsächlich, was er verspricht. Unter den zahlreichen, abwechselnd spielbaren Superhelden finden sich nämlich tatsächlich viele Figuren aus dem Marvel-Universum. Da treffen wir bei den fantastischen Vier nur allzu gern auf Mr. Fantastic, Das Ding oder auch die menschliche Fackel, während wir andererseits ebenso auf Captain America, Iron Man, Hulk und viele andere Helden treffen dürften – jeder einzelne davon ist spielbar versteht sich. Mit unterschiedlichen Kräften und einem gelungene Koop-Teamplay bietet sich somit schließlich viel Abwechslung bei der Nutzung der Figuren. Ob die Kontrolle des Feuers, das Schwingen an Spinnennetze, die Anwendung von Telekinse oder viele andere Fähigkeiten – es macht doch immer wieder Spaß, diese auch tatsächlich zu nutzen. Und das werden wir auch zwangsweise tun müssen, denn andernfalls kommen wir in „Lego Marvel Super Heroes“ schlicht und ergreifend nicht allzu weit.
Einladung für den Freund
Interessant ist dabei die Tatsache, dass man auch auf dem Computer offensichtlich die Konsolenversion mehr oder weniger identisch übernommen hat. Das kann gewisse Nachteile haben – etwa hinsichtlich der grafischen Qualität, bietet aber mitunter auch seine Vorteile. Erst einmal zwei Controller an den heimischen PC angeschlossen, können wir nämlich auch gleich zu zweit via Splitscreen in den Kampf gegen die Superschurken ziehen. Das gibt es heutzutage doch eher selten, sind die meisten Multiplayer-Modi doch auf eine Internetverbindung angewiesen. Nun kann man sich gemütlich auf die Wohnzimmercouch setzen und gemeinsam sprichwörtlich in die Tasten hauen. Und selbst wenn wir allein spielen müssen: Da wir grundsätzlich mit zwei bis vier Figuren unterwegs sind und per Knopfdruck jederzeit den Charakter wechseln können, müssen wir oftmals gut überlegen, welche Fähigkeiten wir nun wirklich einsetzen.
Schalter über Schalter
Leider sind die lediglich fünfzehn vorhandenen Story-Missionen allerdings allesamt nach dem gleichen Muster aufgebaut. Auf der frei begehbaren Karte müssen wir zunächst den Einsatzort ausfindig machen, anschließend in das jeweilige Gebäude oder Objekt eindringen und fortan den Bösewicht verfolgen. Der will uns nämlich immer wieder Hindernisse in den Weg räumen, die wir mit Geschick und ein bisschen Grips aus dem Weg schaffen. Im Endeffekt sieht das so aus, dass wir die verschiedenen Fähigkeiten unserer Figuren zum Betätigen von Schaltern, Klettern über Hindernisse oder Bauen von Lego-Objekten verwenden müssen. Da die jeweiligen Möglichkeiten oft versteckt sind und die Hinweise vor allem zu Beginn schon einmal leicht verwirren können, ist das auch nicht immer ganz so einfach und wir müssen nach diversen Lösungsmöglichkeiten auch einmal selbst suchen. Damit hat das Spiel immerhin einen gewissen Reiz für Spieler, die gern mal ein wenig rätseln wollen.
Lego Tauchgang
Das Leveldesign hätte unterdessen auch deutlich abwechslungsreicher ausfallen können. Da wir in jedem Level praktisch den gleichen Ablauf wiederfinden, lässt die Motivation zu Beginn doch recht schnell nach, wenn wir immer wieder in langweiligen Gebäuden und Schlauchlevels aus merkwürdiger Kameraperspektive auf gegnerische Figuren und Legosteinchen einprügeln müssen. Erst zum späteren Verlauf – also etwa in der zweiten Hälfte des Spiels – lassen die Entwickler ihrem Einfallsreichtum freien Lauf und bringen frische Ideen in das Spiel ein. Plötzlich müssen wir uns bei einem Tauchgang unter Wasser durchkämpfen, stoßen auf eine Insel mit Dinosauriern und betreten die Welt von Aasgard, in der wir auf den Gott Loki treffen. Diverse Anspielungen auf andere Serien und ganz besonders auf „Doctor Who“ sorgen für zusätzlichen Spaß, wenn etwa eine klingelnde Telefonzelle uns beim Weltraumflug begegnet. Tolle Idee!
Bossgegner, zum Dritten.
Dennoch stellt man recht schnell fest, dass das Spiel nun wirklich nicht für die jüngeren Kinder geeignet ist. Obwohl es sich um ein Videospiel im Lego-Universum handelt, werden wir doch tatsächlich mit nahezu ununterbrochener Dauergewalt konfrontiert. In den Missionen müssen wir praktisch pausenlos auf Lego-Steine einprügeln, verkloppen andere massenhaft auftauchende Gegner und kümmern uns anschließend am Ende einer Mission um den jeweiligen Bösewicht im Bosskampf. Das tun wir tatsächlich in jeder einzelnen der fünfzehn Missionen – ausnahmslos! Das Muster läuft auch hierbei stets gleich ab: Wir müssen gewisse Fähigkeiten nutzen, oder Gegenstände auf den Gegner werfen und können ihn so besiegen. Drei Mal wiederholt und der Feind ist erledigt. Immer drei Mal, nie abweichend. Auf Dauer kann das natürlich ganz schön eintönig werden und durchaus auch frustrieren. Wir müssen gestehen, auf Grund der praktisch immer gleichen Handlung, das Spiel am liebsten vorzeitig beenden zu wollen – haben uns aber für den Test überwunden, „Lego Marvel Super Heroes“ doch bis zum bitteren Ende durchzuspielen.
Wolverine braucht Haargel
Dabei hatten die Macher durchaus einige gelungene Ideen, etwa dann, wenn es um den witzigen und schrägen Humor geht. Da machen die Superhelden doch gerne einmal Witze übereinander und lassen Wolverine – um seine Frisur auf die Schippe zu nehmen – auch einmal Haargel einkaufen. Eine wandelnde Freiheitsstatue und viele andere Kuriositäten lockern das Spielgeschehen außerdem auf. Leider gibt es die meisten witzigen Kommentare und Momente meist nur zwischen den einzelnen Missionen, sodass die dreißig bis sechzig minütigen Level eben trotzdem nicht einmal ein bisschen Witz zwischendurch zu bieten haben. Schade, denn davon hätten wir uns mehr gewünscht, werten sie das Spiel nämlich ungemein auf. Die Tatsache allerdings, dass man die deutsche Synchronisation hoffnungslos verbockt hat, trübt aber auch hier das Spielerlebnis. Sofern man der englischen Sprache mächtig ist, sollte man die Original-Sprachausgabe also unbedingt bevorzugen.
Ungenutze Open World
Nun, da wir den eigentlichen Spielinhalt als ziemlich monoton beschrieben haben, bleibt wohl für viele Spieler die Frage, was man denn nicht vielleicht doch in der offenen Spielwelt so alles treiben kann. Tatsächlich lassen sich viele Missionen erst nach dem erfolgreichen Absolvieren frei betreten und mit verschiedenen Charakteren ausstatten. Wir können also vor den Missionen zunächst nicht einmal entscheiden, mit welchen Superhelden wir diese absolvieren sollen. Wirklich interessant wird der Open World-Part außerdem erst nach Beendigung der Story. Die Hauptmissionen finden schließlich alle in einem abgetrennten Bereich statt und geschehen nicht in der offenen Spielwelt. Das ist schade, denn so bleibt diese letztendlich nutzlos. Alles, was wir dort machen und erleben können, sind mehr oder weniger kleine Minispiele, wie etwa Rennen mit diversen Lego-Fahrzeugen. Lustig allerdings: Wir können die Fahrer der Fahrzeuge ähnlich dem Spiel „Grand Theft Auto“ einfach aus ihren Autos entfernen – allerdings wesentlich weniger brutal.
Wo ist die Maus?
Im Übrigen haben reine Konsolenports manchmal auch noch ganz andere Nachteile. So müssen wir beispielsweise darauf verzichten, die gewohnte Maus in diesem Spiel nutzen zu können. Die wird nämlich überhaupt nicht unterstützt, nicht einmal im Menü des Spiels. Deshalb können und sollten wir also wahlweise mit einer Tastatur oder einem Gamepad vorlieb nehmen. Tatsächlich empfehlen wir auf Grund der Konsolensteuerung aber tatsächlich ein Gamepad, da der vorhandene Analogstick in gewissen Situationen schon für mehr Bequemlichkeit bei der Bedienung sorgt. Gamepads wiederum funktionieren allerdings einwandfrei und werden auch dann noch problemlos erkannt, wenn man sie erst nach dem Start des Spiels einsteckt. Immerhin! Trotzdem hätten wir von einer Umsetzung für den Computer doch mehr erwartet, ist das bequeme Umsehen mit der Maus schließlich so nicht mehr möglich.
NextGen verschlafen
Nebenbei kann man sich unterdessen kaum vorstellen, dass „Lego Marvel Super Heroes“ tatsächlich auch für die neuen aktuellen Konsolen erschienen ist. Die Grafik ist schließlich bereits seit mehreren Spielen so veraltet, dass diese definitiv nicht mehr hübsch anzusehen ist. Einen Vorteil hat es wohl: Auch auf schwächeren Rechnern läuft das Spiel somit absolut flüssig und einwandfrei. Trotzdem hätten wir uns mehr Details, bessere Texturen und generell wesentlich mehr Einstellmöglichkeiten bei der Grafik gewünscht. Denn schön ist das Game definitiv nicht und auch an Effekten mangelt es doch enorm. Letztendlich kann man die Optik aber immerhin noch als zweckmäßig bezeichnen, Lego-Steine sind eben nun einmal nicht so toll anzusehen. Es wäre aber doch schön gewesen, wenn das Spiel immerhin an dieser Stelle hätte überzeugen können.
Spider Bug
Aus technischer Sicht kann „Lego Marvel Super Heroes“ auf dem PC außerdem ebenso nicht gänzlich überzeugen. Hier sind wir doch immer wieder diversen Bugs begegnet, die den Spielspaß doch ein wenig trüben. Insbesondere so mancher Clippingfehler, der uns einmal dazu zwang, den letzten Checkpoint erneut zu laden, störte doch enorm. Denn wenn Wolverine plötzlich in einem Dach feststeckt, sieht das zwar albern aus, geht dem Spieler aber gleichzeitig mächtig auf die Nerven. Ebenso mussten wir oftmals feststellen, dass unsere Figuren aus bestimmten Zonen nicht mehr heraus kamen, wenn sie mitunter einmal über den Rand eines Weges hinab gefallen sind. Da steckte schon so mancher irgendwo fest und kam erst durch Wechseln des Charakters wieder frei – denn sobald wir den Charakter wechseln, werden die anderen von der KI übernommen und die hatte es offensichtlich wohl einfacher bei der Wegfindung. Dass wir außerdem nach einer Mission nicht direkt ins Menü zurückkehren konnten, sondern die nächste Videosequenz zunächst zwingend ansehen mussten, hat uns ebenso etwas gestört. Schließlich will man ja meist nach einer vollständigen Mission eine Pause einlegen. All diese Fehler waren allerdings letztendlich nicht so dramatisch, dass sie eine Abwertung rechtfertigen würden.
Fazit:
Mit umfangreichem Superhelden-Aufgebot, witzigen Kommentaren und diversen Anspielungen auf erfolgreiche Serien kann „Lego Marvel Super Heroes“ zwar auf den ersten Blick überzeugen, sorgt aber mit innovationslosem Leveldesign und extrem eintönigem Gameplay schnell für Frustration und Langeweile.