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  • Folkerdey Festival: Die internationale Vielfalt des Folk in Ratingen
    18. Juni 2024 | 16:19

    Irgendwo mitten im Grünen, ein bisschen abgelegen von der Haltestelle Felderhof, findet sich das Eisenzeitliche Gehöft, das zur Erforschung der vorrömischen Eisenzeit dient. Einmal im Jahr, wenn die Felder grün und das Wetter zumeist schön sommerlich ist, kommen hier die internationalen Stars der Folk-Szene zusammen. Das eintägige Folkerdey Festival fand am 8. Juni 2024 wieder dort statt und bot auf gleich zwei Bühnen ein umfangreiches Programm, das die Vielfalt der Folkmusic präsentierte. Das ist für manche Ohren zunächst ein wenig ungewohnt: Die Musik des Folk muss hier nicht unbedingt der allseits bekannte Irish Folk sein und auch jene Folkmusic, die wir von Mittelalterfesten und Fantasy-Festivals kennen, gehört auf dem Folkerdey nicht unbedingt zum Programm. Man könnte das Folkerdey in seiner einzigartigen grünen Location auch als ein Festival der Weltmusik bezeichnen, auf dem nahezu alles seinen Platz hat, was handgemacht ist und problemlos auch unplugged gespielt werden könnte.

    Baskery auf dem Folkerdey
    Banjo Punk: Baskery aus Schweden spielen Punk mit Banjo, Kontrabass und Gitarre

    Das reicht dann von lokalen Bands bis hin zu Musikern aus der ganzen Welt, die hier ihre kreativen Stücke präsentieren. Tanzbar wurde es dabei allerdings schon am frühen Nachmittag: Die Berliner Band Rabajah ließ das Tanzbein des Publikums schwingen und präsentierte mit Dancehall ein Genre, das man vielleicht nicht immer so ganz mit Folk in Verbindung bringen möchte. Musikalisch klingt das dann ein bisschen wie eine Mischung aus Seeed und Jamaram, vielleicht ein bisschen rhythmischer, weniger poppig. Und vielleicht gelang es ihnen auch, das Feeling in der Bevölkerung einzufangen, das die jüngste Cannabis-Legalisierung mit sich brachte – denn manchmal geht es, typisch für Raggae und Dancehall, auch um das grüne Kraut.

    Familienfreundlich ist das Folkerdey Festival dennoch und das vielleicht sogar in weitaus größerem Umfang, als bei anderen Events: Eine Altersbeschränkung für den Besuch gab es nicht, was viele Familien dazu veranlasste, gleich mit mehreren Generationen anzureisen und auch die jüngsten Kinder mit nach Ratingen zu nehmen. Der Anblick, den Besucher hier vorfinden, ist sowieso für ein Festival einzigartig: Mitgebracht werden Picknick-Decken und Klappstühle, um es sich direkt vor der Bühne mit Paella und leckeren Snacks vom spanischen Stand gemütlich zu machen. Eine kleine Taschenkontrolle vorausgesetzt, können Familien auf dieses Festival nahezu alles außer Speisen und Getränke mitbringen, was das Folkerdey zu einem einzigartigen Picknick-Festival macht. Schon damit entfaltet das Event seine ganz eigene Atmosphäre.

    David Lübke Trio auf dem Folkerdey
    Raum für ernste Texte: Das David Lübke Trio erzählte in ihren Songs vom Zweiten Weltkrieg

    Unterdessen war auf der kleineren zweiten Bühne auch Raum für ernsthaftere Texte: Das David Lübke Trio etwa zog es vor, politische Statements lieber indirekt in seinen Texten zu verarbeiten. Neben ein paar fröhlicheren Folksongs, handelten viele Stücke auch vom Leben im zweiten Weltkrieg, vom Widerstandskampf und andere nachdenkliche Ereignisse in der Geschichte. Das ist nicht unbedingt immer tanzbar, aber auch für Ernsthaftigkeit, Emotionen und Texte zum Nachdenken hat das Publikum des Folkerdey einiges übrig. Und doch wirkten die immer wieder aufkommenden Wahl-Aufforderungen am Tag vor der Europawahl mitunter etwas nervig und deplatziert, kamen doch die meisten Besucher für musikalische Unterhaltung, statt politischer Äußerungen. Nun, sei es drum: Gefeiert wurde trotzdem und das mitunter bis spät in die Nacht. David Lübke blieb nach Mitternacht sogar für eine Unplugged Session am Lagerfeuer bei seinen Fans. Das ist echte Publikumsnähe – statt überteuerter Meet & Greet-Tickets.

    Viel tanzbarer dann schon eher bei Tribubu, die schon im vergangenen Jahr das Publikum des Folkerdey begeisterten und wohl deshalb – zurecht – erneut gebucht wurden. Hier kommt die wahre internationale Vielfalt zusammen, denn bei dem Weltmusik-Quartett kommt jedes Bandmitglied aus einer anderen Region der Welt. Ein Ballafon-Spieler von der Elfenbeinküste, ein Trommler aus Spanien, ein Gitarrist und Sänger aus Groß-Britannien und ein Bassist aus Spanien – das ist die internationale Zusammensetzung von “Tribubu”. Und genau so klingt dann auch ihr Sound: Rumba, Folk, Blues, African Beat. Hier wird irgendwie alles ein bisschen vereint, um damit völlig neue Musik zu erschaffen. Spannend.

    Tribubu auf dem Folkerdey
    Exotische Instrumente: Das Weltmusik-Quartett Tribubu brachte ein Ballafon von der Elfenbeinküste mit

    Ohnehin eignet sich das Folkerdey in jedem Jahr dafür, völlig neue Musikgenres kennenzulernen. Habt ihr schon einmal etwas von Banjo Punk gehört? Also Punk, der tatsächlich mit einem Banjo, einem Kontrabass und einer Gitarre gespielt wird. Geht nicht, dachtet ihr? Dann hätten euch die drei schwedischen Schwestern von Baskery wohl sehr schnell eines Besseren belehrt. Obwohl aus Schweden stammend, klingt ihr Sound deutlich amerikanischer und erinnert sogar einen Hauch an den bekannten Bluegrass, allerdings erheblich fetziger und flotter gespielt. Selbst wer eigentlich gar nicht so sehr auf Punkrock steht, wird spätestens nach Baskery wohl auch zum Punk-Fan geworden sein. Bei einem solchen Line Up ist es dann wenig verwunderlich, dass das Folkerdey Festival im kommenden Jahr eine Fortsetzung erhält.

    Fotos: Rene Daners