Kurz nach 19 Uhr wagte Johannes Epremian dann auch als erster Künstler ein echtes Experiment: Ein Solo-Künstler nur mit einer einzigen Geige “bewaffnet”, sollte für Stimmung beim Publikum in der Harmonie Bonn sorgen. Ganz in der Tradition so manches amerikanischen Country-Musikers, der vor vielen Jahrzehnten mit einer Geige für Tanzmusik sorgte. Gewöhnungsbedürftig mochte das für manche Ohren sein, wenn Epremian einen ziemlich minimalistischen Sound spielte – mit Geige, Gesang und seinen Füßen. Und so schwierig es sein mag, gleichzeitig zu singen und Geige zu spielen, wie Kollegin Sabrina Palm doch gleich danach anerkennend feststellte, so fasziniert war das Publikum zugleich davon, dass ein dermaßen minimalistischer Auftritt dann doch ziemlich gut und auch rhythmisch anspruchsvoll funktionieren kann.
Gleich im Anschluss dann die erste Steigerung: Zur Geige sollte sich auch noch eine Gitarre gesellen. Und so gab es beim zweiten Konzertauftritt des Abends dann auch gleich ein paar vertrautere Töne: Sabrina Palm und Steven Crawford spielten “Fresh Folk from Scotland”. Einen typischen Sound, den das Publikum vor allem vom klassischen Irish Folk kennt – nur dieses Mal eben mit schottischen Liedern. Während Sabrina Palm ihre Fähigkeiten als Geigerin unter Beweis stellen konnte und dabei auch von manchem ihrer eigenen Schüler kritisch beäugt wurde, zeigte Steven Crawford sein wahres Gesangstalent. Hatte er auf der Tour mit der Band “Le Clou”, in der er gemeinsam mit Johannes Epremian spielt, sonst kaum die Gelegenheit selbst zu singen, überzeugte er das Publikum mit einer harmonischen Gesangsstimme. Bekannte Folk-Songs wie “Accross the Western Ocean” durften da natürlich nicht fehlen.
Das Beste dann natürlich zum Schluss: Die “Bashed Potatoes” bzw. die Band vom Kölner Geiger Joon Laukamp trat mit einem waschechten Bluegrass-Set auf – und darauf hatten die Besucher des Fiddle Festival offenbar am meisten gewartet. Als 5-köpfige Band im üblichen Bluegrass-Setting auch hier noch einmal eine weitere “Geigen-Steigerung”: Die Bashed Potatoes traten nicht nur mit Gitarre, Kontrabass und Banjo auf, sondern hatten sogar gleich zwei Geigen auf einmal im Gepäck. Bei der nun deutlich flotteren und tanzbareren Musik wurde die Band sogar immer wieder von begeisterten Fans mit Country-typischen “Jihaa”-Rufen motiviert und schnell kam ein Feeling auf, das man sonst eher aus alten Westernfilmen kennt, in denen Countrybands die Zuschauer begeistern. Dass Bluegrass bis heute eine der wichtigsten Stilrichtungen des amerikanischen Country ist, wurde hier mehr als deutlich klar und zugleich schloss das Fiddle Festival damit eine Lücke, die es auf deutschen Bühnen eher selten zu hören gibt.
Dass die “Welt der Musik” ziemlich klein ist, wie Joon Laukamp zum Ende des Abends hin feststellen musste, wurde dann auch klar, als echte Musikerfreundschaften auf der Bühne entstanden: Um das Fiddle Festival perfekt abzuschließen, gesellten sich für die letzten beiden Songs schließlich auch Johannes Epremian und Sabrina Palm zu den Bashed Potatoes dazu, um nochmal gemeinsam zu spielen. Das ergab dann die Perfektion in Sachen Geigenspiel: Gleich vier Geigen gleichzeitig unterstützten die Songs und machten eindrucksvoll klar, dass auch das ein hervorragendes Zusammenspiel ergeben kann. “Einmal geprobt und schon sitzt das” – so ist das eben bei Profimusikern.