Kritik:
Die meisten deutschen Spieler haben es vermutlich eher auf heimische Strecken abgesehen, auf denen sie ihre Heimatorte wiedererkennen können, gewohnte Bahnen der Deutschen Bahn selbst steuern dürfen oder sich in der Rolle eines deutschen Lokführers fühlen können. Manchmal lohnt es sich allerdings, auch einen Blick über den Horizont hinaus zu werfen, denn auch amerikanische Routen können im „Train Simulator 2015“ richtig viel Spaß machen. Während die meisten Strecken dabei über schwieriges Terrain mit kilometerlangen Schienen und hohen Bergen führen und dabei extrem langen Güterzüge zu bieten haben, widmet sich der „Pacific Surfliner“, ganz wie sein Name verspricht, dem amerikanischen Personennahverkehr. Die Doppelstockwagen dürfen dabei also ebenso wenig fehlen, wie die im schicken grau-blau lackierten Diesellokomotiven, die mit ihrer Größe durchaus einen wuchtigen Eindruck machen. Die spektakuläre Streckenführung tut dabei ihr übriges.
Aus dem Weg, Autos!
Während in Deutschland alles seine festen Regeln haben muss und man vor allem auf große Sicherheit viel Wert legt, geht es auf amerikanischen Schienen durchaus etwas wilder zu. Die Strecke des Pacific Surfliner trotz dabei also den verschiedensten Gegebenheiten und führt geradezu querfeldein – alles, was sich ihr in den Weg stellt, muss ausweichen und Rücksicht auf die Eisenbahn nehmen. Das hat mitunter auch zur Folge, dass der Zug quer über eine Kreuzung einer vielbefahrenen Straße fährt und es dabei für Autofahrer eigentlich zu brenzligen Situationen kommen würde, hätte man entsprechende Kollisionsabfragen für Autos eingebaut. In anderen Ländern wäre eine einzelne Straße schon das Höchste der Gefühle, nicht jedoch für den Pacific Surfliner, der sich originalgetreu an die Strecke von Amtrak hält und dabei auch über alle Bahnhöfe verfügt.
Palmen und Strand
Nicht weniger spektakulär ist dabei die Aussicht auf die amerikanische Ostküste, fährt die Bahn schließlich mehr oder weniger direkt über den Strand. Links die Straße, rechts die Urlauber auf ihren Liegesitzen direkt auf dem weichen Sand – das ist ein durchaus nicht seltener Anblick beim Befahren dieser Strecke. Noch interessanter wird es allerdings, wenn es uns an den liebevollen kleinen wohlhabenden Siedlungen vorbeiführt, wo die meist zweigleisige Eisenbahnstrecke von einem weißen Zaun geschützt wird und dank der hübschen Palmen häufig den Eindruck macht, es handele sich nicht um eine Schiene, sondern um eine Palmenallee. Einen solchen Ausblick bekommt man nur selten – und entspricht, wie man den Informationen auf der Amtrak-Webseite entnehmen kann, ebenfalls der Realität. Optische Abwechslung ist also jederzeit geboten und vor allem Freunde des Passagierverkehrs kommen auch auf dieser amerikanischen Strecke einmal auf ihre Kosten.
Industrie der Großstadt
Mit einem hohen Detailgrad überzeugen allerdings auch die beiden großen Metropolen Los Angeles und San Diego, die vor allem mit einem interessanten und ungeschönten Blick punkten können. Denn während unmittelbar am Hauptbahnhof der Städte die Wolkenkratzer nahezu nebeneinander stehen, so gibt es in Downtown der beiden Städte einen detaillierten Blick auf die Industriegebiete der Stadt, die mit ihren trockenen Kanälen, Kraftwerken und Betonbauten einen realistisches Amerika-Feeling geben. Da fühlt man sich ein bisschen, wie in den alten 80er Jahre Filme, in denen auch die dreckigen Seiten der Städte ein wenig mehr gezeigt werden. Der Kontrast aus Palmen und Industrie sorgt somit für interessante Schauwerke. Und das, zumal nichts auf der Strecke aus der Retorte stammt: Die Bahnhöfe, darunter auch San Juan Capistrano sind allesamt einzigartig und individuell erstellt und überzeugen dabei mit ihrem ungewöhnlichen Look.
Möglichkeiten zur Weiterentwicklung
Freunde des Güterverkehrs sollten unterdessen unbedingt das Add-On „ES44DC BNSF“ unbedingt im Bundle dazu kaufen, denn die eigentliche Route „Pacific Surfliner“ bietet leider keinerlei Szenarien mit Güteraufgaben. Da ausschließlich eine einzelne für Passagierverkehr ausgelegte Lokomotive auf der Route vorhanden ist und die BNSF-Lok für die entsprechende Kraft bei Frachttransporten sorgt, dient diese nur vier Euro teure Zusatzlok als passende Erweiterung für Güterfans. Darin sind dann nämlich immerhin zwei Karriereszenarien enthalten, bei denen wir sowohl eine Rangieraufgabe erledigen, als auch eine schwierigere Herausforderung mit Dreifach-Traktion und extrem schwerer Fracht, die natürlich den steilen Miramar Hill hinauf transportiert werden will. Obwohl das nun nach wenig klingt und zumindest bei den Passagierszenarien für etwas wenig Abwechslung beim Gegenverkehr sorgt, so muss man aber dennoch keine Sorge haben: Die umfangreichen Umschlag- und Güterbahnhöfe mit ausgeklügeltem Schienennetz sorgen für genügend Erweiterungsmöglichkeiten und bieten Hobby-Entwicklern die Gelegenheit, eigene Güterszenarien für die Community zu schreiben. „Pacific Surfliner“ dürfte damit also sicherlich noch wachsen.
Umfangreicher Spielspaß
Insgesamt würde man knapp drei Stunden benötigen, um die gesamte etwa 128 Meilen umfassende Route komplett von Anfang bis Ende einmal zu durchfahren. Passenderweise wird dafür auch ein Karriereszenario mitgeliefert, das uns mit einem Passagierzug einmal komplett von Los Angeles nach San Diego schickt. Damit es allerdings nicht zu zäh im Führerhaus der Lok wird, wurde dieses Szenario in drei Hälften von jeweils knapp einer Stunde unterteilt – auch mit etwas weniger Zeit kann man dieses also hervorragend durchfahren. Ein paar Zwischenstops wegen Gegenverkehr und häufiges Feedback von der Leitzentrale sorgen dabei für lebendige Szenarios. Dennoch ist das Doppelszenario „Hol den Regenschirm raus“, bei dem man einem tropischen Sturm trotzen muss, eines der aufregendsten, sorgen hier schließlich Umleitungen, technische Störungen und schwierige Wetterbedingungen für Überraschungen und Herausforderungen. Abwechslung ist also gegeben und bietet – die ES44DC-Lok mitgerechnet – etwa acht bis neun Stunden Spielspaß, ohne ein Szenario doppelt zu fahren. Einziges Manko bleibt an dieser Stelle, dass der Straßenverkehr stellenweise vor allem auf Highways unrealistisch niedrig erscheint – damit kann man allerdings sicherlich leben.
Fazit:
Für Freunde des amerikanischen Personenverkehrs auf der Schiene bietet sich hier eine abwechslungsreiche Route für den „Train Simulator“, die stark von den gewohnten europäischen Strecken abweicht und dabei mit einer detaillierten Industrie- und Palmenlandschaft überzeugt. Ein realistisches Amerika-Feeling.