Exklusive Schifffahrt mit dem Oomph!-Sänger
Bereits am Donnerstag, noch bevor der erste offizielle Festivaltag startete, wartete bereits ein Schiff der weißen Flotte Mülheim auf seine exklusiven Gäste. Knapp 100 Besucher nehmen jedes Jahr an dem Warm Up-Event teil, bei dem sie das Schiff kurzerhand zur “schwarzen Flotte” umtaufen und entsprechend düster dekorieren. Für mehr Teilnehmer ist auf dem kleinen Schiff gar keinen Platz – und das macht die Vorab-Veranstaltung zu einem besonderen Highlight. Auf dem Schiff trafen die Fans nämlich auch auf einen exklusiven Stargast: Daniel Schulz, einst Sänger der Gothic Rock-Band “Unzucht” und seit einiger Zeit der neue Frontmann von Oomph! gab eines seiner wenigen außergewöhnlichen Akustik-Konzerte an Bord. So nah kommt man dem Sänger, der sich sonst auch mal ein Meet & Greet bezahlen lässt, nur überaus selten. Und zugleich war das auch die Gelegenheit, den ein oder anderen Song zu spielen, den man von ihm doch eher selten zu hören bekommt. Ein Konzert ganz nach Lust und Laune – bei dem das Bierchen mit den Fans an Bord natürlich auch dazu gehört.
Ein Roboter als Drummer: R.O.B. ist festes Mitglied der Band “Maschinist”
Circle Pits auch für zierlichere Besucher/-innen
Für die restlichen fast 3000 Besucher ging es am Freitag Nachmittag dann am Schloss Broich, gar nicht so weit weg vom Wasserbahnhof, erst so richtig los. Mit einem Gitarrengewitter und Frauenpower an der Front eröffneten Dawn of Destiny eindrucksvoll das Castle Rock Festival und machten schon einmal deutlich, welcher Härtegrad auf dem Event zu erwarten ist. Der ein oder andere Circle Pit natürlich inklusive, denn den gab es bereits bei der zweiten Band: Wenn Vanaheim mit ihrem Pagan Metal an den Start gehen, lockt das für gewöhnlich nämlich vor allem jüngeres Publikum an. Während sich hier selbst zierliche Besucher und Besucherinnen in den Circle Pit wagen, möchte so schnell keiner mehr sagen, die Metalszene werde immer älter.
Sogar die Römer zogen nach Mülheim
Bereits am ersten Tag bewies das Castle Rock Festival ein gutes Gespür für die Trends der Szene und hatte etwa mit Soulbound eine der aktuell am schnellsten aufsteigenden Bands der schwarzen Szene auf der Bühne. Schaut man sich die Häufigkeit von “Soulbound”-Hoodies auf anderen Events an, wird schnell klar, dass wir die Bielefelder Metalband rund um Johannes Stecker zunehmend auf den großen Festivals sehen werden – sogar inzwischen bis nach Wacken. Direkt danach blieb es bei harten Gitarren mit Bands, die in der Szene längst keine Unbekannten mehr sind: Während Ost+Front ein bisschen nach Rammstein klingen und seit je her mit ihrer blutigen selbstironischen Show begeistern, kamen mit Warkings kurzerhand die Römer auf die Bühne und warfen die Flammenwerfer an. Ganz schön eingeheizt – und das schon am ersten, deutlich kürzeren Festivaltag.
Die ausgefallensten Outfits gab es bei “Circus Bizarre”
Metal-Zirkus und ein Roboter als Drummer
Am zweiten Festival-Tag sah das Line-Up nicht weniger spektakulär aus: Mit einem Start um 12 Uhr Mittag begann der Tag schon deutlich früher und präsentierte sogleich die ausgefallensten Outfits und Bühnenauftritte. Bei Circus Bizarre etwa war der Name Programm und die Band entführte uns mit ihren gitarrenlastigen Geschichten in eine fantasievoller Welt voller mysteriöser Abenteuer – verpackt in einem farbenfrohen Erscheinungsbild, das ein wenig an den “Riddler” aus den Batman-Filmen erinnert. Jedes Konzert folgt einem Konzept, einer in sich schlüssigen Geschichte. Nicht mindert außergewöhnlich gleich danach Maschinist, die musikalisch der Neuen Deutschen Härte zuzuordnen sind. Ihre Besonderheit, die es so bei keiner anderen Band gibt: Der Drummer ist ein beweglicher Roboter, der ziemlich exakt im Takt auf die Trommeln hämmert. So ein “Mechanical Drummer” ist mutig, wie einzigartig zugleich. Genauso aber auch ihre Songs wie “Genderwahn” und “Ein Herz für Kinder”, die man sicherlich als kontrovers betrachten kann.
Ein Fest für Anhänger der “LDMV Army”
Dagegen klingen dann Bands wie Lacrimas Profundere oder Mission in Black fast schon ein bisschen wie rockiger Mainstream. Vor allem ersteren gelingt es auf dem Castle Rock Festival jedoch alle paar Jahre erneut, eine große Fanbase hinter sich zu versammeln. Vor allem weibliche Fans kennen den Sänger Julian Larre schließlich bereits von seiner anderen Band “Lessdmv” und sehen sich als Teil des dazugehörigen Fanclubs “LDMV Army”. Dass die jungen Frauen da natürlich in der ersten Reihe stehen, bei der Larre doch glatt mal auf die Absperrung des Bühnengrabens springt, um seinen Fans besonders nahe zu sein, versteht sich schließlich von selbst. Und manche davon darf dann sogar mal kurz mit auf die Bühne.
Von Electro zum Rock: Aesthetic Perfection spielten zum ersten Mal auf einem Metal-Festival
Vom Electro zum Rock
Etwas aus der Reihe tanzt da lediglich Daniel Graves mit seiner Band Aesthetic Perfection. Noch vor wenigen Jahren war die Band vor allem Electro-Act bekannt und vorwiegend im Aggrotech und Futurepop-Bereich angesiedelt – dem elektronischen Teil der schwarzen Szene. Inzwischen ist die Musik deutlich rockiger geworden, Gitarre und Schlagzeug natürlich inklusive. Für Daniel Graves eine Premiere: Nach zahlreichen Gothic-Festivals spielten Aesthetic Perfection beim Castle Rock Festival ihr allererstes reines Metal-Festival. Selbst nach einer Support-Tour mit Till Lindemann immer noch ein gewagtes Experiment. Graves nimmt sich unterdessen selbst nicht allzu ernst: Seinen als “Summer Goth” bezeichneten, kontroversen Modestil zieht er auch beim Castle Rock konsequent durch.
Orchestraler Symphonic Metal mit Leaves Eyes
Ein wenig “traditioneller” dann bei den restlichen Bands. Mit neongrünen Farbtupfern, die etwas an radioaktive Strahlung erinnern, gab es von Motel Transylvania einen ganz klassischen Mix aus Industrial Metal und Neuer Deutscher Härte. Obwohl die Band gar nicht so deutsch war: Extra aus Italien waren sie angereist, um die Besucher mit ihrem Sound zu begeistern. Das gelang ihnen mindestens genauso gut, wie Leaves’ Eyes, die gleich zwei Sänger zu bieten hatten: Mit Sängerin Elina Siirala und Co-Sänger Alexander Krull bot sich dort ein beeindruckendes Symphonic Metal-Duo mit aufregenden Stimmen. Regelrecht orchestral klang dabei das Gitarrengewitter, das die 5-köpfige Band auf das Publikum abfeuerte. Bevor das Event dann Katatonia aus Schweden ihren Abschluss fand. Dass es hier noch ein bisschen härter wird, wurde bereits beim Umbau klar: Eine komplette Wand aus Marshall-Verstärkern wurde da aufgebaut, um die Gitarren noch heftiger klingen zu lassen. So muss das beim Doom Metal – ist doch klar.
Frauenpower an der Front: “Leaves Eyes” mit orchestralem Symphonic Metal
Erstes Line Up für 2026:
Für das kommende Jahr hat das Castle Rock Festival unterdessen bereits neue Bands angekündigt. Am 3. und 4. Juli 2026 geht es dann wieder am Schloss Broich in Mülheim an der Ruhr in die nächste Runde. Auch hier zeigt sich ein Gespür für einen Mix aus aufstrebenden Bands und bekannten Acts: Mit All for Metal und Nachtblut hat das Event jene Bands am Start, deren Beliebtheit aktuell immer weiter steigt. Tanzwut und Crematory verstärken unterdessen das Line Up als “alte Hasen” und bekannte Top-Acts, während mit Sagenbringer auch die Freunde des Pagan-Metal und des Mets (den es natürlich auch im Ausschank gibt) wieder auf ihre Kosten kommen. Der Vorverkauf für das Festival startet in Kürze unter muelheim-ruhr.de.
Fotos: Rene Daners