Kritik:
Das Science-Fiction-Genre hat offenbar längst wieder seine Bestzeiten erreicht und dass das Überleben in einer zerstörten Raumstation überaus spannend sein kann, haben wir bereits im Hollywood-Blockbuster „Gravity“ gesehen, bei dem Sandra Bullock in der Stille des Weltraums um ihr Überleben kämpfen muss.
Survival im All
An einem solchen Szenario orientiert sich nun auch das First Person Survival Game „Adr1ft“, bei dem wir ebenfalls in der Rolle einer weiblichen Astronautin ganz auf uns allein gestellt in der Station überleben und den Weg zurück zur Erde finden müssen. Außergewöhnlich ist dabei, dass man das Spiel durchweg auch als eine Art „Kammerspiel“ bezeichnen kann, denn auf andere Protagonisten verzichtet man dabei vollständig. Wir sollen zu jeder Zeit das Gefühl haben, völlig aussichtslos und allein in der Schwerelosigkeit zu schweben und niemanden im Rücken zu haben, der uns im Ernstfall einmal helfen kann. Man darf sich dies auf einer VR-Brille sicherlich überaus faszinierend vorstellen, getestet haben wir das Spiel allerdings mangels entsprechender Hardware auf einem ganz normalen Bildschirm. Auch hier ist schnell klar: Ein Augenschmaus ist „Adr1ft“ allemal.
Ein kleiner Augenschmaus
Grafisch kann man das Spiel also bedenkenlos zu den Referenztiteln zählen, obwohl die Hardwareanforderungen erstaunlich human sind. Praktisch von Haus aus stellt das Spiel bereits beim ersten Start eine höhere Auflösung ein, als unser Bildschirm nativ unterstützt, um das Supersampling des Spiels zu aktivieren, sofern es die Hardware zulässt. Auf einer Grafikkarte der aktuellen Generation wäre es sogar ohne weiteres möglich gewesen, das Supersampling auf die maximale 4K-Auflösung zu stellen, ohne dass wir Ruckeln hätten bemerken können, allerdings wirkt sich die niedrigere Framerate negativ auf die Steuerung aus, welche daraufhin recht träge erscheint. Das Spielen auf nativer Auflösung macht also durchaus Sinn und ist auch nicht wesentlich hässlicher, sofern wir die anderen Einstellungen entsprechend hoch stellen. Dann jedenfalls begeistert die gesamte Raumstation mit einem enorm hohen Detailgrad, bei dem mitunter Außenszenen schon beinahe fotorealistisch erscheinen. Da bleibt am Ende nur die Frage: Hat „Adr1ft“ denn auch mehr zu bieten, als nur hübsche Grafik? Zumindest bei den Vorschaubildern auf Steam mogelt das Spiel jedenfalls nicht: Was wir hier sehen, entspricht tatsächlich der Ingame-Grafik.
Faszinierende Schwerelogiskeit
In jedem Fall ist es allerdings auf den ersten Blick schon einmal faszinierend und innovativ, ein Survival Game in ein solches Setting zu versetzen. Physikalisch kann „Adr1ft“ nämlich zu jeder Zeit bestechen, gelingt es doch zumindest, die Fortbewegung einigermaßen realistisch darzustellen. Damit gehört auch die Orientierung schon zu den schwierigsten und interessantesten Dingen dieses Spiels, denn in der unteren linken Ecke verfügen wir lediglich über eine klassische zweidimensionale Minimap. Ob sich unser Ziel oder andere Objekte oberhalb oder unterhalb von uns befinden, lässt sich so erst einmal nicht erkennen. Nicht selten wundern wir uns darüber, dass unser Zielrichtungspfeil gegen eine Wand zeigt oder wir im Weltraum plötzlich zum falschen Zielpunkt navigiert sind. Lediglich die Stabilisierungsfunktion unseres Anzug hilft uns ein wenig dabei, wenn er uns wieder in eine aufrechte Position versetzt. Liegt das nächste Ziel allerdings oben oder unten, hilft das noch nicht zwangsläufig. Atmosphärisch lohnt sich „Adr1ft“ also auf jeden Fall schon deswegen für Genrefans.
Der Wiederholungseffekt
Schade ist gerade deshalb, dass man spielerisch hier nicht besonders viel zu bieten hat. Im Prinzip ist der Ablauf recht linear vorgegeben und wir machen mehr oder weniger gleich vier Mal dasselbe: Immerhin verfügt die Raumstation Northstar über vier verschiedene Systeme, die wir wieder zum Laufen bekommen müssen. Der Ablauf dabei ist stets derselbe: Wir begeben uns in den Bereich des Systems, reaktivieren dieses, stellen einen Systemkern manuell wieder her und reparieren anschließend dessen Funktionsfähigkeit. Das ist ein, vielleicht auch zwei Mal interessant, sorgt allerdings für einen enormen Abfall der Motivation spätestens beim dritten oder vierten Mal. Immerhin, wie bereits zuvor erwähnt: Auf andere Protagonisten werden wir hier nicht treffen. Ebenso wenig abwechslungsreich ist aber auch der restliche Ablauf, denn auch sonst treten keinerlei unerwarteten Ereignisse auf. Der einzige verbleibende spielerische Aspekt liegt darin, dass wir umher schwebende Erinnerungsstücke und Aufzeichnungen finden können, oder unsere Vergangenheit anhand von E-Mails auf den Computern erkunden. Das ist allerdings auch nicht wirklich spannend, um sich länger damit zu beschäftigen. Ergo kann man bei recht pragmatischer und zielgerichteter Vorgehensweise davon ausgehen, hier nach etwa 3,5 Stunden das Spiel beenden zu können. In dieser Hinsicht ist „Adr1ft“ also dennoch enttäuschend und man könnte das Spiel auch getrost als „Grafik- und Physikblender“ bezeichnen. Immerhin ist aber die technische Seite vollends gelungen.
Fazit:
Das Weltraum-Survival-Game begeistert vor allem mit seiner Grafik, Atmosphäre und Physikengine. Spielerisch bleibt es aber insgesamt kurz und deutlich unterhalb seiner Möglichkeiten.