Kritik:
Eigentlich ist die berühmte Strecke „München – Augsburg“, die im Jahre 1840 von der München-Augsburger Eisenbahn-Gesellschaft errichtet wurde und zu den ältesten und berühmtesten deutschen Strecken gehört, bereits fester Bestandteil der aktuellen Vollversion des Train Simulators. Gerade Besitzer der älteren Version, die lediglich durch ein automatisches Update, die neue 2013er Version erhalten haben, müssen aber zunächst ein knapp dreißig Euro teures Addon kaufen und nachinstallieren, um ebenfalls in den Genuss dieser herausragenden Strecke zu kommen. Enthalten ist dabei die komplette Strecke von München nach Augsburg, sowohl Fern-, als auch Nahverkehrsteil, inklusive der interessanten S-Bahnhöfe in München, zahlreichen Nebenstrecken für den Güterverkehr und den wichtigen Bahnhöfen Pasing und Kissing.
Endstation: München
Gerade im Hinblick auf die originalgetreue Umsetzung der Strecke kann der DLC tatsächlich punkten: Der gesamte Streckenabschnitt ist für viele ortskundige sicherlich gut wiederzuerkennen und vor allem die wichtigsten Bahnhöfe entsprechen ziemlich exakt ihrem realen Vorbild. Da kommen wir schon ins Staunen, wenn wir den riesigen Kopfbahnhof in München betreten und die zahlreichen Details bei Anzeigen und Geschäften, bis hin zur Beleuchtung erkennen. Hier ist klar: Es handelt sich um München Hbf und daran gibt es rein optisch keinen Zweifel. Vergleiche mit Originalaufnahmen machen die Detailverliebtheit deutlich und selbst Werbeschriftzüge wurden unverändert übernommen. Noch spannender wird es dann an den Münchener Bahnhöfen Hackerbrücke und Donnersbergerbrücke, bei denen anliegende Gebäude und selbst die Brückenkonstruktionen sofort wiedererkannt werden können und sogar an der korrekten Position platziert wurden. Diese Qualität setzt sich bis Augsburg Hbf fort, sodass Landschaften gut gelungen sind und auch der Augsburger Bereich einen ähnlichen Wiedererkennungswert vorzuweisen hat. Diesbezüglich haben die Ersteller ganze Arbeit geleistet!
Viele Wege führen nach Augsburg
Überwältigend ist zugleich auch die extrem genaue Gleisführung der Strecke, bei der jede Weiche exakt eingebaut wurde. Bereits vor dem Münchener Hbf, bei dem quasi jedes einzelne Gleis komplex gewechselt werden kann, umfangreiche Signalanlagen jede einzelne Weiche kontrollieren und wohl so mancher Spieler mit einer manuellen Weichenstellung völlig überfordert wären, hauen uns wahrlich vom Hocker. Eine solche Genauigkeit auf kleinstem Raum haben wir selten auf einer Train Simulator-Strecke gesehen. Dementsprechend achtet man natürlich auch genauestens auf die Anzahl der Schienen, denn gemäß dem Original wurden 4-gleisige und 6-gleisige Streckenabschnitte entsprechend beibehalten. Selbst auf Schallschutzwände wurde sehr viel Wert gelegt. Spannend sind hierbei auch Brückenkonstruktionen gelungen, bei denen die Nebenstrecken als Zufuhr für die beiden großen Hauptbahnhöfe dienen und über komplexe Brücken zugeführt werden. Daneben gibt es umfangreiche Güterbahnhöfe und Umschlagplätze mit einem enormen Gleisaufgebot – da ist Spaß also für all jene garantiert, die auf komplexe Streckenführungen wert legen.
Zurück in die Vergangenheit
Nicht ganz so qualitativ sieht es hingegen beim eher mageren und falsch eingesetzten Rollmaterial aus. Kommt es also bei einer S-Bahn dazu, dass wir rote, dem InterRegio ähnelnde Waggons mit je einer Lok an jedem Ende zu sehen bekommen und auf die 423er-Baureihe gänzlich verzichten müssen, nimmt das dem Spiel natürlich ein gutes Stück seiner Originaltreue und Train Simulator-Fans mit einem Wunsch nach möglich zeitgemäßem Realismus werden enttäuscht. Da sieht es dann auch beim KI-Verkehr nicht besser aus, denn auf Doppeldecker-Waggons oder gar Privatbahnen müssen wir ebenso verzichten. Immerhin gibt es allerdings einen glaubwürdigen Güterverkehr, sowie hochqualitativ umgesetzte ICE3-Modelle. Dass man hier allerdings zusätzlich nicht nur mit weißen IC-Waggons, sondern auch mit den alten InterRegio-Waggons rechnen muss, erweckt ein wenig den Eindruck einer Zeitreise in die Vergangenheit. Immerhin setzt die Deutsche Bahn keinerlei InterRegio-Linien mehr ein.
Highspeed-Spaß ohne Herausforderung
Bei dem enthaltenden Aufgabenpaket sieht es darüber hinaus eher mittelmäßig aus. Die großen Stärken kann „München – Augsburg“ vor allem bei den Fernverkehrs-Szenarien auspacken, in denen wir mit hoher Geschwindigkeit und wenigen Halten unterwegs sind. Da macht es so richtig Spaß, den modernen ICE3 über die Highspeed-Trasse zu fahren oder mit einem InterCity an den kleinen Bahnhöfen vorbei zu rasen. Die langsameren Aufgaben mit häufigerem Halt wirken hingegen eher langatmig, da viele der S-Bahnhöfe in zu geringem Abstand anzutreffen sind. Hohe Geschwindigkeit müssen wir dabei dann missen. Insgesamt sind die Aufgaben aber allesamt deutlich zu einfach ausgefallen, denn auf unerwartete Ereignisse und interessante Anzeigen der Signale stoßen wir nur in einer einzelnen Aufgabe. Ansonsten fahren wir größtenteils mit grüner Welle und voller Geschwindigkeit über die Strecke, was den Schwierigkeitsgrad insgesamt deutlich zu niedrig ansetzt. Interessanter ist dann schon eher die einzige Güterverkehr-Aufgabe, bei der wir selbst Waggons an- und abkoppeln, die Richtung ändern und Streckenfreigabe anfragen müssen. Derartige – nicht allzu schwere – Herausforderungen sind aber eben ein Einzelfall. Darüber hinaus gibt es lediglich eine Karriere-Mission mit einem eher langweiligen Start in der Waschanlage – schließlich macht das Fahren eines ICE3 mit knapp 10 km/h nicht gerade viel Spaß. In dieser Hinsicht wäre also Besserung angebracht.
Fazit:
Die berühmte Strecke „München – Augsburg“, die für Upgrade-User nachträglich erworben werden muss, bietet insgesamt durchwachsene Qualitäten: Beim Nachbau der Strecke, den Umgebungsdetails und der Gleisführung zählt sie zu den besten aller erhältlichen Strecken. Schwächen treten hingegen beim Rollmaterial und den zu einfachen Aufgaben auf. Perfekt für virtuelle Lokführer mit einer Vorliebe für hohen Wiedererkennungswert.