SONO mit Hits wie “Keep Control” auf dem E-Tropolis / Foto: Rene Daners
Treffpunkt der Cybergoth
Optisch lässt sich das Publikum dabei von anderen Events der schwarzen Szene zunächst kaum unterscheiden. Ob im schlichten schwarzen Festival-Hoodie oder in aufwändigen ausgefallenen Outfits. Beim E-Tropolis Festival kann seit je her jeder seinen Geschmack ausleben. Eine auffallende Besonderheit fand sich unterdessen vor allem im hinteren Teil der Halle 1 immer wieder: Das E-Tropolis Festival ist nämlich auch ein Szene-Treffpunkt für die Cybergoth-Szene, die ihre schwarzen Outfits mit buntem Raver-Look kombinieren und auch gern “Cyberlox” genannte Plastikhaare tragen. Der Tanz dazu, den sie selbst oftmals “Industrial Dance” nennen und etwas mehr Raum in Anspruch nimmt, wird bevorzugt zu härteren Bands wie Suicide Commando oder [:SITD:] performt.
Das Revival der Todeskunst
Auffallend war in diesem Jahr allerdings auch, dass sich ein vermeintlich neues Genre in der Szene etabliert. Nachdem die sogenannte “Neue Deutsche Todeskunst”, die sich textlich vor allem der Vergänglichkeit widmete, eines Tages verschwand, kehrte sie nun auffallend und im neuen elektronischen Gewand zurück. Bands wie Oberer Totpunkt etwa vermischen eine Art Electro Avantgarde mit dem literarischem Sprechgesang, der von Tod und Verfall handelt. Auch Potochkine setzt bei diesem experimentellen Konzept an, überrascht das Publikum dann aber mit einer Engelsstimme, die Ihresgleichen sucht und die außergewöhnlichen Songtexte auf französisch vorträgt. Auch die aus Berlin stammenden Newcomer NNHMN (ausgesprochen: Nonhuman) platzieren sich in dieser Nische und überzeugen als Paar mit einer weiblichen Gesangsstimme. Die schwarze Szene scheint Gefallen an der neuen Stilrichtung zu finden.
Suicide Commando begeisterte Fans der härteren Klänge / Foto: Rene Daners
Die alten Lieblinge der Szene
Unterdessen begeisterten in der größeren Halle 1 wiederum die “alten Hasen” des elektronischen Goths. Suicide Commando sind mit ihrem harten Aggrotech schon seit 1986 nicht mehr aus der schwarzen Szene wegzudenken. Bei Sono mag man sich hingegen darüber streiten, ob sie denn dunkel genug sind, um als “Goth” durchzugehen – mit ihren Hits wie “Keep Control” begeistern sie die Szene aber genauso wie jeden Techno-Fan. Die schwedischen Urgesteine von Covenant, die im Jahre 2010 sogar den Soundtrack zu “Wir sind die Nacht” produziert haben, gehören ohnehin zu den gefeierten Headlinern des E-Tropolis Festivals. Und zu guter Letzt dürfen dann auch Nitzer Ebb mit ihrem EBM der alten Schule auf keinen Fall fehlen. Obwohl die Band sogar erneut ohne Douglas McCarthy auftreten musste und “Zweitsänger” Bon Harris das Konzert komplett in die Hand nahm, zählte die britische Band klar zu den Highlights des Festials.
Nach fast elf Stunden vollem Programm entließ das E-Tropolis Festival dann um 0:45 Uhr in der Nacht seine Besucher in die Aftershow Party, bei der noch bis in die frühen Morgenstunden zu treibenden elektronischen Beats in der Turbinenhalle Oberhausen gefeiert werden konnte. Währenddessen gab das Event bereits den Termin und erste Bands für das kommende Jahr bekannt: Am 22. März 2025 geht es dann mit Bands wie Hocico, Chrom und Alienare in die nächste Runde. Tickets sind online für 73 Euro erhältlich.
Nitzer Ebb-Sänger Bon Harris meisterte das Headliner-Konzert ohne Kollege Douglas McCarthy / Foto: Rene Daners