Los ging es am Freitag Nachmittag bereits mit voller Wucht dank Bands wie Soulbound, die sich mit ihrem Nu Metal eher der härteren Gangart verschrieben haben. Da mag Frontmann Johannes Stecker vielleicht auf manchen Konzerten etwas dazu neigen, viel über Politik, Psyche und seine eigene Vergangenheit zu sprechen – aber gleichzeitig werden auch ordentliche Gitarrenriffs in die E-Gitarren geschreddert. Als noch vergleichsweise unbekannte Band gelingt es ihnen stets, bereits als Eröffnungsact das Publikum einzuheizen und auf “Betriebstemperatur” zu bringen. Und das passte gut, denn insgesamt war Line Up ohnehin in diesem Jahr etwas härter ausgefallen.
Heldmaschine-Sänger Rene Anlauff mit Megafon
Zu einem beliebten Genre der “schwarzen Szene” gehört schließlich auch die sogenannte Neue Deutsche Härte, wie sie von berühmten Bands wie Rammstein gespielt wird. Während aktuell die Skandale rund um Missbrauchsvorwürfe gegen Till Lindemann allseits präsent sind, hatte das Castle Rock Festival einige spannende, durchaus ähnlich klingende Alternativen am Start: Mit Megaherz kam etwa die ehemalige Band von “Eisbrecher”-Frontmann Alex Wesselsky auf das Festival, die heute mit einem anderen Alex, nämlich Alexander Wohnhaas auf die Bühne gehen. Mit ihren typisch schwarz-weiß geschminkten Gesichtern spielten sie unter anderem Klassiker wie “Miststück”, die heute auch noch auf der Setliste von “Eisbrecher” zu finden sind. Die Fans allerdings vergessen nie: “Megaherz” war der Beginn dieses Erfolgs, der übrigens bereits ein Jahr vor Rammstein gegründet wurde.
Eine etwas andere Geschichte dann beim zweiten “Neue Deutsche Härte”-Act Heldmaschine, der sich da musikalisch anschloss und vom Publikum ausgiebig gefeiert wurde. Die Band um Sänger René Anlauff startete schließlich einst als reine Rammstein-Coverband “Völkerball”. Inzwischen konnten sie aus dem Schatten von Rammstein – und da muss man angesichts der aktuellen Debatte wohl beglückwünschen – aber heraustreten und durch Heldmaschine mit eigenen Songs erfolgreich werden. Ihr besonderes Merkmal: Die Stimme des Frontmanns klingt jener von Till Lindemann in manchen Songs zum Verwechseln ähnlich. Da gibt es dann zwar keine “Feuerzone”, dafür aber ordentlich Gitarrenlärm auf der Bühne. Und der macht verdammt viel Spaß.
Megaherz im typischen Styling
Für Kontrast sorgten dann aber auch Bands wie Warkings, die mit ihrem Power Metal nicht nur ordentlich einheizten, sondern auch noch aufregende Kostüme auf die Bühne brachten. Die Band, die vielleicht ein bisschen an “Powerwolf” erinnert, tritt nämlich komplett in den historischen Kostümen römischer Soldaten zur Zeit Cäsars auf. Da dürfen sich die Bandmitglieder zwar allesamt maskieren, das Bühnenbild aus Templerwappen und dem antiken römischen Hoheitszeichen macht optisch aber schon einiges her. Da schlossen sich dann auch Nachtblut an, die mit ihren beeindruckend gruseligen Outfits und blass geschminkten Gesichtern doch recht explizite, teils nihilistische oder gar menschenverachtende Texte auf der Bühne präsentieren. Doch die schwarze Szene weiß: Provokation gehört im Gothic eben auch ein bisschen dazu – und das Publikum weiß solche Bands daher zu schätzen.
Ein bisschen “harmloser”, dafür aber vor allem auch mit weiblicher Verstärkung, kamen etwa Bands wie Null Positiv daher. Mit ihren schwarz-blau-weißen Rastas ist Frontfrau Elli Berlin auf jeden Fall ein ziemlich auffälliger Hingucker. Musikalisch gab es dann ordentlichen Metal auf die Ohren – und so mancher Zuschauer war dann doch beeindruckt, wie schnell und intensiv die Sängerin zwischen ihrem Klargesang und den überraschend tiefen Growls hin und her wechseln kann. Auch die aufsteigende “Pirate Folk Metal”-Band Storm Seeker hatte mit Fabienne Kirschke an der Drehleiher, die mit ihrer lila Haarfarbe auffiel, überzeugende weibliche Unterstützung an Bord. Zwar noch nicht der große Headliner eines Festivals, aber durch gemeinsame Auftritte etwa mit “Mono Inc” längst keine Unbekannten mehr in der Szene.
Lacrimas Profundere auf Tuchfühlung mit den Fans
Headliner des Festivals, das am Samstag Abend endete, waren dann The 69 Eyes, die mit ihrem Dark Rock und Glam Rock das Publikum begeisterten. Trotz gelegentlichen Regenschauern am Samstag Nachmittag und vereinzelten Bier-Engpässen am Getränkestand hielten die mehr als tausend Besucher des Festivals schließlich bis zum Schluss durch – und das günstigste Vorverkaufskontingent für das kommende Jahr, das die Besucher bereits vor Ort kaufen konnten, war bereits am Sonntag Mittag ausverkauft. Kein Wunder: Im nächsten Jahr sind am 5. und 6. Juli 2024 unter anderem Acts wie Orden Ogan, Gothminister und Unzucht, deren Frontmann nun auch der neue Sänger von “Oomph!” wurde, bereits angekündigt. Tickets gibt es in Kürze auch online unter muelheim-ruhr.de