Kritik:
Die Comics von Explosm genießen in Deutschland noch eher ein Nischendasein, in Amerika allerdings sind sie der absolute Renner und gehören zu den am meisten gelesenen Comics im Internet. Mit einem schwarzen, manchmal sogar sexistischen und oftmals albernen Humor begeistern sie schon seit mehr als 15 Jahren ihre Fans mit einer gewaltigen Portion politischer Unkorrektheit. Vor allem das dazugehörige Kartenspiel „Joking Hazard“, bei dem schwarzhumorige, absurde Comicstrips mit Karten zusammengelegt werden müssen, die dann reihum von einem der Spieler bewertet werden, konnte dank dem Tabletop Simulator immerhin auch bei uns schon ein wenig Bekanntheit erlangen. In „Cyanide & Happiness: Freakpocalypse“ dürfen wir nun aber selbst in die Rolle einer der Figuren schlüpfen und bekommen ein witziges, klassisches Point & Click-Adventure geboten.
In der Rolle des Losers
Da gehen wir zur Schulkrankenschwester, weil wir uns nicht gut fühlen und bekommen prompt die Antwort, dass Schönheitsoperationen an dieser Schule nicht durchgeführt werden. Und gleich darauf kommt gar die Frage, ob wir wohl wegen unseres Geruches oder einer Unterernährung gekommen sind. So geht es dem jungen Schüler Coop ständig, eigentlich ununterbrochen. Wir steuern hierbei einen echten extremen Loser, der in der Spielwelt an wirklich jeder Ecke und bei jeder Konversation mit Diskriminierung und Ausgrenzung konfrontriert ist. Ununterbrochen machen uns die anderen Figuren auf unser schlechtes Aussehen aufmerksam, man traut uns nicht die geringsten Aufgaben zu und auch nur einen Satz mit Coop zu wechseln, ist für viele Mitschüler schon eine unüberwindbare Hürde. Ein ganz schön bemitleidenswerter Typ, der so viel Hass abbekommt, dass wir uns das Lachen manchmal verkneifen müssen – und den schwarzen Humor dann trotzdem irgendwie witzig finden.
Ein Fest der politischen Inkorrektheit
So typisch, wie auch die Comic-Vorlage überzeichnet natürlich auch das Point & Click-Adventure zu „Cyanide & Happiness“ den Humor, die Spielwelt und die Figuren. Coop ist schließlich nicht die einzige ziemlich schräge und absurde Figur, die wir in diesem Spiel zu sehen bekommen. Während eines scheinbar ganz normalen Schultages sitzt ein Lehrer mal eben im SM-Outfit im Klassenzimmer, die Oma bittet uns, Nacktfotos von sich ins Altenheim zu schmuggeln und die Junkies der Schule bekommen einfach nicht genug vom Geruch der Luxustextmarker, die gleich vor dem Schultor von einem Dealer gehandelt werden. Der Humor von „Cyanide & Happiness: Freakpocalypse“ kann manchmal auch so richtig ins Alberne und Absurde abdriften. Fans der Comics werden das ohne jeden Zweifel lieben. Und neben all den vielen gewalthaltigen Spielen, handelt es sich um eine erfrischende Abwechslung. Actionszenen gibt es schließlich nicht – abgesehen von der ersten Szene, bei der wir die Gegner aber nicht mit Schusswaffen bekämpfen, sondern als Superheld die Dummdödel der Schule mit Abschlusszeugnissen malträtieren. Selbst in den seltenen Fällen eines Kampfes bleibt das Spiel seinem absurden Humor treu.
Ansehen, anfassen und ansprechen
Davon abgesehen bleibt „Cyanide & Happiness: Freakpocalypse“ spielerisch allerdings ziemlich simpel. Als klassisches Point & Click-Adventure gibt es eigentlich nur drei wirkliche Spieloptionen: Anfassen, ansprechen und ansehen. Oder um es mit den humorvollen Worten des Tutorials auszudrücken: Wir klicken einfach alles an, was sich im Bild befindet und hoffen, dabei schon einen passenden Gegenstand zu finden. Hin und wieder müssen wir genretypisch auch mal Gegenstände kombinieren oder uns in den Dialogen mit Multiple Choice-Antworten beschäftigen. Die ändern am Spielverlauf allerdings eher wenig, im Vordergrund steht eher der Humor und die witzig-absurden Gespräche.
(Zu) simples Gameplay
Klar ist: Da hätte man spielerisch auf jeden Fall mehr herausholen können, vor allem auch was die Reaktionen der NPCs betrifft. Da können wir im Laufe des Spiels etwa neue Kostüme sammeln, mit denen wir uns auch prompt verkleiden können – und trotzdem gibt es in den Dialogen nicht ein einziges Mal eine Reaktion auf unser verändertes Erscheinungsbild. Und egal, welche Antworten wir in den Dialogoptionen auch auswählen, die Story bleibt generell recht linear und lässt kaum Abweichungen zu. Immerhin: Einige wenige Nebenaufgaben halten uns derweil bei Laune. Eine echte Herausforderung möchte „Cyanide & Happiness: Freakpocalypse“ aber nie sein, auch wenn das Durchstöbern der Räume auch mal etwas länger dauern kann. Mehr als zwei Gegenstände müssen wir praktisch nie kombinieren, sodass von längerem Tüfteln und schwierigen Denkaufgaben kaum die Rede sein kann. Das Adventure wird daher also vor allem eher jene begeistern, die auf den schwarzen Humor stehen und weniger Spieler, die vor allem an komplizierten Rätselaufgaben ihren Spaß haben.
Fazit:
Mit schwarzem Humor, vielen sexistischen Witzen und einer ordentlichen Portion politischer Inkorrektheit begeistert „Cyanide & Happiness: Freakpocalypse“ als witzige Computerspiel-Umsetzung der beliebten amerikanischen Comicreihe. Abseits des gelungenen Humors bleibt das Point & Click-Adventure aber zu simpel und vernachlässigt sein Gameplay.