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  • Zirkus Zeitgeist: Saltatio Mortis zwischen Mainstream und Gesellschaftskritik
    14. August 2015 | 21:59

    Saltatio Mortis: Zirkus Zeitgeist

    Die Mittelalter-Rockband „Saltatio Mortis“ hat erst vor zwei Jahren genau das geschafft, was nur wenigen anderen Bands dieses Genres bisher gelungen ist: Sie konnten ihr Album „Das schwarze 1×1“ an der Spitze der Media Control Charts platzieren. Nun ist es an der Zeit für ein neues Album, welches auf Grund der 15-jährigen Tätigkeit der Band zugleich auch ein Jubiläumsalbum sein soll. Neben den 14 gewöhnlichen Tracks von Saltatio Mortis selbst, erscheint also auch für Fans eine Deluxe Edition, in der weitere befreundete Bands alte Saltatio Mortis-Songs neu interpretieren und in ihrem eigenen Stil covern. Natürlich neben einem Vinyl-Release, welches ebenfalls nicht fehlen darf. Doch hat Saltatio Mortis, die seit vielen Jahren Stammgast auf dem erfolgreichen Mittelalterfestival MPS sind, auch mit ein wenig Kritik zu kämpfen: Seit dem großen Chartserfolg befürchten viele Fans, dass sich die Band immer mehr dem Mainstream annähernd wird. Und damit haben sie Recht – teilweise zumindest.

    Auf dem Weg zum Mainstream…
    Kaum verwunderlich ist es daher, dass das neueste Album, welches heute im Handel erschienen ist, zugleich auch ein deutlich sanfteres und massentauglicheres geworden ist. Etwas weniger in die exzentrische Mittelalterrichtung, dafür umso mehr eingängigen Soft-Rock, starkem Gesang und kürzer kommende Schlagzeuge. Zumindest dürfte der Erfolg in den Charts damit nicht lange ausbleiben, ob man allerdings auch die Fans der ersten Stunde damit vollends begeistern wird, bleibt natürlich offen. Ein bisschen mehr Druck, kräftigere Schlagzeuge und ein dominanterer Einsatz der gewohnten Dudelsäcke hätte sicherlich nicht geschadet. Trotzdem hat „Zirkus Zeitgeist“ seine Qualitäten, denn die Band geht einen nicht ganz gewöhnlichen Weg.

    … den man dabei auch gleichzeitig anprangert
    Saltatio Mortis gelingt es nämlich, mit ihrem neuesten Album ein kleines Kunststück zu vollbringen: Man nähert sich musikalisch der großen Masse an, kritisiert sie allerdings zugleich auch stark. Schließlich sind sozial- und gesellschaftskritische Songs – vor allem zu Beginn des Albums – stark vertreten und halten dem Mainstream regelrecht einen Spiegel vors Gesicht. Interessant ist dabei allerdings, dass dies die Masse keineswegs abschrecken wird, sondern gerade wegen dieser Polarisierung hervorragend funktioniert. Vermutlich liegt das daran, dass „Zirkus Zeitgeist“ auch ein Konzeptalbum ist, das seinem Titel möglichst gerecht werden möchte. Die Lyrics verfolgen manches Mal bewusst das Ziel, die chaotischen und oft absurden Ansichten unserer Zeit an den Pranger zu stellen und beziehen sich stets auf aktuelle Themen. Das ist meistens inhaltlich herausragend, manchmal jedoch ein bisschen über das Ziel hinaus geschossen.

    Typisch Deutsch
    Bereits der erste Track „Wo sind die Clowns“ scheint mit der deutschen Spießergesellschaft ein bisschen abrechnen zu wollen. Frust und Meckerei sind Saltatio Mortis ein Dorn im Auge, was sie lyrisch schnell zum Ausdruck bringen. Damit ist der Song auch ein Appell an mehr Spaß und Leichtigkeit im Leben – und das kommt auch musikalisch mit freshen Gitarrenriffs und tollen Melodien gut rüber. Wenn ein Song wirklich Spaß macht, funktioniert auch das Appellieren an selbigen meistens ganz gut. Schade also, dass sie gleich im zweiten Song den Spaß wieder über Bord werfen: Mit der Sozialkritikkeule möchte die Band schon dort nämlich den Konsumwahn in der Vorweihnachtszeit kritisieren. Problem: Wir haben August und bei 30 Grad hat womöglich kaum ein Hörer die passende Stimmung für solche Lieder. Angesichts dessen, dass die ersten Supermärkte aber bereits jetzt ihren Vorrat an Weihnachtsprodukten auffüllen, allerdings auch ein durchaus passender Wink – wenn auch zu eingängig, um wirklich in seinen Bann zu ziehen.

    Saltatio Mortis

    Ballade meets Rock
    Einen komplett anderen Stil hingegen legen sie im dritten Song mit „Nachts weinen die Soldaten“ an den Tag. Fast schon als Rock-Ballade konzipiert handelt es sich um einen vergleichsweise ruhigen und melancholischen Track. Immerhin kommt die Band gesangstechnisch sehr gefühlvoll rüber, was dem Song durchaus zuträglich ist. Die Gitarrenriffs verschaffen ihm dann sogar einen gewissen Kontrast, der vorübergehend fesseln kann. Spannend. Mit dem etwas später auftauchenden Lied „Erinnerung“ schaffen es die Spielmänner zugleich allerdings auch, den balladigen Touch ein bisschen zu sehr auf die Spitze zu treiben und fast schon gefühlsdusselig zäh rüberzukommen. Vermutlich findet die Band zwar auch damit ihre Fans, da sich selbst dieses Lied gesangstechnisch auf hohem Niveau befindet, doch ob es sich um einen festivaltauglichen Song handelt, darüber mag man wohl streiten.

    Fußball und Religion
    Dass Saltatio Mortis übrigens auch gern ein breites inhaltliches Spektrum abdeckt, ist nicht unbedingt etwas Neues. Religiöse Lieder hingegen mögen zu der Mittelalter-Rockband dann vielleicht doch nicht ganz so sehr passen. Mit „Maria“ liefern sie schließlich eine eigene, rockige Interpretation des Adventsliedes „Maria durch den Dornwald ging“ ab. Man mag sicherlich zustimmen, dass der Song durchaus zur zeitlichen Orientierung der Band passen mag, tauchte es nämlich im 19. Jahrhundert erstmalig auf und ist damit eine gelungene Zugabe zu einem Mittelalter-Album, inhaltlich aber für den ein oder anderen „Heiden“ wohl doch etwas zu „gottergeben“. Ebenso stark schweift Saltatio Mortis allerdings auch mit „Wir sind Papst“ ab, macht der durchaus partytaugliche Song nicht selten den Eindruck, eine Fußballhymne sein zu wollen. Nun wäre es nicht das erste Mal, dass sie auch derartige Musik spielen, war das auf dem MPS während der WM im vergangenen Jahr praktisch Gang und Gäbe – versucht man allerdings einen gesellschaftlichen Touch einzubauen, mag die chartstaugliche Melodie nicht ganz so perfekt passen.

    Geradeaus – in die Massentauglichkeit
    Dass man an dieser Eignung für den Mainstream festhält, wird dann auch im Song „Geradeaus“ umso mehr klar. Mit eingängigen Softrock-Melodien schafft man es dabei gar, beinahe austauschbar zu klingen. Immerhin kann das Lied aber trotzdem Spaß machen, wenn man den Anspruch ein wenig herunterschraubt. Gleichzeitig würde es nicht unbedingt verwundern, wenn der Song in nicht allzu langer Zeit als Singleauskopplung zur Geldgenerierung erscheint. Da muss man klar sagen: Etwas mehr Anspruch hätten wir dann doch erwartet. Ob wir diesen bekommen? Zumindest mit „Rattenfänger“ würden wir glatt „ja“ sagen, denn damit hat man auch einen Song im Repertoire, der an die alten Qualitäten von Saltatio Mortis erinnern kann. Immerhin klingt der Einsatz der Dudelsäcke schon weit mehr nach dem, was wir von den Festivals gewohnt sind.

    Zeitgeist: Augen zu
    Mit einer besonders hohen Qualität ist dann auch „Augen zu“ ausgezeichnet, denn damit möchte man ganz gezielt die Missstände der heutigen Zeit anprangern. Wie im heutigen „Zirkus Zeitgeist“ üblich, ist es doch keine Seltenheit, dass die Gesellschaft bei ernsthaften Problemen die Augen verschließt – ob Bedrohungen durch Rechte, soziale Missstände oder Armut. Dass Saltatio Mortis dabei lyrische Meisterwerke vollbringt und gleichzeitig auch noch mit mitreißenden Gitarrenriffs verpackt, während ruhige und gefühlvolle Momente zugleich die Emotionen des Sängers zum Ausdruck bringen, macht „Augen zu“ womöglich zu einem der besten Songs des aktuellen Albums. Fortgesetzt wird das dann von „Trinklied“, bei dem es auch inhaltlich tiefgründig um Enttäuschung und mangelnden Zusammenhalt des Freundeskreises geht. Ein Lied mitten aus dem Leben eben.

    Fazit:
    Gesanglich stets auf hohem qualitativen Niveau gelingt Saltatio Mortis ein interessantes Kunststück: Sie nähern sich dem Mainstream an und kritisieren ihn gleichzeitig mit stark vertretener Gesellschaftskritik. Dabei lyrisch stets herausragend, ist das Album musikalisch aber häufig zu eingängig und soft. SaMo driftet dadurch stark vom ursprünglichen Mittelaltergenre in den chartstauglichen Soft-Rock ab – und macht in dieser Kombination einen gemischten Eindruck.

    Mehr zu Saltatio Mortis:
    Auftritt auf dem MPS Köln
    Auftritt auf dem MPS Dortmund
    MPS Konzert Party – Dortmund 2014

    Album kaufen:
    Limited Deluxe Edition CD
    Standard Edition CD
    Vinyl Edition