Working Girls |
Land/Jahr: B / F 2019 |
Genre: Drama |
Regie: Frédéric Fonteyne Anne Paulicevich |
Darsteller: Sara Forestier Annabelle Lengronne Noemie Lvovsky |
FSK: tba |
Dauer: 90 Minuten |
Kinostart: nicht angekündigt |
Label: Be for Films |
Die drei französischen Frauen Axelle, Conso und Dominique leben in eher prekären Verhältnissen, scheinen aber auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam zu haben. Nur eine Sache vereint die drei Damen: Ihre besondere Nebentätigkeit. Gemeinsam treffen sie sich nämlich in einem Bordell, das ihnen die dringend benötigten Gelder einbringt, die sie unbedingt zum Leben brauchen. Doch ihre Familien sollten möglichst nichts davon wissen. Denn während bei Dominique der ahnungslose Ehemann zuhause mit den Kindern wartet, bangt Axelle um das Sorgerecht und Conso fällt es zunehmend schwer, den Beruf von ihrem Privatleben zu trennen. Als dann auch noch Axelles Ex-Partner als Freier im Bordell auftaucht, beginnt die Situation zunehmend zu eskalieren…
Kritik:
Dramen über junge Prostituierte, die aus einer finanziellen Not heraus diesen Beruf angetreten sind, gibt es einige. Bei nur wenigen allerdings handelt es sich um eine französisch-belgische Koproduktion. Dass „Working Girls“ aber noch andere Besonderheiten zu bieten hat, zeigte er auf dem Film Festival Cologne.
Prostitution im Episodenstil
Bereits die Inszenierungsart unterscheidet sich nämlich deutlich von anderen Dramen dieser Art und bedient sich eher bei Stilmitteln, die im Thriller- oder Mysterygenre, manchmal vielleicht auch im Bereich der Komödien angesiedelt sind. Die Regisseure Frédéric Fonteyne und Anne Paulicevich haben ihren Film nämlich – zumindest teilweise – als Episodenfilm gedreht. Das Drama beginnt mit einer dramatischen Schlüsselszene, in der es zur vermeintlichen Eskalation zwischen den drei Frauen kommt und lässt den Zuschauer zunächst im Dunkeln über die Hintergründe. Erst danach kommt die Erklärung, wenn „Working Girls“ in die Vergangenheit springt und in Einzelabschnitten die Schicksale und Beweggründe jeder der drei Frauen begründet. Solange, bis sich die Ereignisse in jenem Schlüsselmoment kreuzen und der Film nach und nach seinen Höhepunkt erreicht, wenn er ab dort dann linear erzählt wird. Das ist ungewöhnlich bei einem Film dieser Art, funktioniert aber hervorragend, denn vor allem damit weckt der Streifen die Neugierde des Zuschauers und sorgt erst dafür, dass wir uns für die persönlichen Hintergründe der Protagonistinnen interessieren.
Schwer verdauliche Kost
Bis zum Zusammenführen der drei Geschichten dauert es allerdings nicht, um das Publikum zu packen, denn „Working Girls“ ist durchweg ziemlich harter Tobak, der schwer zu verdauen ist. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem die Frau aus sozial schwierigen Verhältnissen, die zum Opfer toxischer Männlichkeit wird. Und diese Szenen haben es in sich, denn sie kommen manchmal ziemlich erdrückend daher: Etwa, wenn Axelles Ex-Partner von der Prostitution erfährt, sich als Freier aufspielt und dadurch seine Ex-Frau massiv bedrängt – bis hin zur körperlichen Gewalt und der Grenze zur Vergewaltigung. Detailliert gezeigt versteht sich, denn nackte Haut gibt es bei „Working Girls“ einige zu sehen. Doch auch Szenen wie jene von Conso etwa gehen unter die Haut, wenn sich die junge Prostituierte, überfordert mit ihrer Lebenssituation in einen Freier verliebt und schlussendlich doch als Wegwerfobjekt enttäuscht wird. Oder auch Dominique, die im etwas betagteren Alter zum Gespött ihrer Nachbarschaft und von den jugendlichen Anwohnern tagtäglich beleidigt wird. Das alles sind heftige Szenen, bei denen das Publikum mehr als einmal kräftig schlucken muss.
Feminismus im Film
Im Mittelpunkt der Geschichte geht es aber schlussendlich auch um Solidarität zwischen den drei Frauen – bzw. manchmal auch um einen Mangel selbiger. Man könnte „Working Girls“ sicherlich auch als Drama mit feministischem Ansatz bezeichnen, wenn der Streifen erdrückend darauf aufmerksam macht, dass sich Frauen, die sich gemeinsam in einer schwierigen Lage befinden, auch gegenseitig fertig machen können. Ob der Film aber zugleich ein Statement gegen Prostitution sein will, wird so nicht völlig klar: Einerseits bekommen wir hier ausschließlich emotional instabile Frauen zu sehen, die unter ihrem Beruf zu leiden haben, sich andererseits aber auch selbst dazu entschieden haben und jegliche Alternativangebote durch das Arbeitsamt ablehnen. Diese differenzierte Betrachtungsweise, die weit von einer Schwarz-Weiß-Darstellung entfernt ist, kann man „Working Girls“ aber allenfalls noch als zusätzlichen Pluspunkt anrechnen.
Fazit:
Mit einer Erzählweise, die an den Episodenfilm angelehnt ist, geht „Working Girls“ für ein Prostitutionsdrama ungewöhnliche Wege. Damit aber weckt der Film schnell die Neugierde des Zuschauers und erdrückt ihn anschließend mit heftigen Szenen, die schwer zu verdauen sind. Keine leichte Kost.