Review
| The Long Walk – Todesmarsch |
| Land/Jahr: USA 2025 |
| Genre: Thriller |
| Regie: Francis Lawrence |
| Darsteller: Cooper Hoffman David Jonsson Mark Hamill Garrett Wareing Tut Nyuot Charlie Plummer Ben Wang |
| FSK: ab 16 Jahren |
| Dauer: 108 Minuten |
| Kinostart: 11. September 2025 |
| Label: Leonine |
Kurz nach dem Großen Krieg werden die Vereinigten Staaten von einem autoritären Militärregime kontrolliert. Die Wirtschaft liegt am Boden und muss regelmäßig durch Inspiration und Anreize angekurbelt werden. Dazu dient auch ein jährlich stattfindender Marsch, bei dem 50 männliche Jugendliche marschieren, bis nur noch einer von ihnen übrig ist. Es gibt keine Ziellinie, kein feststehendes Ende. Jeder Teilnehmer muss ununterbrochen mindestens drei Meilen pro Stunde laufen. Wer dieses Tempo unterschreitet, wird vom Major kaltblütig erschossen. Eiserner Wille und Durchhaltevermögen sind gefragt, um als Vorbild und Heldenfigur in die Geschichte des Landes einzugehen. Dumm nur, dass sich einige Teilnehmer während dem Marsch anfreunden – und sie bereits wissen, dass nicht alle von ihnen überleben können…
Kritik:
Stephen King ist eigentlich bekannt für seine Horror- und Fantasyromane. Gelegentlich widmete er sich aber auch anderen Genres, wie bei der Vorlage zu „The Long Walk“. Ein doch erschreckend realitätsnahes Szenario über eine mögliche Zukunft der Vereinigten Staaten schilderte er in seinem Thriller.
Unerbittliche Konsequenz
Das originale Buch hat dabei schon einige Jahre auf dem Buckel, erschien es schließlich im Jahre 1979. Einen Bezug zur aktuellen Realität hat „The Long Walk“ also eigentlich nicht, obwohl die Handlung hinsichtlich der aktuellen Bedrohungslage nochmal eine besondere Wirkung entfaltet. Außergewöhnlich ist dabei seine Direktheit, die auch die Verfilmung hervorragend wiedergibt: Der Thriller nämlich verzichtet auf eine ausgiebige Vorgeschichte und langes Drumherumgerede. Die Story beginnt bereits mit der Fahrt zum Startpunkt des Marsches, ein „Sprung ins kalte Wasser“ steht für den jungen Ray Garraty als Teilnehmer dieser Veranstaltung an. Knallhart, unerbittlich und konsequent konzentriert sich „The Long Walk“ an diesem Todesmarsch, die Kamera verlässt zu keinem Zeitpunkt die Route der Wanderung.
Emotionaler sozialer Fokus
Und doch gelingt es dem Streifen, bei der aus einer ununterbrochenen Wanderung bestehenden Handlung trotzdem eine spannende Story einzubauen. Der Fokus liegt dabei, ähnlich einem „Kammerspiel“, nur eben an der frischen Luft, auf dem sozialen Miteinander der Teilnehmer. Freundschaften, Auseinandersetzungen, Träume und Ängste sorgen während des unerbittlichen Todesmarsches für eine emotionale Bindung des Zuschauers zu den Teilnehmern. In Erzählungen offenbart der Film dabei die Vergangenheit und Hintergründe der einzelnen Läufer, gibt den Figuren einen Charakter und eine Seele. Umso heftiger dann die ebenso skrupellose Ermordung all jener, die zu langsam werden. Keine Diskussionen, kein Ausweg. Ein Schuss, Treffer, Ende – und die Verbliebenen versuchen mit der Situation klar zu kommen, als würden sie erst jetzt realisieren, was der Todesmarsch bedeutet.
Subtile Bilder einer Diktatur
Gelungen ist dabei auch die Ausarbeitung der gesellschaftlichen Entwicklung und des politischen Systems, von dem die Vereinigten Staaten in diesem Film betroffen sind. Auch hier verzichtet „The Long Walk“ auf Abschweifungen, zeigt keinerlei Geschehnisse abseits des Laufs. Die Straßen, Häuser und Passanten entlang der Marschroute offenbaren jedoch zahlreiche Details über den Zustand des Landes, die zunehmend ein umfangreiches Bild dieser Diktatur formen. Dafür reicht häufig bereits die versteinerte Mimik der Zuschauer am Rande aus, deren erwartete Euphorie dann doch irgendwie auszubleiben scheint. Oder die zahlreichen heruntergekommenen Gebäude, die auf den wirtschaftlichen Zerfall und eine potentiell hohe Armut schließen lassen. „The Long Walk“ entwickelt mit seinem unerbittlichen Fokus eine bemerkenswerte Härte, die mit subtilen Details einen unerwarteten Tiefgang bieten. Wahrlich ein Meisterwerk und vielleicht die bisher beste Stephen King-Verfilmung aller Zeiten.
Fazit:
Mit der Stephen King-Verfilmung des „Todesmarsch“ gelingt Francis Lawrence ein unerwartetes Meisterwerk, dem es trotz seiner unerbittlichen Härte und seinem konsequenten Fokus auf den Marsch gelingt, ein tiefgehendes gesellschaftliches Bild zu formen und dabei auch nicht den Fokus auf das soziale Miteinander zu verlieren. Grandios!