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    Der Buchspazierer

    Der Buchspazierer

    Land/Jahr:
    D 2024
    Genre:
    Tragikomödie
    Regie:
    Ngo The Chau
    Darsteller:
    Christoph Maria Herbst
    Yuna Bennett
    Maren Kroymann
    Ronald Zehrfeld
    Edin Hasanovic
    Hanna Hilsdorf
    FSK:
    ab 6 Jahren
    Dauer:
    98 Minuten
    Kinostart:
    10. Oktober 2024
    Label:
    Studiocanal

    Der Buchhändler Carl Kollhoff hat schon seit einigen Jahren seine wahre Bestimmung gefunden. Er liebt Bücher so sehr, dass er nicht nur seine gesamte Freizeit mit lesen verbringt, sondern er macht sich auch die Mühe, seinen wichtigsten Kunden jeden Tag die neuesten Bücher nach Hause zu liefern. Er ist „Buchspazierer“ von Beruf und pflegt den persönlichen Kontakt zu den Kunden auch noch in den Zeiten des Online-Handels. Seit dem Tod seiner Frau zieht Kollhoff es allerdings auch vor, eher zurückgezogen zu leben und den ernsthaften, nahegenden Kontakt zu anderen Menschen überwiegend zu meiden. Als dann jedoch die junge Schülerin Schascha in sein Leben tritt, soll sich bald alles ändern…

    Kritik:
    Dass Christoph Maria Herbst nicht nur den Stromberg kann, sondern durchaus auch ernsthaftere Rollen, hat er schon vor einigen Jahren bewiesen. Nun durfte er in die Rolle der 22 Jahre älteren Figur Carl Kollhoff schlüpfen, um einen Job auszuüben, der wie aus einer anderen Zeit gefallen scheint. Er ist „Der Buchspazierer“.

    Auch der deutsche Film beherrscht Aging
    Ein bisschen typisch Deutsch ist der Film auf den ersten Blick natürlich schon. Die deutsche Filmindustrie liebt das Drama über persönliche Schicksale, soziale und familiäre Probleme und bringt das Publikum gerne zum Nachdenken. In diese Richtung möchte natürlich auch Christoph Maria Herbst in seiner Rolle als Buchspazierer: Bei der Maske haben die Filmemacher schnell sichtbar hervorragende Arbeit geleistet. Grauer Bart, Halbglatze, altbackene Kleidung: Man könnte glatt wirklich glauben, Herbst wäre inzwischen über 70 Jahre alt. Zugleich entpuppt er sich als Idealbesetzung für das Drama: Die Rolle des belesenen, scheinbar intellektuellen Buchspazierers, dessen zurückgezogene Welt praktisch nur aus Büchern zu bestehen scheint, sitzt ihm wie maßgeschneidert. Seine besonnene, etwas mürrische Art macht ihn sogleich sympathisch.

    Ein Lehrstück über die Verdrängung
    In Zeiten von Online-Handel, Lieferdiensten mit E-Fahrzeugen und Bestellung per App ist „Der Buchspazierer“ aber auch so herrlich aus der Zeit gefallen. Wenn Herbst mit seinen altbackenen grauen Klamotten und seinem antiquierten Rucksack durch die Straßen schlendert, während der Lieferdienst mit seinen modernen Fahrzeugen vorbei fährt, wird der Kontrast zur heutigen Welt sehr deutlich – und ist auch gewollt. In der Kernaussage des Films dreht sich immerhin alles um das Thema der Verdrängung. Sowohl hinsichtlich der Charakterentwicklung, bei der Kollhoff als Buchspazierer vor allem seine Vergangenheit und den Tod seiner Frau verdrängen will, aber auch die Verdrängung der gesellschaftlichen Entwicklung, bei der Kollhoff einfach nicht wahrhaben möchte, wie gefährdet sein Beruf doch ist und wie bald seine Bücher womöglich mit dem Paketdienst kommen, statt durch ihn durch die Stadt spaziert zu werden.

    Wichtigkeit des persönlichen Kontakts
    Die Gesellschaftskritik schwingt dabei überaus gelungen natürlich mit: „Der Buchspazierer“ rückt die Wichtigkeit des persönlichen Kontakts in den Vordergrund. All die Dinge, die einer Gesellschaft durch die Digitalisierung verloren gehen und die beim ständigen Blick auf das Smartphone womöglich ebenfalls verdränt werden. Der Analphabet, der sich die Bücher nur bringen lässt, damit der Buchspazierer ihm die Inhalte zusammenfasst. Die Menschen mit Sozialphobie, deren einziger Kontakt der Buchhändler zu sein scheint. Das Opfer von häuslicher Gewalt, das niemals Hilfe findet, wenn nicht doch hin und wieder jemand vorbeischaut. „Der Buchspazierer“ regt dabei zum Nachdenken an, warum persönlicher Service auch einen gesellschaftlichen Wert hat.

    Feel-Good-Movie trotz ernsthafter Themen
    Und obwohl „Der Buchspazierer“ insgesamt sehr ernsthafte Themen anspricht, in manchen Momenten sogar ein gewisses Tränendrüsenpotential hat, möchte das Drama insgesamt ein schöner, leichter und fröhlicher Film bleiben. Durch das Zusammenspiel zwischen Christoph Maria Herbst und Yuna Bennett gelingt dem Film der Spagat, das Feel-Good-Movie mit ernsthaftem Drama zusammenzubringen, ohne dass der Zuschauer von negativen Momenten erdrückt wird. Mit all seiner Ernsthaftigkeit gelingt es dem „Buchspazierer“ schlussendlich, dass vor allem die positiven, fröhlichen und spaßigen Momente überwiegen und stärker beim Publikum in Erinnerung bleiben. Und genau das sorgt dann auch dafür, dass dieses Wohlfühlkino letztendlich Anklang beim Zuschauer findet.

    Fazit:
    Ein Feel-Good-Movie mit ernsthaften Themen: „Der Buchspazierer“ begeistert das Publikum mit dem fröhlich-leichten Zusammenspiel zwischen Christoph Maria Herbst und Yuna Bennett, erzählt zugleich aber auch eine tiefgehende Geschichte über Verdrängung in verschiedener Hinsicht. Das ist Wohlfühlkino zum Nachdenken.