• Startseite|
  • News|
  • Games|
  • Kino|
  • Bücher|
  • Verlosung|
  • Partner|
  • Impressum
  • Review

    Amrum

    Amrum

    Land/Jahr:
    D 2025
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Fatih Akin
    Darsteller:
    Jasper Billerbeck
    Kian Köppke
    Laura Tonke
    Diane Kruger
    Matthias Schweighöfer
    Detlev Buck
    Lisa Hagmeister
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    100 Minuten
    Kinostart:
    9. Oktober 2025
    Label:
    Warner Bros.

    Das Leben des 12-jährigen Nanning ist von den Gräueln des Zweiten Weltkriegs geprägt. Doch während sich der Krieg allmählich dem Ende neigt, ist er sich für nichts zu schade, seine Familie tatkräftig zu unterstützen. Nach dem Umzug aus dem zerbombten Hamburg auf die nordfriesische Insel Amrum, arbeitet er auf dem Kartoffelacker, um seine Mutter bei der Ernährung der Familie zu unterstützen. Das ist allerdings nicht immer ganz so einfach: Während der Vater sich als Obersturmbannführer der SS im Krieg befindet, ist seine Mutter überzeugte Nationalsozialistin. Eine Ideologie, die bei den Bewohnern der Insel nicht immer auf Gegenliebe stößt, auf Grund ihrer Machtposition jedoch zu Unterwürfigkeit führt. Aufgewachsen zwischen den faschistischen Ansichten seiner Mutter und dem weltlichen Einfluss im schulischen Umfeld, versucht, Nanning seinen eigenen Weg zu finden. Doch manchmal weiß ein beeinflussbares Kind seines Alters noch gar nicht so recht, was es mit der Ideologie des Nationalsozialismus wirklich auf sich hat…

    Kritik:
    Regisseur Fatih Akin hat sich in der deutschen Filmindustrie längst einen Namen gemacht. Seine Filme gehören unter Kennern inzwischen zum Pflichtprogramm im Kino. Da ist vor allem auch sein neuestes Drama „Amrum“ keine Ausnahme. Er versetzt den Zweiten Weltkrieg gleich an mehrere außergewöhnliche Schauplätze.

    Nordfriesland im Fokus
    Ungewöhnlich ist dabei unter anderem auch der Ort des Geschehens. Bei „Amrum“ geht es nicht mitten in den Krieg. Der Mittelpunkt des Films ist weder die Front mit seinem Kriegsleid, noch der Holocaust mitsamt der Judenverfolgung. Stattdessen begibt sich Fatih Akin mit seinem neuesten Film auf die titelgebende nordfriesische Insel Amrum, die von der Bombardierung eher wenig betroffen war. Damit rückt auch ein spannender sprachlicher Aspekt in den Fokus des Films: Auf Amrum wird schließlich noch heute oftmals kein richtiges Hochdeutsch gesprochen. Die dort heimische Sprache Öömrang, die zum Verständnis für das Publikum sogar untertitelt werden muss, gibt „Amrum“ etwas eigensinnig fremdartiges. Fremd im eigenen Land – wie auch die Hauptfigur des 12-jährigen Jungen, der mit der NS-Ideologie konfrontiert wird, ohne ihre wahre Bedeutung überhaupt zu verstehen.

    Nebenschauplatz Kinderperspektive
    Damit erlangt „Amrum“ zugleich auch den zweiten Nebenschauplatz: Statt der Perspektive der Soldaten oder der Juden, rückt die Sichtweise eines naiven, noch beeinflussbaren und ahnungslosen Kindes in den Mittelpunkt des Films. Eines Kindes, das zwischen Auswendiglernen von Nazi-Parolen und seiner Hitlerjugend-Kleidung, eigentlich nur Anschluss bei seinen Mitschülern finden will und gar nicht versteht, wieso die Menschen aus seinem Dorf die Familie so hassen. Das mangelnde Verständnis für die (eigentlich nachvollziehbare) Ausgrenzung zeigt eine spannende Perspektive, nämlich die authentische Darstellung dessen, wie es gewesen sein muss, als Kind in Kriegszeiten umgeben von jeder Ideologie aufzuwachsen. Trotz der Häufigkeit des Themas Zweiter Weltkrieg gelingt es Faith Akin damit, noch originelle und innovative Schauplätze zu zeigen, die in deutschen Filmen so bisher noch nie zu sehen waren.

    Der beängstigende Kern des deutschen Wesens
    Die eigentliche Stärke liegt wiederum darin, die außergewöhnliche Strenge des deutschen Wesens bis in ihre tiefste Faser darzustellen. Hier sticht vor allem Laura Tonke in der Roller der Mutter besonders hervor, die sich mit faschistischen und rechtsextremen Äußerungen – trotz ihres Glaubens an die Ideologie – eher zurückhält. Stattdessen verkörpert sie etwas, das auch beim heutigen Zuschauer ein subtiles Unbehagen hervorruft: Die unangenehme deutsche Strenge, die deutsche Bürger auch heute noch gerne in Diskussionen zum Vorschein bringen. Die unerbittliche Rechthaberei, die das Deutschsein ansich bis heute zu etwas Unheimlichem macht, als liege die Kompromisslosigkeit der Nation fest im Blut. Um das Urdeutsche auf diese Weise einzufangen, ist die türkische Abstammung des Regisseurs vermutlich gar von Vorteil, da sie einen erschreckenden Blick von außen zulässt – und damit auch dem Publikum die besorgte Beobachterperspektive zu Teil werden lässt, die migrantische Mitbürger womöglich gewohnt sind.

    Höhepunkt erst nach Hitlers Tod
    Auch bei der Spannungskurve behält „Amrum“ schlussendlich seinen Kurs bei, da Fatih Akin konsequent an seinem Stilbruch festhält: In diesem Drama ist nicht etwa der Tod des Adolf Hitler das befreiende Ende, das seinen Film zu seinem Happy End führt. Stattdessen handelt es sich um den Höhepunkt, der die eigentliche Spannung erst nach der Wende einführt – wenn die Auswirkungen der Nazi-Ideologie auf den Jungend Nanning übergehen. Dann nämlich, wenn sich die Bewohner der Insel nach der Zeitenwende gegen die Familie äußern und damit auch das Kind nichtsahnend zur Zielscheibe der Verachtung machen. Akin macht damit aus „Amrum“ eine tiefgehende Kindheits und Coming-of-Age-Geschichte mit erdrückendem Themenschwerpunkt.

    Fazit:
    Das Weltkriegs-Drama von Fatih Akin versetzt das Szenario nicht nur an zwei außergewöhnliche Nebenschauplätze, sondern fängt mit der Perspektive eines Kindes auch die unheimliche deutsche Strenge auf eine beänstigend-mulmige Weise ein. „Amrum“ ist damit sehr nah an einem Meisterwerk.