Anora |
Land/Jahr: USA 2024 |
Genre: Drama / Komödie |
Regie: Sean Baker |
Darsteller: Mikey Madison Mark Eydelshteyn Juri Borissow Karen Karaguljan Watsche Towmasjan |
FSK: ab 16 Jahren |
Dauer: 139 Minuten |
Kinostart: 31. Oktober 2024 |
Label: Universal Pictures |
Anora Mikheeva hat nicht gerade den typischen Traumjob. Sie arbeitet als Prostituierte in einerm Stripclub von Manhattan, mit dem sie einigermaßen über die Runden kommt. Besondere Freude kommt da natürlich auf, wenn sich ausgerechent ein Superreicher in den Club verirrt, der ziemlich viel Geld ausgeben will. Dem Sohn des reichen Oligarichen Nikolai Zakharov sind die Kosten an diesem Abend egal. Nur eines ist ihm wichtig: Er ist auf der Suche nach einer Frau, die russisch spricht. Und wenn die reizvolle Anora da zum Einsatz kommt, bleibt es nicht bei einem kurzen Abend. Ivan bucht die junge Frau gleich für mehrere Wochen und plant, sie aus diesem Job zu befreien. Mit einem Heiratsangebot möchte er sowohl ihre Geldsorgen beseitigen, als auch seine Pflicht, nach Russland zurückzukehren. Ganz zum Missfallen seiner Eltern, die alles daran tun, ihn in die Heimat zu holen – und dabei auch eigene Handlanger nach Amerika schicken. Die haben an der Stelle allerdings nicht mit der Schlagkräftigkeit der jungen Anora gerechnet, die sich um jeden Preis für ihren neuen Ehemann einsetzen wird…
Kritik:
Eine Prostituierte, die einen reichen Mann heiraten darf und niemals wieder arbeit muss – wer würde da wohl Nein sagen. Mikey Madison in der Rolle als „Anora“ jedenfalls nicht. Und damit liefert Regisseur Sean Baker ein abgefahrenes Liebesdrama.
Merkwürdig nachvollziehbare Romanze
Ganz genau sollen wir dabei die Charaktere der Figuren kennenlernen. Dafür lässt sich Sean Baker zunächst reichlich Zeit, während er inszeniert, wie sich Anora und Ivan bei der Arbeit eigentlich kennenlernen und nach und nach eine etwas eigenartige Beziehung aufbauen. Mark Eydelshteyn spielt seine Rolle als Sohn eines reichen Russen hervorragend, gerade auch wegen seines seltsam exzentrischen und merkwürdigen Verhaltens. Die Zweckbeziehung ist nachvollziehbar, auch der Reiz, den die beiden offenbar so magisch anzieht. Plötzlich einen ganz anderen Lebensstandard zu haben, das macht schon ganz schön Spaß. Und da kann man natürlich auch über negative Punkte hinwegsehen. Zumal Mikey Madison ebenfalls eine überaus selbstbewusste und schlagkräftige Russin spielt, die durchaus in der Lage ist, sich durchzusetzen.
Energiegeladen dank Frauenpower
Wie sehr sie sich durchsetzen kann, wird dann in der zweiten Hälfte deutlich. Hier nämlich nimmt „Anora“ gewaltig an Fahrt auf und zeigt die wahren Stärken, die den abgefahrenen Streifen so beeindruckend machen. Die heile Welt soll schließlich bald vorbei sein und die Schläger der Eltern tauchen auf. Doch während Ivan das Weite sucht, brilliert Mikey Madison mit einer Charakterdarstellung und Frauenpower, wie wir sie selten auf der Leinwand gesehen haben. Die Frau weiß sich radikal selbstbewusst zu wehren, begibt sich schleunigst auf das Niveau der wild diskuttierenden Russen und setzt sich mit allen Mitteln zur Wehr, die ihr zur Verfügung stehen. Madison ist eine wahre Wucht, wenn sie die russischen Eindringlinge zur Schnecke macht und ganz schnell das Zepter selbst in die Hand nimmt. Noch dazu ist dieses grandiose Schauspiel extrem unterhaltsam, denn Madison dabei zuzusehen, wie sie ihre Peiniger fertig macht, macht unglaublich viel Spaß. Letztendlich wird „Anora“ von genau diesem Zusammenspiel bestens getragen.
Situationskomik und Wortwitz
Für ein Drama ist Sean Bakers „Anora“ außerdem überraschend witzig, wobei der Film dabei vor allem auf Wortwitz und Situationskomik setzt. Hier kommt auch Juri Borissow als Igor ins Spiel, der ebenfalls eine Idealbesetzung in dieser Rolle zu sein scheint. Als vermeintlicher Schläger, der eigentlich gar nicht weiß, was der ganze Aufriss soll, zeigt er sich von seiner wortkarg-netten Seite und führt auf witzige Weise die gesamte Situation ad absurdum. Seine reine Mimik und Körpersprache reicht dabei aus, um belustigende Situationen zwischen ihm un den restlichen russischen Figuren zu erzeugen. Die Dreierkombination aus Anora, Igor und den wild gestikulierenden Familienangehörigen verleiht dem Film eine außergewöhnliche Dynamik, die „Anora“ zu einem äußerst spaßigen Meisterwerk macht.
Fazit:
Eine Frau setzt sich zur Wehr: Getragen von der unglaublichen Charakterdarstellung und Frauenpower von Mikey Madison entpuppt sich „Anora“ als extrem unterhaltsames Meisterwerk mit geschicktem Humor und unglaublicher Energie. Ein Geheimtipp im Kino!