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    No Hard Feelings

    No Hard Feelings

    Land/Jahr:
    USA 2023
    Genre:
    Komödie
    Regie:
    Gene Stupnitsky
    Darsteller:
    Jennifer Lawrence
    Andrew Barth Feldman
    Laura Benanti
    Matthew Broderick
    Natalie Morales
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    103 Minuten
    Kinostart:
    22. Juni 2023
    Label:
    Sony Pictures

    Eigentlich scheint Maddie ihr aufregendes Leben mit wechselnden Partnern ziemlich zu genießen. Doch in Wirklichkeit läuft es privat schon lange nicht mehr rund. Durch finanzielle Schwierigkeiten und Steuerrückstände droht sie, ihr Haus zu verlieren und als dann auch noch das Auto beschlagnahmt wird, könnte ein Verlust ihres Jobs gleich dazu drohen. Ausgerechnet in diesem Moment kommt ihr die rettende Idee: Die Helikopter-Eltern des introvertierten 19-jährigen Percy suchen eine Frau, die ihren Sohn „datet“, um ihn auf das baldige College vorzubereiten. Im Gegenzug erhält sie dafür einen Gebrauchtwagen von der Familie. Dumm nur, dass sich dieses Vorhaben als gar nicht so einfach erweist, denn Percy stellt sich als überaus unerfahrener und ängstlicher Junge heraus, der für Maddies Annäherungsversuche nicht allzu viel übrig hat…

    Kritik:
    Erst kürzlich war Jennifer Lawrence in einem Interview der Meinung, „es ist schwer, gute Comedy zu machen, bei der sich Leute nicht angegriffen fühlen“. Bei ihrem neuesten Film „No Hard Feelings“ betrachtet sie das offenbar als Ansporn: Darin spielt sie eine junge Frau Anfang 30, die dem introvertierten Sohn von Helikopter-Eltern zu ersten sexuellen Erfahrungen helfen soll.

    Ein weibliches American Pie?
    In den vergangenen Jahrzehnten kannte man derartige Komödien eher von der umgekehrten Seite: Männliche Jugendliche und junge Männer haben Spaß daran, möglichst jungfräuliche Mädchen zu beglücken und ziehen den Humor eines Films vor allem aus der Situationskomik, die bei den mehr oder minder erfolgreichen Annäherrungsversuchen zustande kommt. Das reicht von Streifen wie „Eis am Stiel“ bis hin zu amerikanischer Comedy im Stile von „American Pie“. Den Spieß nun allerdings einmal umzudrehen, ist dann doch neu: „No Hard Feelings“ zelebriert das Selbstbewusstsein und die Freiheit einer jungen Frau, die am laufenden Band ihre Partner wechselt und es auf eine deutlich jüngere, männliche(!) Jungfrau abgesehen hat. Der Humor setzt dabei auf ähnliche Stilmittel wie „American Pie“ in den 1990er und der funktioniert durchaus auch aus der anderen Perspektive.

    Humor mit Provokation
    Beim heutigen Zeitgeist stellt sich mitunter aber die Frage: Könnte man einen Streifen wie „American Pie“ heute überhaupt noch drehen, ohne dass es einen Aufschrei durch Feministen gäbe und dem Film heftiger Sexismus unterstellt würde? Und wenn es diesen gäbe: Warum dann nicht auch umgekehrt, wenn sexuelle Übergriffigkeit von einer Frau gegen einen Mann über geht und dies als witzig dargestellt wird? Der junge Andrew Barth Feldman greift in der Rolle des unerfahrenen Percy immerhin sogar zum Pfefferspray, um die Annäherrungsversuche von Jennifer Lawrence abzuwehren – so stark fühlt er sich offenbar bedrängt und belästigt. Auf den ersten Blick feiert „No Hard Feelings“ also sexuelle Übergriffkeit als Humor und erweckt den Eindruck, bei dieser Konstellation der Geschlechterrollen sei das in Ordnung. Zumindest vermittelt der Trailer diesen Eindruck. Dass dann doch weitaus mehr hinter der Geschichte steckt – und das ist auch der große Pluspunkt des Films -, macht jedoch schon die einstige Interview-Aussage von Jennifer Lawrence deutlich.

    Ein Plädoyer gegen Helikopter-Eltern
    Was „No Hard Feelings“ noch viel mehr ist als bloß eine flache Komöde, die sexuelle Belästigung als Humor darstellt, ist tiefgründige Gesellschaftskritik zwischen zwei Generationen, die noch gar nicht so weit auseinander liegen – und durchaus einen enormen aktuellen Kontext haben. Die Story des Films liefert nämlich vor allem Kritik am aktuellen Trend der Helikopter-Eltern, die ihre (auch mitunter schon erwachsenen) Kinder so heftig überwachen und kontrollieren, dass sie es versäumen, jegliche Selbstständigkeit zu erlernen. Da kann der 19-jährige Percy nicht einmal am Abend ausgehen, ohne seine Eltern, die auch sein Smartphone orten, darüber zu informieren. Und auch der Einsatz von Pfefferspray kommt letztendlich eher dadurch zustande, dass der Junge schlicht Angst vor allen unbekannten, nicht von den Eltern kontrollierten Situationen hat, als vor der tatsächlichen Übergriffigkeit einer Mitdreißigerin, die als starkes selbstständiges Partygirl all diese Abhängigkeit von den Eltern einfach nicht nachvollziehen kann. Ein tiefgründiges Gesellschaftsdrama also präsentiert als durchdachte Komödie – und damit ein Überraschungs-Hit unter den aktuellen Kinofilmen.

    Fazit:
    Jennifer Lawrence in der kontroversen Rolle als engagiertes Date für einen introvertierten Jungen wirkt auf den ersten Blick wie eine recht flache, niveaulose Komödie, entpuppt sich dann aber als starke Gesellschafts- und Generationenkritik, die in intelligentem Humor verpackt wird. Damit übertrifft „No Hard Feelings“ in der Praxis alle Erwartungen.