The Whale |
Land/Jahr: USA 2022 |
Genre: Drama |
Regie: Darren Aronofsky |
Darsteller: Brendan Fraser Sadie Sink Hong Chau Ty Simpkins Samantha Morton |
FSK: ab 12 Jahren |
Dauer: 117 Minuten |
Kinostart: 27. April 2023 |
Label: Plaion Pictures |
Der krankhaft fettleibige Charlie lebt stark zurückgezogen in seiner kleinen Wohnung. Seinen Lebensunterhalt verdient er mit Online-Unterricht, bei dem er sich längst nicht mehr traut, die Webcam seines Laptops überhaupt einzuschalten. Sein Zustand ist inzwischen so schlimm, dass er es kaum noch schafft, selbstständig von der Couch aufzustehen oder sich ohne Rollator durch die eigene Wohnung zu bewegen. Eine ärztliche Behandlung lehnt er jedoch bisweilen ab, selbst nachdem ihn erste Herzprobleme plagen und der Blutdruck in schwindelerregende Höhen steigt. Sich selbst aufgegeben, scheint er nur noch auf den bald nahenden Tod zu warten. Doch in Angesicht seines baldigen Ablebens, möchte er nur noch eine einzige Sache in seinem Leben richtig machen: Sich mit seiner Tochter versöhnen, von dessen Mutter er sich vor zehn Jahren für einen Mann getrennt hat. In seinem Zustand allerdings kein allzu leichtes Unterfangen…
Kritik:
Brendan Fraser auf Oscar-Kurs: Der eigentlich relativ normalgewichtige Hollywood-Star hat sich mit „The Whale“ an eine außergewöhnliche und legendäre Rolle gewagt. Er spielt einen extrem fettleibigen, schwer kranken Mann, der sich inzwischen kaum noch selbstständig bewegen kann – und gewann damit kurzerhand den Oscar als bester Hauptdarsteller.
Der Weg einer Leidensgeschichte
Schon die ersten Szenen dieses einzigartigen Dramas machen die Situation der Hauptfigur deutlich: Brendan Fraser sitzt als extrem übergewichtiger Charlie vor seinem Laptop und masturbiert zu Pornofilmen. Etwas anderes bleibt ihm auch gar nicht mehr übrig: Soziale Kontakte hat er nahezu keine mehr. Er schämt sich für seinen körperlichen Zustand so sehr, dass er es nicht einmal mehr wagt, sich vor einer Webcam zu zeigen. Fremde Menschen in seine Wohnung zu lassen, scheint erst recht undenkbar. Und selbst in dieser Situation macht „The Whale“ bereits klar, wie es um den Gesundheitszustand von Charlie steht: Schmerzen in der Brust selbst bei kleinsten Tätigkeiten. Von der Couch aufstehen? Ein einziger Kraftakt. Die nächste Pizza aus Frust und Depression aber trotzdem nicht allzu weit entfernt. Mit dieser Grundstimmung ist „The Whale“ eine Wucht für das Publikum. Ein heftiger Streifen, dessen Geschichte wir im Anschluss erst einmal verarbeiten müssen.
Die perfekte Darstellung
Es lässt sich über die gesamte Laufzeit eigentlich kaum glauben, dass der Hauptdarsteller in der Realität ein einigermaßen normalgewichtiger Mann ist. Schwer lässt sich sagen, ob die optische Darstellung des Charlie eigentlich ein extrem gut gelungenes Kostüm oder doch CGI ist. Den zweiten Oscar hatte der Film damit aber schnell sicher: Für das beste Make up, der herausragenden Darstellung der Fettleibigkeit Charlies, hat sich „The Whale“ diesen aber auch mehr als verdient. Gleichzeitig beweist Brendan Fraser mit seiner Rolle, dass er vielleicht einer der größten Charakterdarsteller aller Zeiten ist. Seine Rolle als schwer kranker, depressiver und fettleibiger Charlie spielt er mehr als nur grandios und absolut authentisch. Die Schwierigkeiten, sich fortzubewegen sind dabei genauso glaubwürdig, wie die Herzanfälle bei diversen Bewegungen und Tätigkeiten. Brendan Fraser scheint diese Rolle zu fühlen, in ihr aufzugehen – und das Publikum versinkt völlig in der Illusion dieses wuchtigen Körpers. Schon damit handelt es sich wohl um ein Meisterwerk.
Der langsame Weg zum Kern
Zugleich wagt sich das Drama aber überaus sensibel an das Thema heran. „The Whale“ liefert uns kein Fat-Shaming, sondern eine tiefgründige und vielfältige Geschichte, die ihren Blick ins Innere erst nach und nach entfaltet. Der Einblick in Charlies Psyche, der lange Leidensweg hinter der Krankheit, zahlreiche Schicksalschläge und eine tiefe Verzweiflung der Hauptfigur entpuppen sich voller Geheimnisse während der gesamten Laufzeit. „The Whale“ ist wie eine Frucht, die wir nach und nach schälen, bis wir ihren Kern offenbaren – und zwar konsequent ohne zu irgendeinem Zeitpunkt dabei Schwächen zu entwickeln. Dazu tragen auch geniale Nebendarsteller wie Sadie Sink als aufmüpfige Tochter oder Hong Chau als wohl einzige Freundin des Schwergewichts bei. Am Ende stellen wir fest: Es gibt wohl nur wenige Filme, nach denen das Publikum erst einmal eine halbe Stunde schweigt, weil es den Inhalt verarbeiten muss. „The Whale“ ist einer dieser Filme.
Fazit:
Volle Punktzahl: Mit seiner schwer beeindruckenden und authentischen Darstellung des extrem fettleibigen Charlie beweist Brendan Fraser, dass er als großartiger Charakterdarsteller völlig zurecht den Oscar als bester Hauptdarsteller erhielt. Die noch oben drauf gelegte Heftigkeit der Geschichte sorgt zudem dafür, dass „The Whale“ ein Streifen ist, den das Publikum anschließend erst einmal sacken lassen muss. Ein Meisterwerk der Extraklasse.