Der Rausch (Another Round) |
Land/Jahr: DK 2020 |
Genre: Tragikomödie |
Regie: Thomas Vinterberg |
Darsteller: Mads Mikkelsen Magnus Millang Thomas Bo Larsen Maria Bonnevie Lars Ranthe |
FSK: tba |
Dauer: 116 Minuten |
Kinostart: 22. Juli 2021 |
Label: Weltkino |
Martin ist seit vielen Jahren Lehrer an einer Oberschule. Doch inzwischen steckt er mitten in einer Midlife Crisis. Für den Job als Lehrer hat er nicht mehr den notwendigen Elan, seine Frau findet ihn offenbar langweilig und auch sonst scheint es seinem Leben an Aktivität zu mangeln. Deshalb kommt er gemeinsam mit drei seiner Kollegen auf die waghalsige Idee, ein aufregendes Experiment zu starten: Die vier Lehrer wollen ihren Alkoholpegel rund um die Uhr konstant bei 0,5 Promille halten, um dadurch lockerer zu werden, das Leben mehr zu genießen und die sozialen Fähigkeiten zu verbessern. Doch kaum mit dem Rausch angefangen, bekommen die Lehrer schon bald nicht mehr genug und wollen zur „Optimierung“ ihren Pegel noch ein wenig steigern. Bis sie damit nicht nur ihre Karriere, sondern auch ihre Familienleben aufs Spiel setzen…
Kritik:
Tiefgründige, kontroverse und zum Teil auch ungewöhnliche Rollen: Dafür ist der dänische Schauspieler Mads Mikkelsen schon seit vielen Jahren bekannt. Für „Der Rausch“ hat er sich an ein interessantes Experiment gewagt: Er musste fast den gesamten Film im betrunkenen Zustand drehen. Für einen Star wie ihn aber doch sicherlich kein Problem?
Komödie der besonderen Art
Eine besondere Herausforderung ist das natürlich durchaus für die Darsteller, denen es mit einem erhöhten Alkoholpegel mitunter schwer fällt, die Kontrolle über ihren Körper zu behalten und sich auf ihre Rolle zu fokussieren. Und obwohl „Der Rausch“ anfänglich eigentlich ein eher trauriges und dramatisches Thema anspricht, handelt es sich viel mehr um eine Tragikomödie, bei der man reichlich die Lachmuskeln trainieren kann. Denn Betrunkene sagen bekanntlich nicht nur die Wahrheit, sondern können obendrein auch noch ziemlich witzig sein – zumindest für den Zuschauer. Beachtet man die Tatsache, dass es sich bei den betrunkenen Rollen allesamt um Lehrer einer Schule handelt, bringt das eine gewaltige Portion Situationskomik mit, schließlich dürfen wir die alkoholisierten Lehrer in ihrem etwas seltsam anmutenden Berufsalltag beobachten. Mit zynischen Reaktionen feiern sie geradezu ihren eigenen Rausch und erfreuen sich an jedem Schlückchen Schnapps. Und da reichen mitunter schon die Dialoge, um einen zündenden Gag nach dem anderen zu bringen.
Kontrast durch Dramatik und Witz
Trotz allem macht aber die Mischung aus Drama, Tragik und Komödie diesen Film aus. Die Rahmenhandlung und die damit einhergehende Motivation für den Alkoholmissbrauch sind nämlich gar nicht so witzig, wie man manches Mal annehmen könnte: Regisseur Thomas Vinterberg wollte nämlich einen Film schaffen, mit dem sich vor allem Menschen mittleren Alters identifizieren können: Wenn die Midlife Crisis mit Unzufriedenheit über das eigene Leben, die Ehe und den Alltag einhergeht und das Risiko für Alkoholismus besonders hoch ist. „Der Rausch“ ist somit ein Film mitten aus dem Leben und wenn die negativen, tragischen Momente zum Vorschein kommen, geht der Streifen auch emotional sehr unter die Haut. Szenen, in denen aus dem einstigen Experiment plötzlich doch die Gefahr des Alkoholismus wird, oder die Ehe am launischen Verhalten des Lehrers zu scheitern droht, packen das Publikum vor allem deshalb, weil sie im extremen Kontrast zu den witzigen Momenten des Rausches stehen. „Der Rausch“ ist damit wie eine kleine Achterbahnfahrt, die tragisch beginnt, einen äußerst witzigen Höhepunkt findet und ebenso tragisch endet, wie sie begonnen hat. Und vor allem: Den Zuschauer dann gedanklich nicht mehr so schnell loslässt.
Schauspielerei unter Alkoholeinfluss
Mads Mikkelsen gelingt es natürlich auch dieses Mal wieder, seine starke Charakterrolle mit Bravour zu meistern. Dabei orientiert er sich weniger an seinen jüngsten Mainstream-Produktionen, sondern stärker an den schauspielerischen Glanzleistungen, wie wir sie etwa aus dem grandiosen „Die Jagd“ kennen, der ebenfalls von Thomas Vinterberg gedreht wurde. Auch hier zeigt sich Mikkelsen insgesamt schließlich als zurückhaltender, wenig actionreicher Darsteller, der allerdings Körpersprache und Mimik auf den Punkt genau wirken lässt. Das ist besonders interessant in jenen Szenen, die er betrunken drehen musste, in denen er sichtbar die Kontrolle über seine Bewegungen verliert, aber dennoch eine weiterhin absolut treffende Mimik beherrscht, die sich als äußerst ausdrucksstark entpuppt. Eine solche Leistung muss einem Schauspieler erst einmal gelingen und „Der Rausch“ ist damit sowohl thematisch, als auch inszenatorisch eine der größten Besonderheiten der letzten zehn Jahre.
Fazit:
Mads Mikkelsen gelingt es in dieser Tragikomödie sogar alkoholisiert, seine Rolle mit gekonnter Mimik und Körpersprache zu beherrschen. Mit einem außergewöhnlichen Mix aus genialem Witz und erdrückender Dramatik gelingt „Der Rausch“ ein Kontrast, der den Zuschauer voll in seinen Bann zieht.