Vivarium |
Land/Jahr: DK / IRL / B 2019 |
Genre: Thriller |
Regie: Lorcan Finnegan |
Darsteller: Jesse Eisenberg Imogen Poots Jonathan Aris |
FSK: ab 16 Jahren |
Dauer: 98 Minuten |
Kaufstart: 12. Juni 2020 |
Label: Concorde |
Tom und Gemma sind ein junges Paar, das sich endlich eine gemeinsame Zukunft mit möglichen Kindern aufbauen möchte und dafür schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem eigenen Haus ist. Der etwas seltsame Immobilienmakler Martin von der Wohnsiedlung Yonder scheint dabei die perfekte neue Bleibe zu haben. Ein optimal auf die zukünftige Familienplanung ausgerichtetes Musterhaus in einer einheitlichen Siedlung. So einheitlich, dass praktisch jedes Haus im umliegenden Häuserblock absolut identisch aussieht. Kaum den hübschen Garten besichtigt stellt das Paar allerdings fest: Martin hat sich längst aus dem Staub gemacht und die Siedlung scheint ein so mysteriöser Irrgarten zu sein, dass sie den Ausgang einfach nicht mehr finden. Tom und Gemma sind fortan in ihrem neuen Haus mit der Nummer 9 gefangen – und das passende Kind wird auch noch samt Lebensmitteln unbemerkt gleich vor die Tür geliefert. Doch nur, wenn sie das seltsame Baby großziehen, sollen sie ihre Freiheit zurückerlangen…
Kritik:
Mit seinen 36 Jahren ist Jesse Eisenberg sicherlich in einem Alter, in dem die weitere Familienplanung durchaus noch im Rahmen der Möglichkeiten liegt. Das erste gemeinsame Filmkind mit Imogen Poots hat er sich dabei aber wahrscheinlich etwas anders vorgestellt, als einen außergewöhnlich schnell wachsenden Mutanten in einem Karton sprichwörtlich „vom Storch“ geliefert zu bekommen. Aber in „Vivarium“ geht eben so einiges nicht ganz mit rechten Dingen zu.
Verstörung durch Symmetrie
Schon die Wohnsiedlung, in die es Jesse Eisenberg und Imogen Poots verschlägt, entspricht so ganz und gar nicht den üblichen Sehgewohnheiten. Eine absolut identische Symmetrie grüner Reihenhäuser, die bis auf ihre Hausnummer bis ins Detail völlig identisch aussehen, sorgt bereits für ein verstörendes Setting. Reihe an Reihe, Straße an Straße, Garten an Garten – absolut identisch, surreal und geradezu bedrückend. Selbst die Wolken gleichen sich wie eine sich stetig wiederholende Tapete aus perfekt aneinandergereihten grauen Flecken am Himmel. „Vivarium“ zieht uns mit einer eigenartigen Seltsamkeit, die faszinierend mit optischen Details spielt, in seinen Bann. Doch das ist längst nicht alles, was hier tatsächlich merkwürdig erscheint.
Unterhaltung mit Andersartigkeit
Die ebenso verstörenden Figuren tragen dazu ihr Übriges bei. Entfaltet bereits der schräge Immobilienmakler mit seinem gezielten Overacting seine mysteriöse Wirkung, so stellen die „freudigen“ Eltern schon bald fest, dass der kleine Junge auf nicht minder verstörende Art ein junges Ebenbild des Maklers zu sein scheint. Aus unerfindlichen Gründen unnatürlich schnell wachsend, mit einem eingeschränkten Wortschatz ausgestattet und mit „auffälligen“ Verhaltensstörungen seine „Eltern“ in den Wahnsinn treibend, bietet der Junge in diesem etwas weitläufigeren „Kammerspiel“ einen gekonnten Mix aus Drama und Humor, von dem das Publikum über weite Strecken hinweg vermutlich nicht so recht weiß, was es davon zu halten hat. Zu „anders“ diese Figur, als dass die Zuschauer ihn tatsächlich einordnen könnten, zieht sie uns dennoch fasziniert in ihren Bann.
Kein Entkommen aus dem Hamsterrad
Natürlich hat sich Regisseur Lorcan Finnegan dabei auch etwas gedacht, wenn er das mysteriöse Kind im weißen Hemd seine „Eltern“ nachahmen und bei Bedürfnissen schlicht penetrant herumschreien lässt. Die Grundhandlung des Films, so simpel sie auch ist, scheint dabei eine Mischung aus „The Truman Show“ und einer kafkaesken Form von „The Outer Limits“ zu sein. Allzu offensichtlich in einer irrealen Welt gefangen, in der die Protagonisten vermeintlich von außen beobachtet werden, versinnbildlicht „Vivarium“ das Hamsterrad der Gesellschaft, in dem Individualität den von oben herab diktierten gesellschaftlichen Normen weicht. Was sich sonst vermeintlich freiwillig in eine normale Gesellschaft einfügt, wird in „Vivarium“ zu einem abstrakten Konstrukt, dass offenlegt, wie diktierte Vorgaben sich zum Wunsch der Betroffenen entwickeln – bis selbst Gemma das aufgezwungene Kind am Ende doch mit ihren Mutterinstinkten beschützen will. Verstörend faszinierend – aber sicherlich auch kein Film für den breiten Massengeschmack.
Fazit:
Hochgradig symmetrisch, irgendwie surreal, mit einer seltsamen Andersartigkeit und einer speziellen schrägen Form des Humors: „Vivarium“ gehört zu jenen Filmen, die auf eine verstörende Weise faszinieren und das Publikum mit fragenden Blicken zurücklässt. Das mag nicht für jeden Zuschauer funktionieren, doch als ausgefallener Mix aus „The Truman Show“ und „Outer Limits“ ist dieser Film zweifelsfrei ein Erlebnis der anderen Art.
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