Lenoard war schon immer ein recht eigensinniger Mensch. Nachdem ihn seine Verlobte vor einigen Jahren verließ, lebt er bei seinen Eltern und hilft seinem Vater im Laden. Das ist natürlich keine leichte Aufgabe für ihn, behandeln ihn seine Eltern schließlich immer noch, wie ein unselbstständiges Kind, sodass er sich abends sogar aus dem Haus schleichen muss, um mit Freunden feiern zu gehen. Ganz zu schweigen von seiner Mutter, die ihn regelmäßig hinter seiner Zimmertür belauscht. Da kommt es ihm natürlich gerade recht, dass er plötzlich gleich zwei Frauen kennenlernt, für die er sich sehr interessiert. Dumm nur, dass es mit keiner so recht läuft, wie man es sich eigentlich wünscht, denn diejenige, in die Leonard unsterblich verliebt ist, treibt es mit einem verheirateten Mann und sieht ihn eher als einen Kumpel-Typ. Gleichzeitig allerdings ist die andere Frau in Leonard verliebt, wird aber regelmäßig für die kaputte, drogensüchtige Blondine sitzen gelassen, die scheinbar überhaupt nichts von ihm will. Dumme Situation also, obwohl Leonard doch eigentlich ein ziemlich sympathischer Typ ist. Doch wie sagt man so schön: Kaputte Menschen haben eine unglaubliche Anziehungskraft auf andere kaputte Menschen. So dauert es also nicht lange, bis Leonard sich endgültig entscheiden muss…
Kritik:
Männer, die im Alter von über 30 Jahren noch bei ihren Eltern leben, werden meist nur belächelt. Sie gelten als schüchtern und unselbstständig. Auf den ersten Blick trifft das auch auf Leonard zu, der im Laden seines Vaters arbeitet, gerne lange schläft und sich immer noch damit herumschlagen muss, dass seine Mutter es mit der Fürsorge etwas zu genau nimmt. Dabei hat das in seinem Fall sogar psychologisch interessante Hintergründe. Nachdem ihn seine Verlobte vor einigen Jahren verlassen hat, kommt Leonard nicht mehr mit seinem Leben zurecht. Er nimmt Medikamente, um irgendwie mit seinen Depressionen klar zu kommen und hat bereits mehrere Selbstmordversuche hinter sich gebracht. Doch das will sich ein Mann seines Alters natürlich nicht anmerken lassen. Während er sich also einsam in seinem Zimmer verkriecht, oder versucht, sich abends am Strand zu ertränken, spielt er in der Gegenwart anderer Menschen immer den starken, erwachsenen Kerl, der bestens mit seinem Leben zurecht kommt. „Two Lovers“ versucht also ein außergewöhnliches Gleichgewicht zwischen psychischer Labilität und starkem Sympathieträger zu halten, was dem Film eine ganz besondere Atmosphäre verleiht. Von hier auf jetzt kommt Leonard schließlich von seelischen Extremzuständen in Normalsituationen, dessen Übergang man ihm oftmals noch einige Minuten ansieht. Schade ist allerdings, dass „Two Lovers“ dies nicht lange durchhält, sodass er sich eher auf eine recht ungewöhnliche Lovestory vertieft. Leonard lernt nämlich gleich zwei Frauen kennen – und von nun an sind die psychischen Probleme scheinbar verschwunden. Von hier auf jetzt stürzt er sich selbstbewusst ins Nachtleben, verliebt sich unsterblich in die Nachbarin und führt scheinbar zwei Beziehungen zugleich. Zumindest versucht er das, denn mit der Nachbarin mag es nicht so recht klappen. Dabei kommt hier sogar ein interessantes Klischee auf, denn Menschen suchen sich bekanntlich die Partner, die eigentlich am wenigsten zu ihnen passen. Zu einem psychisch labilen Mann kommt also auch eine „kaputte“ Frau, die in diesem Fall von Drogen abhängig ist und eine Affäre mit einem verheirateten Mann hat, der es offensichtlich nicht einmal in Betracht zieht, seine Familie zu verlassen. Gleichzeitig belügt Leonard allerdings seine eigentliche Freundin, um so die Liebe zu seiner Nachbarin zu vertuschen. Doch egal, was er auch tut, es bezieht sich immer wieder auf die psychischen Probleme auf Grund der qualvollen Trennung von seiner Verlobten. Dabei ist Leonard sogar ein richtiger Charakterkopf. Nicht nur, dass er eigentlich das typische Mamasöhnchen verkörpert, er kann auch etwas, was den meisten Menschen nicht mehr gelingt: Bedingungslos lieben. So wäre er bereit, alles für die Frau aufzugeben und zu tun, in die er unsterblich verliebt ist. Und je mehr kaputte Seiten er von ihr sieht, desto größer scheint seine Liebe zu werden. Er ist fast schon besessen von ihr – und zugleich doch sympathisch. So schafft es „Two Lovers“ auf eindrucksvolle Weise, die Gefühlslage von introvertierten Menschen darzustellen, die zu solch extremen Gefühlen in der Lage sind, diese aber oftmals nicht erwidert bekommen. Für diejenigen, die sich in diesem Charakter wiedererkennen, dürfte das vielleicht sogar einen Spiegel darstellen, denn allzu oft denkt man sich, welch ein Idiot dieser Charakter doch ist, obwohl man ihn grundsätzlich sehr sympathisch findet. So bekommt das Wort „Anti-Held“ wohl eine ganz neue Dimension. Punkten kann allerdings nicht nur Leonard, sondern auch seine Eltern, insbesondere seine Mutter. Sie schafft es nämlich, dem Film einen ganz kleinen Hauch an Situationskomik zu verpassen, in dem sie eben eine Mutter in ihrer typischsten Form darstellt. Eine Frau, die ihren Sohn heimlich ausspioniert, sich vor seine Zimmertür legt, um ihn zu belauschen und ihn vielleicht sogar ein wenig in seiner Entwicklung drückt. Und doch ist sie es, die am Ende all seine Probleme als einzige mitbekommt und ihm stets zur Seite steht. Für manch einen Sozialpädagogen mag das vermutlich ein direkter Schlag ins Gesicht sein, denn das Mamasöhnchen und seine übertrieben fürsorgliche Mutter kommen hier ungewöhnlich gut weg. Die eigentlichen Probleme, entpuppen sich am Ende als einzig wahrer Zusammenhalt, entgegen jeglichem sozialpädagogischen Lehrmaterial. Wenn Leonard dann außerdem noch einen draufsetzt und bei der ADS-Thematik behauptet, sie sei ein Trick der Pharmaindustrie, macht ihn das ungemein sympathischer. Letztendlich bietet uns „Two Lovers“ indirekt einen ganz besonderen – menschlichen – Blick auf die psychischen Probleme, ganz ohne dabei allerdings die Holzhammermethode verwenden zu wollen, was den Film zu einem besonderen Filmerlebnis macht.
Fazit:
Selbstmordgefährdetes Mamasöhnchen auf der Suche nach der Liebe in einem besonders menschlichen, einfühlsamen und perfekt besetzten Drama, das ungewöhnliche Wege geht.