Bereits seit vielen Generationen gehört das berühmte „Wahrheit oder Pflicht“ zu den beliebtesten Partyspielen von Jugendlichen. Nicht selten führt das Flaschendrehen dabei zu peinlichen und beschämenden Situationen, mit denen nicht immer alle Betroffenen glücklich werden. Das muss auch der junge Felix feststellen, der von Chris und seiner Clique während einem solchen Spiel seelisch fertig gemacht wird. Gedemütigt und voller Tränen aus dem Haus gerannt, soll dieses Ereignis noch große Folgen haben. Dennoch wird die befreundete Gruppe bereits ein paar Monate später wider Erwarten auf seine Geburtstagsfeier in eine abgelegene Hütte eingeladen. In der Hoffnung, sich möglich stark besaufen zu können, zögern die Jungs und Mädels natürlich nicht, sich auf den Weg zu machen – und stoßen vor Ort auf Felix‘ Bruder Justin, der sich zunächst als netter und aufgeschlossener Gastgeber entpuppt. Dumm nur, dass dieser ganz und gar nicht so gastfreundlich ist, wie er auf den ersten Blick scheint. Denn nach den schrecklichen Ereignissen, die Felix angetan wurden, sinnt dieser auf blutige Rache und spielt sein eigenes blutiges „Wahrheit oder Pflicht“…
Kritik:
Die meisten „Wahrheit oder Pflicht“-Spiele enden immer wieder darin, dass die Teilnehmer ziemlich versaute Aktionen durchführen oder einfach ihre Hüllen fallen lassen sollen. Doch stellen wir uns einmal vor, vier der Teilnehmer wären an einen Stuhl gefesselt und müssten statt auf aufreizender Spielchen, plötzlich recht brutale und blutige Wahlen treffen. Der Horrorfilm „Truth or Dare“ macht sich genau das zu seinem Storyinhalt.
Stille Wasser…
Es ist natürlich schon erstaunlich, wie klischeehaft die Charaktere dabei auf den ersten Blick wirken. Immerhin ist doch mittlerweile allseits bekannt, dass vor allem ruhige und schüchterne Charaktere innerlich oftmals so viel Schmerzen empfinden, dass sie bei blutigen Racheaktionen so manches Mal nicht unbedingt zögern. Da passt die anfängliche Hauptfigur Felix natürlich gut rein: Wenig Selbstbewusstsein, schüchtern und ängstlich wird er schnell zum Mobbingopfer und ist seelisch völlig fertig. Umso besser also sein beschützender Bruder, ehemaliger Kriegsveteran, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, sein völlig gegenteilig sehr starkes Selbstbewusstsein dafür zu nutzen, den Spieß einmal ordentlich umzudrehen. Besonders charismatisch und stark wirkt an der Stelle die Rolle von David Oakes, der vor Selbstwertgefühl beinahe nur so strotzt. Beide Charaktere schaffen es, den Film gänzlich zu tragen und zu herausragenden Qualitäten zu verhelfen. Alle anderen Figuren sind unterdessen eher austauschbar, eben die klassische Standard-Clique, die sich nicht gerade hochintelligent verhält.
Wahrheit oder Pflicht
Ein bisschen erinnert „Truth or Dare“ dabei an die berühmten „Saw“-Streifen, müssen die Protagonisten schließlich eher schwierigere Wahlen treffen. In einer etwas abgeänderten Form von „Wahrheit oder Pflicht“ müssen die schließlich die Wahrheit über die folgenschweren Taten von Felix aufdecken, oder aber in schwierigen Entscheidungen über das Leben und den Tod ihrer Freunde entscheiden. Erst einmal für die Pflicht entschieden, muss so manches Mal gewählt werden, ob die Freunde wohl Mineralwasser oder Batteriesäure mittels Trichter eingeflößt bekommen. Um welche Flüssigkeit es sich handelt, ist dabei zunächst nicht bekannt. Eigentlich ist der Horrorstreifen dabei aber gar nicht allzu brutal, bis auf diverse blutige Gewaltszenen. Stattdessen reißt er durch seine Charaktere und Entscheidungen mit, die mit nervenzerreißenden Mitteln dafür sorgen, dass die Entscheidung der Freunde nicht allzu einfach ausfallen dürfte. Man könnte „Truth or Dare“ stellenweise damit sogar als Psychothriller bezeichnen, obwohl die Horrorelemente nur allzu deutlich zu erkennen sind. Doch am Ende ist nichts so, wie es zunächst scheint und wir werden durch eine überzeugende Wendung überrascht.
Der gute Bösewicht
Schockierend und fesselnd wird „Truth or Dare“ allerdings vor allem deshalb, weil die Motive der Protagonisten zunächst nicht ganz so offensichtlich sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Tatsächlich schafft es der Film über lange Strecken, den vermeintlichen Bösewicht mit seinen Folterungen als eigentlich guten Charakter darzustellen. Schwarz-weiß ist hier nämlich gar nichts und die Opfer haben – wie auch in den „Saw“-Filmen – selbst reichlich Dreck am Stecken. Freizügige Sexspielchen, Schlägereien und Mobbing gehören also zur fast alltäglichen Vergangenheit der Opfer, wodurch Mitleid dem Zuschauer über lange Strecken eher fern liegt. Der Täter wird damit zum blutigen Racheengel, zum erstrebenswerten Erkämpfer der Familienehre, der lediglich Gerechtigkeit für die Taten erlangen möchte, die einst seinem kleinen Bruder angetan wurden. Mit derartigen Sympathien für den Täter begibt sich „Truth or Dare“ gar auf kontroverses Terrain und könnte vielleicht für Gesprächsstoff sorgen, wäre da nicht das klar aufklärerische Ende.
Fazit:
Packender Rachethriller mit einer sehr eigenen brutalen Abwandlung von „Wahrheit oder Pflicht“. Empfehlung für Horrorfans.