An der Grenze zwischen China, Südkorea und Russland leben zahlreiche geflohene Koreaner im Exil, verbannt aus ihrer Heimat und im dreckigsten Suff. Mit illegalen Geschäften und Glücksspiel versuchen sie tagtäglich über die Runden zu kommen – doch erst einmal in die Schulden geraten, haben sie kein leichtes Spiel mehr bei den Mitmenschen. So ergeht es auch Gu-Nam, der eine hohe Geldsumme schuldet und noch dazu seine Frau nicht aus Korea ins Exil holen kann. Genau in diesem Moment erhält er einen zweifelhaften Auftrag, den er aus finanzieller Not nicht ablehnen kann: Er soll nach Südkorea reisen, um dort einen erfolgreichen Mann zu ermorden und dessen abgetrennten Finger mitbringen. Gu-Nam zögert nicht lange und sieht die Chance gekommen, endlich nach seiner lange vermissten Frau zu suchen. Dumm nur, dass der Plan gewaltig außer Kontrolle gerät und es für Gu-Nam schon bald kein Zurück mehr gibt…
Kritik:
In ärmeren Ländern dieser Welt ist es keine Seltenheit, wenn Menschen ins Exil flüchten und in dreckigsten Umgebungen hausen. Für die Koreaner, die nach Yanbian kommen, dem autonomen koreanischen Bezirk in China, stellt nur das Gelbe Meer ein schwieriges Hindernis dar. Trotzdem ist die Reise selten lohnenswert, da sich die Wohnverhältnisse keineswegs bessern. „The Yellow Sea“ erzählt von einem Mann aus eben diesem autonomen Bezirk – und schildert eine knallharte Rachestory.
Autonomes Korea
Zunächst kann man den Thriller jedoch auch als Gesellschaftsstudie einer Bevölkerungsschicht betrachten, die kaum ärmer und schlechter leben könnte. „The Yellow Sea“ macht dabei originalgetreu einen sehr heruntergekommenen, überaus dreckigen Eindruck innerhalb grauer, einsturzgefährdeter Häuser, reinen Chaos-Wohnungen und den wohl schlimmsten Jobs der Welt. Ausgerechnet hier müssen ganze Familien mit Kindern hausen, Hundezüchter verdienen ihr Geld mit Kampfhunden und das Essen dürfte ebenso kaum allzu gesund sein. Allein der optische Gesamteindruck kann eine großartige Atmosphäre aufbauen, die uns das Gefühl gibt, jederzeit mitten im autonomen Korea zu sein. Allerdings ist der Streifen, entgegen den Erwartungen durch die Story, keineswegs immer ein rasanter Film. Stattdessen gibt es viele langsame, ruhige Momente – und dementsprechend auch Längen, was zum größten Manko des Streifens wird.
Auftrag: Mord
Trotzdem hat „The Yellow Sea“ sehr viel Stil. Die ruhige, nachvollziehbare Art macht den Film extrem realistisch, zumal Hauptdarsteller Jung-Woo Ha seine Rolle überaus gekonnt spielt. Als Auftragskiller, der völlig unerfahren aus finanzieller Not vorgeht, sind seine Handlungsweisen stets nachvollziehbar und gerade deshalb so fesselnd. Immer wieder gerät er in Not, dramatische Szenen, beklemmende Momente – und ist eigentlich stets hin und her gerissen zwischen Angriff und Flucht, Mut und Angst. Er hat Hemmungen seine Taten zu durchzuführen, ist jederzeit absolut menschlich. Gerade deshalb macht er Fehler, gerät schnell in die Verfolgung der Polizei, muss sich stets aus brenzligen Situationen befreien – und baut damit enorm viel Spannung auf. Dabei entsteht eine Hetzjagd, die wohl bei jedem Zuschauer ebenso ablaufen würde, wenn er solche Taten begehen würde. Das Ziel zwar nie aus den Augen, aber gleichzeitig stets im verdeckten, versucht er schon bald einen Ausweg zu finden – doch den scheint es kaum zu geben. Was folgt sind Gewaltexzesse, die zwar keineswegs an „I saw the Devil“ und Konsorten heran kommen, es aber gerade wegen ihres hohen Realismusgrades in sich haben. Kann man sich auf einen Film mit einigen Längen und einer relativ zähen Erzählweise konzentrieren, bekommt man einen Mord-Thriller geboten, der definitiv einen Blick wert ist, allein schon wegen seiner herausragenden Inszenierung.
Fazit:
Packender Thriller mit einigen Längen, aber einem extrem hohen Realismus, starker Authentizität und einer glaubwürdig dreckigen Inszenierung.