The Woman Trilogy |
Land/Jahr: USA 2009 - 2019 |
Genre: Horror |
Regie: Andrew van den Houten Lucky McKee Pollyanna McIntosh |
Darsteller: Pollyanna McIntosh Sean Bridgers Lauren Ashley Carter Lauryn Canny Cooper Andrews |
FSK: SPIO/JK: keine schwere Jugendgefährdung |
Dauer: 283 Minuten |
Kaufstart: 25. September 2020 |
Label: Capelight |
In Dead River an der Ostküste der Vereinigten Staaten kommt es regelmäßig zu grauenhaften Morden. Komplette Familien werden blutig zerstückelt aufgefunden und ganze Körperteile scheinen den Leichen zu fehlen. Doch das ist noch längst nicht alles: Gab es in der Familie ein Baby, verschwindet dieses ebenfalls spurlos auf mysteriöse Weise. Der Situation hilflos gegenüber stehend, bitten die örtlichen Ordnungshüter den ehemaligen Polizisten George Peters um Mithilfe. Der erinnert sich schließlich an einen Fall vor bereits zehn Jahren, bei dem es zu ähnlichen Todesfällen kam. Für ihn ist klar: Die neuesten Morde müssen auch auf das Konto eines kannibalischen Familienclans gehen, der durch die Wälder von Maine streift, auf der Suche nach Nachwuchs für den eigenen Stamm. Dumm nur, dass eine größere Familie auch deutlich mehr Menschenfleisch erfordert…
Kritik:
So manchem Fan von Horrorromanen könnte er vielleicht ein Name sein: Neben Stephen King gehört Jack Ketchum sicherlich zu den bekannteren Autoren des Genres. Bekanntheit erlangte er allerdings vor allem durch die explizitere Beschreibung roher Gewalt und seinen etwas geradlinigeren Schreibstil. Bei einer Verfilmung seiner Romane darf man daher auf ziemlich blutige Streifen hoffen.
Der einfache Kannibalen-Film…
Mit „The Woman Trilogy“ gibt es immerhin gleich drei davon. Zum ersten Mal erschienen schließlich alle drei Filme basierend auf dem Roman „Beutegier“ von Jack Ketchum in einer ungeschnittenen Komplettsammlung. Beim ersten Film „Offspring“, der praktisch die Vorgeschichte zu „The Woman“ darstellt, bedient sich Regisseur Andrew van den Houten dem klassischen Stil des Gore- und Splatterkinos. Als einfach gestrickter Kannibalenfilm ließe sich die Story recht einfach zusammenfassen, denn van den Houten setzt in erster Linie auf recht brutale Gewalt. Blut und Eingeweide gibt es nahezu im Minutentakt, denn immer wieder dürfen wir den wilden Kannibalen beim Verzehren ihrer Opfer zuschauen. Das niedrige Budget sieht man dem Streifen aber deutlich an, sodass „Offspring“ nur selten wirklich überzeugen kann. Davor zurückschrecken sollten interessierte Zuschauer aber trotzdem nicht, denn für das Verständnis des Gesamtwerkes am Ende ist auch diese Handlung durchaus wichtig.
… gefolgt vom knallharten Psychothriller
Lohnenswert ist die Trilogie als Gesamtes nämlich in jedem Fall, denn mit dem zweiten Teil „The Woman“ steigert sich die Reihe qualitativ enorm. Aus dem einfach gestrickten Kannibalen-Horror wird nun zunehmend ein Psychothriller, der dem Publikum auf verstörende Weise unter die Haut geht. Im Mittelpunkt steht dabei ein psychopathischer Gewalttäter, der zugleich zum Gegenspieler der titelgebenden Kannibalin wird. In seiner Scheune gefangen haltend, gibt er sich größte Mühe, die vermeintlich „Wilde“ zu erziehen und sie an Ketten gefesselt an die Zivilisation zurückzuführen. Und das notfalls auch auf Kosten seiner eigenen Familie, die er unterdrückt, tyrannisiert und letztendlich auch dominiert. Die Grenze zwischen der Wildheit der Kannibalin und der vorbildlichen Zivilisation verschwimmen immer mehr – bis auch der Zuschauer sich fragt, ob der vermeintlich „normale“ Familienvater nicht womöglich schlimmer ist, als die menschenfressende Kannibalin. Damit gelingt „The Woman“ die Provokation perfekt und die Trilogie wird erstmals zu einem kontroversen Werk.
Bis zur Vollendung der Kontroversen
Im dritten Teil „Darlin“ vollendet Hauptdarstellerin Pollyanna McIntosh dann als Regisseurin selbst das Gesamtwerk, in dem sie gleich sogar noch ein drittes Genre einführt, das sich aber hervorragend in die vollständige Handlung einfügt. Nahtlos setzt der Streifen am Ende von „The Woman“ an und führt mit einem jungen Mädchen die Geschichte der Kannibalen fort. Dieses Mal weicht der Horror und die Thriller-Elemente aber einem sozialkritischen Drama, das auch die Altersfreigabe des Films entsprechend senkt und seine Szenen deutlich weniger blutig und brutal werden lässt. Seinem sozialsatirischen Ausdruck aber bleibt er treu: Auch dieses Mal stellt McIntosh den Animalismus des Kannibalen der vermeintlichen gesellschaftlichen Norm gegenüber – und stellt sie in Frage. Das Setting in einem kirchlichen Kinderheim umgeben von Nonnen und einem Bischof ist dabei geradezu perfekt, um auch hier wieder für kontroverse Inhalte zu sorgen.
Von der Natur des Menschen
Als Gesamtwerk betrachtet wird dann spätestens nach dem dritten Teil jedem Zuschauer klar, was uns die Macher eigentlich vor Augen führen möchten: Mit „The Woman Trilogy“ stellt er die menschliche Natur vollends in Frage. Es kommt die Frage auf, ob gesellschaftliche Normen, wie wir sie kennen, tatsächlich unserer menschlichen Natur entsprechen oder ob sie durch äußere Einflüsse anerzogen wurden. Ist die ungezähmte animalische Natur der Kannibalen, anerzogen durch die eigenen kulturellen Einflüsse womöglich ebenso „normal“, wie die in Gewalt mündenden gesellschaftlichen Zwänge der Zivilisation oder die oftmals indoktrinierten fragwürdigen religiösen Wertvorstellungen, denen gläubige Menschen ausgesetzt sind. “The Woman Trilogy” präsentiert uns einen abweichenden, kontroversen Blick auf das, was das Publikum als Normalität empfindet. Und lässt unweigerlich den Gedanken aufkommen, ob die ursprüngliche Art des Lebens, etwa das einfache Leben einstiger Höhlenmenschen, nicht doch der eigentlichen menschlichen Natur entspricht – selbst, wenn sie womöglich unzivilisiert erscheinen mag. Und da ergibt sich trotz der scheinbaren Simplizität der einzelnen Filme, wenn man sie alleinstehend betrachtet, plötzlich ein tiefgründiges, sozialkritisches und in sich schlüssiges Gesamtwerk.
Fazit:
Mal einfacher Kannibalen-Horror, mal knallharter Psychothriller und dann wieder gesellschaftskritisches Drama – „The Woman Trilogy“ hat zahlreiche Aspekte zu bieten. Nicht jeder der drei Filme kann gänzlich überzeugen, doch in seinen starken Momenten bieten vor allem „The Woman“ und „Darlin“ zahlreiche Kontroversen. Am Ende ergibt sich ein Gesamtwerk, das die Natur des Menschen grundlegend in Frage stellt.
Einzelbewertung der enthaltenen Filme:
Offspring – 4/10
The Woman – 8/10
Darlin’ – 7/10
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