The Farewell |
Land/Jahr: USA 2019 |
Genre: Tragikomödie |
Regie: Lulu Wang |
Darsteller: Awkwafina Tzi Ma Diana Lin Jim Liu Shuzhen Zhao |
FSK: ab 12 Jahren |
Dauer: 96 Minuten |
Kaufstart: 17. April 2020 |
Label: dcm |
Als die junge in New York studierende Billi erfährt, dass ihre geliebte Großmutter Nai Nai in China wegen Lungenkrebs im Endstadium nur noch kurze Zeit zu leben hat, steht ihre Welt gewaltig auf dem Kopf. Ihre Familie beschließt, der alten Dame ihr Schicksal zu verheimlichen und ihr einen überaus freudigen Lebensabend zu bescheren. Um das große Zusammentreffen der gesamten Familie zu erklären, planen sie kurzerhand die Spontan-Hochzeit von Billis Cousin. Doch in einem Wechselbad der Gefühle fällt es Billi zunehmend schwer, ihrer Großmutter eine solch schwerwiegende Gewissheit zu verschweigen. Und zugleich ist die Heimkehr eine Chance, die alte Heimat noch einmal wiederzuentdecken und lieben zu lernen…
Kritik:
Wenn ein Mensch nur noch kurze Zeit zu leben hat: Ist es dann ethisch korrekt, ihr den bevorstehenden Tod zu verschweigen, um der Person ein unbeschwertes restliches Leben zu ermöglichen oder wäre es unsere Pflicht, den Betroffenen über seine Krankheit aufzuklären. Ein schwieriges Thema, bei dem „The Farewell“ versucht, den Spagat zwischen Drama und Feel-Good-Komödie zu bewältigen.
Medizinethik im Fokus
Schon recht früh in der Geschichte von „The Farewell“ heißt es: „Wenn ein Mensch Krebs hat, stirbt er nicht am Krebs, sondern an der Angst“. Trotz seiner eigentlich simplen und geradlinigen Handlung ist der chinesische Streifen damit durchaus eine recht schwer zu verdauende Kost. Ein Drama, das sich mit medizinethischen Fragen auseinandersetzt und der Frage danach, ob es rechtens sein darf, einem Patienten den bevorstehenden Tod zu verschweigen, um ihm ein gutes restliches Leben zu bescheren. Der eigentliche Star des Films ist dabei allerdings nicht die bald sterbende Großmutter, gespielt von Shuzhen Zhao, sondern viel mehr die Rapperin Awkwafina, in der Rolle der Enkelin aus Amerika, der es überaus schwerfällt, ihre Gefühle zu unterdrücken. Hin und hergerissen zwischen Trauer und Freude reicht allein die Mimik aus, damit der Funke auf den Zuschauer überspringt und wir uns vollends in die Figur hineinversetzen kann.
Die Frage der Heimat
Dabei bietet „The Farewell“ sogar eine gewisse Vielfalt, da es neben der ethischen Thematik auch um Selbstfindung und Heimatliebe der Hauptfigur geht. Als Nebengeschichte baut das Drama nämlich eine klassische multikulturelle Handlung um Integration und das Gefühl von Heimat ein. Die Frage danach, ob man seine Herkunft wohl jemals leugnen kann, egal wie lange man auch bereits eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, ist stets ein allgegenwärtiges Thema, zumal es für die Chinesin mit amerikanischem Pass durch starke Anpassung an ihre neue Heimat auch um kulturelle Konflikte geht. Das macht der Film auch dadurch deutlich, dass er selbst in der deutsch synchronisierten Fassung immer noch zweisprachig ist: Während die chinesischen Dialoge deutsch synchronisiert wurden, bleiben die englischsprachigen weiterhin englisch mit deutschen Untertiteln. Da kann es sich durchaus anbieten, den Streifen gleich im englisch-chinesischen Original zu schauen, um ein noch stärkeres Gefühl für die kulturellen Unterschiede zu bekommen.
Eine ziemlich gesunde Krebspatientin
So spannend allerdings die Geschichte um kulturelle Unterschiede auch sein mag, so große Probleme bringt sie mitunter mit sich: Besonders in der zweiten Hälfte des Films vergisst „The Farewell“ leider gelegentlich seine Kernhandlung um die Lüge über den bevorstehenden Tod und verrennt sich etwas in der Darstellung kultureller Eigenheiten. Plötzlich stehen befremdliche chinesische Angewohnheiten wie die Engagierung von Klageweibern bei einer Beerdigung ebenso im Mittelpunkt, wie die typischen mit Karaoke vollgepackten chinesisch-japanischen Hochzeitsfeiern und die Dramatik um Medizinethik gerät in den Hintergrund. Zumal „The Farewell“ selbst dabei gewisse Probleme mit sich bringt, da das große Leid einer Lungenkrebserkrankung im Endstadium deutlich zu harmlos dargestellt wird. Zuschauer, die schon einmal einen leidenden Patienten erlebt haben, der im letzten halben Jahr seiner Erkrankung nur noch mit Atemgerät das Haus verlassen konnte, wird es schwer fallen, der flinken Oma aus „The Farewell“ ihre Erkrankung glaubhaft abzukaufen. Trotz spannender Grundlage hat das Drama damit durchaus diverse Stellen, an denen es schwächelt.
Fazit:
Mit einer hervorragend emotional spielenden Awkwafina entpuppt sich „The Farewell“ als spannendes Familiendrama mit medizinethischem Fokus. Leider schwächelt der Streifen stellenweise etwas an seinen multikulturellen Nebenhandlungen und der unglaubhaften Darstellung einer schweren Krebserkrankung. Dank des hohen philosophischen Anspruches lässt sich das aber durchaus verschmerzen.
Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt..