Der erfolgreiche und renommierte israelische Chirurg Amin Jaafari hat definitiv keinen einfachen Job. Regelmäßig geschehen in seinem Land schwere terroristische Anschläge, immer wieder muss er dabei die schwerverletzten und verstümmelten Menschen versorgen, obwohl die Ausstattung des Krankenhauses nicht unbedingt auf eine hohe Anzahl von Patienten ausgelegt ist. Auch an diesen Tagen soll es daher wieder soweit sein: In einem Restaurant in Tel Aviv jagt sich ein Selbstmordattentäter in die Luft und tötet dabei ganze siebzehn Menschen, darunter zahlreiche Kinder. Noch ahnt er jedoch nicht, welche Person sich ebenfalls unter den Leichen befindet. In der Mitte des Anschlages befand sich schließlich seine Frau Sihem Jaafari, die als Täterin bei dem Attentat gilt. Ins Visier der Polizei geraten und unter Verdacht, ebenfalls der terroristischen Vereinigung anzugehören, versucht er die Wahrheit aufzudecken und glaubt fest an die Unschuld seiner Frau. Doch bei der Suche nach den Drahtziehern im palästinensischen Grenzgebiet stößt er auf eine Parallelwelt, die sein Weltbild vollkommen erschüttert…
Kritik:
Terrorismus ist seit dem Anschlag vom 11. September 2001 immer wieder ein großes Thema in der westlichen Welt. Vor allem die Amerikaner dominieren dabei das Thema und stehen als Vorreiter im Anti-Terrorkampf. Kaum wird da von den europäischen Bewohnern beachtet, dass es Terror auch in ganz anderen Gebieten gibt. Denn auch Israel ist ein Zentrum des Terrors, ganz abseits des amerikanischen Anti-Terrorkampfes.
Eine andere Welt
In „The Attack“ spielen die US-Amerikaner überhaupt keine Rolle, nicht einmal ein einziger Soldat wird in diesem Film erwähnt. Obwohl in Frankreich gedreht, versucht der Film speziell auf die israelische Sichtweise im Konflikt mit Palästina einzugehen – einem Land, in dem die christliche moderne Welt auf muslimische Gläubige stößt, die vordergründig behaupten, ihr eigenes Land zurückerobern zu wollen. Es zeigt eine Parallelwelt, in der nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Familiäre, freundliche und mitfühlende Menschen zeigen sich weltoffen gegenüber anderen Menschen und Religionen und verehren doch insgeheim die Terroristen als Märtyrer und Heilige. Straßen sind vollgekleistert mit Plakaten und Bildern von Selbstmordattentätern, die der einen großen Sachen dienen. Nicht allzu weit entfernt von der Hauptstadt Tel Aviv, die so weltoffen und modern scheint und nichts von all dem Schrecken im Grenzgebiet erahnen lässt. „The Attack“ ist damit auch ein schwerer Stoff, der durchaus als politische Bildung taugt und den Terrorkampf aus einer gänzlich anderen, vernachlässigten Sicht zeigt. Ein spannender und erschreckender Einblick.
Unter Terrorverdacht
Die emotionale Geschichte rund um den Ehemann Amin dient dabei wohl nur als Aufhänger, um den Streifen spannender und unterhaltsamer zu machen. Persönliche Schicksale funktionieren schließlich bekanntlich gut, um den Zuschauer vor dem Bildschirm zu fesseln. Doch da entsteht auch eine gewisse Brisanz, wenn die eigene Frau völlig ungeahnt dem radikalen Islamismus nacheifert und heimlich derartige Anschläge verübt. Überhaupt nichts von den Machenschaften gewusst, völlig vom Verlust und der Tat geschockt, plötzlich selbst im Visier der Behörde. Wie schnell selbst unschuldige Angehörige unter Terrorverdacht geraten können, nur weil sie von ihren Ehegatten belogen werden, ist erschreckend – und macht den Film zugleich so brisant. Dennoch ist „The Attack“ an dieser Stelle zu weich und zu verharmlosend. Aus Terroristen werden normale Mitmenschen, aus brutalen Polizisten plötzlich verständnisvolle Freunde. Doch wagt man sich auf eine ungewohnte Sichtweise, die ohne Klischees und stereotypische Muster auskommt – mit einem Hauptdarsteller, der durchdacht, weise und introvertiert ruhig an die Sache herangeht. Tief in ihm die Trauer und der Hass, nach außen hin so souverän. Ein Geheimtipp mit Tiefgang und politisch anspruchsvoller Story.
Fazit:
Der Kampf gegen den islamistischen Terror aus einer ungewöhnlichen, israelischen Perspektive, die ganz ohne die übliche US-Selbstbeweihräucherung auskommt und stereotypische Klischees nicht einmal im Ansatz nötig hat. Überaus sehenswert.