Will, Riley, Capheus, Sun, Lito, Kala, Wolfgang und Nomi sind völlig verschiedene Personen, die sich eigentlich noch nie in ihrem Leben gesehen oder getroffen haben. Sie leben an gänzlich unterschiedlichen Orten rund um den Globus verteilt und wissen doch von ihrer Existenz. Seit ihrer Kindheit scheint sie etwas zu verbinden, das ihnen ermöglich, die Emotionen und Gefühle der jeweils anderen zu teilen. Auf Grund einer mysteriösen Gehirnanomalie verfügen sie über ein kollektives Bewusstsein, das es ihnen außerdem ermöglicht, sich gegenseitig „geistig zu besuchen“ oder gar in den Körper eines anderen hineinzuschlüpfen. Doch erst heute im Erwachsenenalter sind diese Fähigkeiten so weit ausgeprägt, dass sie sich ihrer Möglichkeiten bewusst werden. Sogar Fähigkeiten, Wissen und Sprachkenntnisse der jeweils anderen können sie teilen und für ihre eigenen Zwecke nutzen. Privatsphäre und Selbstbestimmung ist so nur noch bedingt möglich, doch es eröffnen sich auch zahlreiche neue Optionen, die ein Empfinden jenseits der menschlichen Vorstellungskraft ermöglichen. Dumm nur, dass es sich ein skrupelloser Arzt mit ähnlichen Fähigkeiten zur Aufgabe gemacht hat, diese speziellen Menschen zu jagen und endgültig zu vernichten. Doch um das zu verhindern, müssen sie sichergehen, dass er niemals in ihr kollektives Cluster-Bewusstsein eindringen darf – leichter gesagt, als getan.

Kritik:
Die Wachowski-Geschwister sind wahrlich für außergewöhnliche und äußerst intelligente Formate bekannt. Berühmt wurden sie unter anderem durch die weltbekannte „Matrix“-Trilogie und den erfolgreichen Sci-Fi-Film „Cloud Atlas“. Nun wagen sie sich erstmals an eine Serie und veröffentlichen diese zunächst exklusiv auf Netflix.

Unkonventionelle Themen
Nun erwartet so mancher wahrscheinlich, dass die Protagonisten sich in atemberaubenden Effekten winden und in Zeitlupe durch die Lüfte werfen, um spektakuläre Action umzusetzen. An dieser Stelle sei gesagt: Wir können schon einmal entwarnen, denn ein bisschen Action wird es durchaus geben. Allerdings haben sich die Wachowski-Geschwister offensichtlich geweigert, ihre Serie allzu sehr auf Actionelemente aufzubauen. Stattdessen sollen außergewöhnliche Charaktere im Mittelpunkt stehen, die um Privatsphäre, Identitätsfindung und Akzeptant in ihrem eigenen Leben kämpfen. Ein lesbisches, wie auch schwules Paar in einer der Hauptrollen ist dafür praktisch obligatorisch und gehört ganz üblicherweise zu den unkonventionellen Darstellungsweisen, die Netflix in vielen ihrer Serien bevorzugt. Doch auch die indische Religion, oder ein schwieriger Familienkonflikt können im Mittelpunkt stehen und die Charaktere allesamt in einem Kontrast erscheinen lassen. Damit entstehen zahlreiche dramatische Nebenstories rund um die Charaktere, die „Sense8“ letztlich erst so interessant machen.

Spannende Pärchen
Dabei sind natürlich nicht alle acht Hauptprotagonisten und ihre Stories absolut gleich interessant. Will kann schließlich als Polizist mit besonderen körperlichen Fähigkeiten eine große Schlüsselfigur in der Entschlüsselung des Rätsels um den jagenden Arzt einnehmen. Damit ist eine gewisse Spannung natürlich vorprogrammiert, während etwa die Lebensgeschichten rund um eine indische Hochzeit bei Kala sicherlich zwar immer noch interessant erscheinen, um von der Serie gefesselt zu werden, aber nicht mehr ganz so im Mittelpunkt stehen. Ganz anders hingegen etwa die beiden weiblichen Figuren Riley und Nomi, die schnell in die Fänge einer mysteriösen feindlichen Organisation geraten, die ihnen zu einem großen Problem werden. Der Fokus der Spannung liegt also bei der Detektivarbeit rund um jenes Unternehmen und ihrem geheimnisvollen Arzt. Fragen entstehen und andere Fragen bleiben auch weiterhin offen. So hält uns „Sense8“, wie es eine gute Serie nun einmal tun sollte, lange am Ball. Nichts desto trotz erhält die Sci-Fi-Serie natürlich auch einen ganz eigenen Touch der herausragenden Wachowski-Geschwister.

Bewusstseinserweiterung
Immerhin dürfte der spannendste Part der Serie wohl das kollektive Bewusstsein sein, in dem die besonderen acht Menschen innerhalb eines Clusters miteinander kommunizieren und in den Körper des anderen tauschen können. Es ist beeindruckend, wie „fließend“ und perfekt ineinanderpassend die Macher dieser Serie den ständigen Wechsel der Locations zustande bringen. Besuchen sich zwei Figuren im Geiste, so springen diese quasi zwischen den Locations praktisch nahtlos hin und her, was für Außenstehende wohl wie Selbstgespräche aussehen mag. Richtig interessant wird das dann auf Grund der Tatsache, dass „Sense8“ tatsächlich an den verschiedenen Locations rund um die Welt gedreht wurde und keinesfalls in einem Studio, was die nahtlosen Übergänge umso beeindruckender erscheinen lässt. Und wir profitieren auch im Unterhaltungswert von dem Cluster-Bewusstsein: Schließlich verschmelzen die acht unterschiedlichen Figuren letztendlich ein bisschen zu einem einzigen großen Charakter, der beliebig über alle Fähigkeiten der anderen „Sensates“ verfügen kann. Wenn dann etwa der harmlose afrikanische Junge plötzlich mit hollywoodreifen Kampftechniken aufwarten kann, weil die Koreanerin über entsprechende Kampfausbildungen verfügt, sieht das durchaus mitreißend und unterhaltsam aus – beweist zugleich aber auch die herausragenden schauspielerischen Leistungen von Darstellern, dessen Herkunft rund um den Globus liegt. Faszinierend.

Fazit:
Die beiden Regisseure der „Matrix“-Trilogie versuchen sich erstmals an einer eigenen Serie und brillieren dabei mit einer faszinierenden Thematik, komplexen Charakteren und dramatischen Nebengeschichten. Mit hohem Aufwand an verschiedenen Locations auf der Welt produziert und mit Stars wie Freema Agyeman (Doctor Who) und Max Riemelt hochkarätig besetzt, schaffen sie dabei eine spannende Mischung aus Sci-Fi, Identitätsdrama und Privatsphäre-Thriller. Faszinierend und spannend zugleich.

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