River’s Edge |
Land/Jahr: USA 1986 |
Genre: Drama |
Regie: Tim Hunter |
Darsteller: Keanu Reeves Dennis Hopper Crispin Glover Ione Skye Daniel Roebuck |
FSK: ab 16 Jahren |
Dauer: 100 Minuten |
Kaufstart: 29. März 2019 |
Label: Camera Obscura |
Ein Fluss irgendwo bei einer Kleinstadt in Oregon: Am Ufer liegt die nackte Leiche eines jungen ermordeten Mädchens. Daneben ihr Freund, der verstört auf dem Boden hockt und seine Tat noch gar nicht so richtig fassen kann. Ein Freund, der aber auch psychisch dermaßen labil ist, dass er schon kurz darauf voller Gleichgültigkeit und Gefühlskälte vor seinen eigenen Kumpels mit dem Mord prahlt. Für die steht auf den ersten Blick nur eines fest: Sie müssen unter allen Umständen ihren Freund decken, denn in Oregon erwartet einen Mörder die Todesstrafe. Doch wie lange wird es dauern, bis die Jugendlichen das schlechte Gewissen plagt und einer von ihnen doch zur Polizei geht? Für die Clique um Matt, Layne und John beginnt damit eine Zerreißprobe, die nicht nur ihre Freundschaft ernsthaft aufs Spiel setzen könnte…
Kritik:
Auch die größten Hollywoodstars haben einmal jung und klein angefangen. Mit „River’s Edge“ bekommen wir schließlich einen der ersten Filme mit Keanu Reeves im damaligen zarten Alter von gerade einmal zweiundzwanzig Jahren zu sehen. Vielleicht könnte dieses Drama aber auch der Anfang seines großen Durchbruchs gewesen sein.
Psychologische Abgründe
Schon damals, als es sich bei ihm noch um einen relativ unbekannten Darsteller handelte, wurde in „River’s Edge“ nämlich ersichtlich, welche Schauspieler hier ganz besonders positiv hervorstachen. Vor allem Keanu Reeves als vernachlässigter Jugendlicher aus schwierigem Elternhaus, den das Gewissen um die Tat seines Freundes plagt, fällt hier ebenso schnell auf, wie sein Kollege Daniel Roebuck, den wir hier in der fantastischen Rolle des Täters sehen. Gemeinsam tragen sie in ihren noch jungen Jahren die Geschichte dieses Films mit ihren starken kantigen Charakteren. Vielleicht Roebuck sogar noch etwas mehr als Reeves, überzeugt er als psychopathisch veranlagter, völlig abgestumpfter Täter mit seiner verstörten Darstellung auf ganzer Linie. In jeder Sekunde kaufen wir ihm den psychologischen Tiefgang seiner Figur ab, den er mit einem glaubwürdigen Umgang mit seiner Tat verdeutlich. Verstörend auch für den Zuschauer deshalb, weil „River’s Edge“ sich an eine realitätsnahe Darstellung wagt, die nicht aus überdramatisierter Panik und Trauer besteht, sondern aus Abgebrühtheit und emotionaler Kälte – so abgestumpft, wie vermutlich auch in der Realität mancher Betroffene reagieren würde.
Ein junger Keanu Reeves
Ohnehin ist „River’s Edge“ aber vor allem eine Sozialstudie, die ihre Stärken nicht nur bei der Darstellung menschlicher Psychologie zeigt, sondern auch bei seinen interessanten Nebengeschichten um zerrüttete Familien, Vernachlässigung und Jugendkriminalität. Auch hier sticht einmal mehr der junge Keanu Reeves besonders hervor, dessen Familiensituation aus Drogen, Streitereien und häuslicher Gewalt neben einer völlig überforderten Mutter eine berührende Intensität besitzt. Regisseur Tim Hunter scheint schließlich ein Gespür dafür zu haben, seine Figuren überwiegend glaubwürdig darzustellen. Ganz so, als hätte er direkte Einblicke in dieses Milieu gehabt und würde hier beinahe eigene Erfahrungen aus der Unterschicht schildern. Die Tatsache, dass einem so manche Situation mit brüllenden Eltern, die ihren Kindern längst keine Grenzen mehr aufzeigen können, auch aus dem Alltag bekannt vorkommen könnte, macht den Film letztendlich erst so „hart“. Es sind weniger die tatsächlich gezeigten Szenen, als das Wissen, solche Ereignisse könnten auch in der direkten Umgebung geschehen, die das Publikum hier völlig in ihren Bann zieht. Und damit erreicht „River’s Edge“ genau das, was der Streifen auch erreichen wollte, immerhin basiert er tatsächlich auf wahren Begebenheiten.
80s Charme mit Stereotypen
Der darüber hinaus vorhandene 80iger Jahre Style mit Jeansjacken, BMX-Rädern und Rockmusik verleiht dem Drama darüber hinaus aber nicht nur einen gewissen Charme, sondern ist angesichts des Produktionsjahres direkt dem damaligen Zeitgeist entsprungen. Trotzdem kommt „River’s Edge“ an dieser Stelle leider nicht über eine kleine Schwäche hinweg, die daraus besteht, manche der Charaktere auf etwas zu stereotypische Weise zu inszenieren, wenn gleich das für die damalige Zeit durchaus üblich war. Der allzu lockere Umgang mit Drogen und die manchmal etwas künstlich wirkenden Dialoge vor allem von Crispin Glover als Layne in der deutschen Synchronisation lassen den Streifen zuweilen etwas übertrieben erscheinen. Vermutlich einem gewissen Unterhaltungswert geschuldet, hätte es „River’s Edge“ an dieser Stelle gut getan, auch die Figur des Layne mit einer ähnlichen Zurückhaltung zu inszenieren, wie es bei Keanu Reeves Matt der Fall gewesen ist. Da die 80iger Jahre Welt mit ihrer gekonnten Bildsprache das Publikum bis dahin aber ohnehin längst gepackt hat, lässt sich über solche Kleinigkeiten schnell hinweg sehen.
Fazit:
Das spannende „True Crime“-Drama um den Mord an einem jungen Mädchen überzeugt nicht nur mit einem beeindruckenden Keanu Reeves in jungen Jahren, sondern auch mit seiner verstörend realitätsnahen Darstellung psychologischer Abgründe. Das ist gut so, denn “River’s Edge” versteht sich eher als Sozialstudie über die Abgestumpftheit vernachlässigter Jugendlicher, als sich in die Kategorie der klassischen Krimis einzuordnen.
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