Den jungen Enoch kann man nicht gerade als ganz normalen Jugendlichen bezeichnen. Sein Leben hat er wegen seiner privaten Probleme längst aufgegeben und die Schule nach diversen Auseinandersetzungen ohnehin längst geschmissen. Stattdessen verbringt er seine Freizeit doch lieber auf fremden Trauerfeiern und geilt sich an den Beerdigungen fremder Menschen auf. Ausgerechnet diese doch eher deprimierenden Ereignisse sollen ihm neue Hoffnung im Leben gehen, als er den wohl besten Menschen seines Lebens kennenlernt. Plötzlich findet er erstmals in seinem Leben schließlich eine äußerst sympathische Freundin, die ihn einfach so liebt, wie er ist. Noch ahnt er jedoch nicht, dass Annabel wegen eines unheilbaren Gehirntumors nur noch für kurze Zeit zu leben hat…
Kritik:
Der herausragende Regisseur Gus Van Sant gilt schon seit je her als Meister seines Handwerks. Spätestens seit Filmen, wie „Good Will Hunting“ und „Milk“ nennt er zahlreiche Auszeichnungen sein eigen und gilt durchaus als einer der besten Dramaregisseure. Nun versucht er sich jedoch erstmals an einer wirklich ungewöhnlichen Liebesgeschichte, denn derartige Charaktere haben wir noch nicht gesehen.
Beerdigungsgeiler Schulabbrecher auf Liebestrip
Henry Hopper hat hier schließlich als junger Enoch eine wirklich besondere Rolle ergattern können, fällt er mit seinem eigensinnigen und doch eher introvertierten Charakter sehr aus der Norm und liefert ganz und gar keine stereotypische Figur ab. Bei den Charakterzeichnungen hat Gus Van Sant also bereits herausragende Arbeit geleistet und einen wahren Sympathieträger geschaffen, der gerade wegen seines außergewöhnlichen Lebenslaufes begeistert. Hier wird keine Tragödie eines Schulabbrechers dramatisiert, sondern auf glaubwürdig distanzierte, aber gleichzeitig emotionale Weise ein aus der Reihe tanzender liebevoller Mensch gezeigt. Dabei hat die eigentlichen Meisterleistungen ebenso Mia Wasikowska, die hier die unheilbar kranke Annabel verkörpert. Sie spielt ihre Rolle auf unglaublich authentische Weise und überzeugt mit ihrem lockeren Umgang mit der Krankheit – beeindruckend also diese Menschen, die trotz einer schweren Krankheit ihr restliches Leben ganz normal verbringen wollen und endlich die Liebe ihres Lebens genießen.
Krankheit ohne Ausweg
Angesichts der doch eher schwierigen und heiklen Story, die Regisseur Gus Van Sant auf besonders sensible Weise meistert, ist „Restless“ aber auch ein eher ruhiger, sanfter und zugleich melancholischer Film geworden. Hier suchen wir turbulente Actionszenen ebenso vergebens, wie hysterisches Gebrüll und überlaufende Emotionen. Sehr distanziert ist seine Inszenierung, sehr distanziert aber auch der Umgang zwischen den Charakteren. Beide Hauptfiguren versuchen schließlich ihrem unausweichlichen Schicksal entgegen zu sehen und steuern unentwegt dem drohenden Tod zu. Trotz dieser eher langsamen, ruhigen Inszenierung kann aber auch eine enorme Emotionalität aufkommen, ganz ohne große Worte. Diese entsteht schließlich aus der großen Sympathie und dem speziellen Umgang der Protagonisten, ohne dass diese durch Mimik und Körpersprache ihre Situation überzeichnen müssten. Das verpasst „Restless“ aber auch eine große Natürlichkeit, die ganz aus dem normalen Leben stammen könnte. Für den Sterbenden ist der Tod schließlich nie so spektakulär, wie für die schockierten Mitmenschen. Obwohl der Film zwar bei weitem nicht so ein Meisterwerk ist, wie wir es bei „Good Will Hunting“ und anderem bereits gesehen haben, sollte man sich auch diesen Streifen als Gus Van Sant-Fan definitiv nicht entgehen lassen – es lohnt sich, auch ohne übertriebene Darstellung und große Action.
Fazit:
„Restless“ überzeugt mit seinen eigensinnigen Charakteren, die oft und gerne sehr glaubwürdig aus der Reihe tanzen und ihrem schrecklichen Schicksal auf emotionale Weise entgegensehen. Ein weiterer herausragender Film von Meisterregisseur Gus van Sant.