Pinocchio |
Land/Jahr: I 2019 |
Genre: Fantasy |
Regie: Matteo Garrone |
Darsteller: Roberto Benigni Marine Vacth Frederico Ielapi Gigi Proietti |
FSK: ab 6 Jahren |
Dauer: 124 Minuten |
Kaufstart: 16. Oktober 2020 |
Label: Capelight |
Tischler Geppetto ist ein eher seltsamer Kauz und geht seinen Mitmenschen deshalb gewaltig auf die Nerven. Die Holzschnitzerei ist schließlich seine größte Leidenschaft und selbst in seiner Freizeit möchte er am liebsten jeden Tisch und jede Tür seiner Nachbarn reparieren. Ein vorbeiziehendes Puppentheater bringt ihn dann auf eine bahnbrechende Idee: Er möchte unbedingt die schönste Marionette der Welt erschaffen. Doch als die dann plötzlich ganz ohne Fäden zu laufen und zu reden beginnt, kann er seinen Augen und Ohren kaum trauen. Überwältigt von der Erschaffung seines Meisterwerks versucht er Pinocchio zu erziehen, wie seinen eigenen Sohn. Doch in der Welt außerhalb seiner Werkstatt lauern zahlreiche Gefahren für den kleinen Jungen aus Holz…
Kritik:
Sie ist vielleicht eine der berühmtesten Kindergeschichten aller Zeiten: Die Story um die sprechende Holzpuppe Pinocchio, die sich voller kindlicher Naivität einen Weg durch die Welt der Menschen bahnen muss. So ziemlich jeder, ob groß oder klein, kennt deshalb die legendäre Zeichentrickverfilmung aus dem Jahre 1940. Doch eigentlich gehört der Holzjunge des Tischlers Geppetto nach Italien – und von dort kommt nun die jüngste Realverfilmung.
Pinocchio als Fantasyabenteuer
In einem kleinen malerischen italienischen Dorf begegnen wir daher dem seltsamen Tischler, wie es der Buchvorlage von Carlo Collodi eigentlich seit je her gerecht werden würde. Die Realverfilmung von Matteo Garrone nimmt sich nämlich weitaus mehr Zeit für die Inszenierung der altbekannten Geschichte, als es Disney in seinem Kultfilm von 1940 tat. Generell bleibt „Pinocchio“ dieses Mal auch wesentlich näher an der Buchvorlage, denn jedes Detail soll schließlich erhalten bleiben: Nicht nur Pinocchios erster Gang in die Freiheit, sondern auch zahlreiche wichtige tierische Figuren spielen eine wichtige Rolle: Von den Gaunern im Körper eines Fuches und einer Katze, bis hin zur Schneckenfrau mit der blauhaarigen Fee darf nun nichts fehlen. Bei einer Realverfilmung führt das zwangsläufig zu einem wesentlich höheren Fantasyanteil, als wir dies von „Pinocchio“ eigentlich gewohnt sind.
Fehlender Zauber von Disney
Fantasy kann an der Stelle aber auch einen großen Nachteil haben, denn während sich die Holzpuppe durch einfallsreich gestaltete Wälder mit spannenden Kreaturen bewegt, kommt die Interaktion mit menschlichen Figuren womöglich etwas zu kurz. Das nimmt „Pinocchio“ vor allem den klassischen Disney-Zauber und den sonst so stark vertretenen Witz, denn so manches durchaus wichtige Detail in der Charakterdarstellung kommt zu kurz. Die allseits bekannte wachsende Nase etwa, wenn Pinocchio eine Lüge erzählt, wird zwar kurzzeitig erwähnt, jedoch kaum genutzt, um mit dieser für Situationskomik zu sorgen. Noch dazu bringt sie so manche Inkonsequenz des Fantasyfilms zu Tage: Etwa, wenn kurz nach der Nasenszene dann keine weiteren Lügen mehr Folgen für die wandelnde Holzpuppe haben. Hin und wieder wirkt die neue Realverfilmung von „Pinocchio“ daher wie eine Aneinanderreihung von atmosphärischen Fantasyszenen, jedoch nicht wie ein komplett durchdachter und in sich stimmiger Familienfilm. Die ausbleibende Überraschung menschlicher Figuren im Angesicht einer sprechenden Holzfigur trägt dazu dann auch einiges bei.
Zeitlose pädagogische Werte
Den Grundgedanken verliert „Pinocchio“ aber trotz allem nicht, denn bei der Inszenierung seiner pädagogischen Werte bleibt die Realverfilmung auch dem Stil des Disney-Klassikers treu: Auch dieses Mal geht es im Kern schließlich um die kindliche Naivität gegenüber den Bedrohungen in der realen Welt. Erneut ist der Streifen ein Lehrstück für jüngere Zuschauer, ein gesundes Misstrauen gegenüber Fremden zu bewahren und die Beweggründe vermeintlicher Freunde zu hinterfragen. Angenehm spielerisch dargestellt versteht sich, denn trotz seines hohen Fantasyanteils ist dieser „Pinocchio“ ein recht freundlicher und harmloser Streifen. Brutale Gewaltszenen sehen wir trotz eines manchmal ein wenig düster erscheinenden Settings zu keinem Zeitpunkt. Stattdessen sind etwa die Angriffe der beiden Gauner Fuchs und Katze selbst für das jüngste Publikum angenehm dargestellt.
CGI sorgt für Mimik
Das überrascht eigentlich insofern, dass diese Realverfilmung eben nicht mehr auf niedliche Zeichentrickfiguren setzt, sondern bei den Kreaturen auf handgemachte Masken ebenso, wie auf CGI. Matteo Garrone gelingt es jedoch, die CGI-Animationen auf besonders freundliche Weise einzusetzen. Bemerkenswert ist, dass Pinocchio selbst, der in früheren Verfilmungen vor allem als Holzfigur ein wenig steif wirken konnte, gerade durch den Einsatz des CGI aber eine erstaunlich ausdrucksstarke Mimik spendiert bekommt. Der neueste Pinocchio wirkt daher tatsächlich, als besitze er ein kindliches menschliches Gesicht, dem lediglich eine Holztextur aufgelegt wurde, was ihn schnell zum Sympathieträger des Films werden lässt. Die Show kann ihm dann lediglich noch Maria Pia Timo stehlen, die in der Rolle der Frau Schnecke die herzlich-liebenswerte „Tante“ von nebenan verkörpert, die der kleinen Holzpuppe immer wieder tatkräftig zur Seite steht – und ähnlich wie die anderen tierischen Charaktere mit echten Masken statt CGI auftritt.
Fazit:
Mit der italienischen Realverfilmung von Matteo Garrone bekommt „Pinocchio“ endlich das authentische Setting, das die Geschichte verdient. Doch während vor allem der Witz und der Zauber des Disney-Klassikers ein wenig verloren geht, überzeugt Garrones Version der Holzpuppe mit einem hohen Fantasyanteil, der stark an die Buchvorlage angelehnt ist.
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