Neues aus der Welt |
Land/Jahr: USA 2020 |
Genre: Western |
Regie: Paul Greengrass |
Darsteller: Tom Hanks Helena Zengel Neil Sandilands Michael A. Covino |
FSK: ab 12 Jahren |
Dauer: 119 Minuten |
Kaufstart: Netflix: 10. Februar 2021 |
Label: Universal Pictures / Netflix |
Wilder Westen: Im Jahre 1870 nimmt der Kampf gegen die Indianer blutige Züge an und auch der Sklavenhandel gehört zum Alltag für die meisten Amerikaner. In diesen schwierigen Zeiten reist Captain Jefferson Kyle Kidd von Stadt zu Stadt, um den Menschen aus den Nachrichten vorzulesen. Bis er eines Tages eine noch wichtigere Aufgabe findet: Auf seiner Reise in die nächste Stadt trifft er mitten in der Wildnis auf das junge Indianermädchen Johanna, das nach dem Tod ihrer Eltern völlig auf sich allein gestellt ist. Die Suche nach einem neuen Zuhause hat für den ehemaligen Soldaten weitaus höhere Priorität, als das Erzählen von Geschichten aus aller Welt. Doch der Weg könnte lang und steinig werden, denn niemand möchte das junge Mädchen bei sich aufnehmen und große Gefahren lauern im Ödland des Wilden Westens…
Kritik:
In den Vereinigten Staaten ist der Westernfilm mit Tom Hanks an Weihnachten 2020 in den Kinos gestartet, auch hier sollte das der Fall sein: Mittem im Corona-Lockdown schnappt sich Netflix die Rechte für den Oscarkandidaten, der bereits zahlreiche Auszeichnungen gewinnen konnte und hat damit einen echten Hollywood-Blockbuster zu bieten.
Jungdarstellerin mit Indianersprache
Die junge Helena Zengel in der Rolle des Indianermädchens Johanna hat dabei sogar schon eine Nominierung für die Golden Globes ergattern können. Das ist auch kein Wunder, denn die eigentlich geradlinige Geschichte wird neben dem sourveränen Tom Hanks, der seine Rolle praktisch fehlerfrei präsentiert, vor allem von der deutschen Jungdarstellerin getragen, die schon in “Systemsprenger” überzeugen konnte. Scheu, ängstlich und schüchtern gelingt es ihr trotz des jungen Alters mit Bravour, die psychische Gefühlslage des Mädchens stark zur Geltung zu bringen. Und ein bisschen erinnert sie uns dabei an die einst junge Natalie Portman, die in „Leon – Der Profi“ an der Seite von Jean Reno zwei grundlegend verschiedene Welten aufeinander prallen ließ. Ihre perfekte Beherrschung der Indianersprache, die sie scheinbar fließend spricht, trägt währendessen viel dazu bei, die Fremde der beiden Figuren in den Mittelpunkt zu stellen.
Eine gerade Linie
Dabei ist die Story von „Neues aus der Welt“ so spannend, wie einfach zugleich. Ziemlich schnörkellos zeigt sie uns die Odyssee eines herzensguten Mannes, der sich liebevoll um das Mädchen kümmernd auf die Suche nach einem neuen Zuhause macht. „Immer nach vorne schauen, wie eine gerade Linie“ tröstet er dabei die trauerende Johanna, die den Tod ihrer Eltern noch gar nicht so richtig realisiert und verkraftet hat. Und genau so erzählt sich auch die Handlung des Films, die stets mit einem klaren Ziel vor Augen die jeweils nächste Stadt ansteuert. Dabei ist „Neues aus der Welt“ insgesamt recht ruhig ausgefallen, trotz des Westerngenres doch eher ein Drama, als ein schießwütiger Actionfilm. Das Zwischenmenschliche steht einfühlsam im Fokus des Films und zeigt einmal mehr, wieso Tom Hanks womöglich einer der besten Schauspieler unserer Zeit ist.
Spannungsspitzen in Konfliktsituationen
Das heißt allerdings keineswegs, dass „Neues aus der Welt“ nicht auch mit jenen Qualitäten überzeugt, die einen Westernstreifen ausmachen. Die klassischen genretypischen Auseinandersetzungen wurden zwar dezent eingebaut, dürfen aber natürlich nicht fehlen. Doch gerade diese Zurückhaltung in der Quantität, die dann zu enormen Spannungsspitzen in den richtigen Momenten führt, machen den Westernfilm erst so richtig spannend. Kommt es zum Konflikt mit bösen „Cowboys“, die sich an dem jungen Mädchen vergreifen wollen oder zur Auseinandersetzung mit Landstreichern, die mit zweifelhaft rückständigen Methoden ein neues Dorf errichten wollen, wissen diese brenzligen Situationen zu packen und selbst jeder Schuss aus dem Revolver ist mit einer Hochspannung versehen, wie es sonst nur die Zweikampf-Duelle in den Klassikern konnten. So macht ein Western Spaß, der über keine einzige Länge verfügt und mit seiner Zielgenauigkeit eine gewisse Selbstsicherheit ausstrahlt.
Moderner Blick auf die Ureinwohner
Und das obwohl „Neues aus der Welt“ deutlich zeitgemäßer und moderner ausgefallen ist ,als die rauhen Klassiker, die wir von früher kennen. Hier gibt es keine Schwarz-Weiß-Geschichte über Cowboys gegen Indianer zu sehen, sondern eine insgesamt deutlich realistischere Darstellung der amerikanischen Ureinwohner, die auf stereotypische Klischees größtenteils verzichtet, ohne dabei aufgesetzt zu wirken. Statt dem klassischen „Kampf gegen Wilde“ bekommen wir ein zwischenmenschliches Zusammenleben zu sehen, das eher zweier Parallelwelten gleicht und vor allem von Verständigungsproblemen dominiert wird, durch die sich beide Völker fremd zu sein scheinen. Man könnte „Neues aus der Welt“ sicherlich auch als eine speziellere Form einer „Flüchtlingsgeschichte“ betrachten, die in ein altmodisches Westerngewand verpackt wurde. Zum liebevollen Tom Hanks, der mit seiner sanften, hilfsbereiten Art den „Fels in der Brandung“ mimt, passt das aber erwartungsgemäß ausgesprochen gut.
Fazit:
Ein echter Western und zurecht potentieller Oscarkandidat: Tom Hanks entführt uns in ein geradliniges Westerndrama um die Suche nach einem neuen Zuhause, das überaus einfühlsam und mit beeindruckenden Spannungsspitzen zugleich daher kommt. Modern und zugleich herzerwärmend altmodisch.
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