Bereits vor vielen Jahren gab es Menschen, die fest davon überzeugt sind, dass sich das Jenseits direkt um sie herum befindet, nur völlig unsichtbar ist. Die Vorstellung davon, dass wir von Geistern umgeben sind, fasziniert sie so sehr, dass sie durch Experimente erreichen wollen, diese Parallelwelt sehen zu können. Ganz andere Vorstellungen vom Leben nach dem Tod haben dagegen die fünf Jugendlichen, die sich im Internet kennengelernt haben und sich mit einem Kleinbus in den Wald wagen, wo sie sich selbst umbringen wollen. Doch statt im Jenseits stellen sie geschockt fest, dass sie stattdessen in einem gruseligen Krankenhaus gelandet sind, indem ihre Gehirne mittels eines metallisch-elektrischen Objekts stimuliert werden. Und plötzlich geschieht dabei das Unfassbare: Sie können ihre eigenen Geister sehen und erstmals außerkörperliche Erfahrungen sammeln. Damit hat die Neurologin endlich ihr Ziel erreicht. Dumm nur, dass sie nicht ahnt, welche Gefahren diese Errungenschaft mit sich bringt…
Kritik:
Es gibt einen Mann, dessen Namen ist unter Asia-Fans ziemlich bekannt, obwohl ihn ansonsten kaum jemand kennt: Takashige Ichise. Er nämlich war es, dem wir die originalen Filme von „The Ring“ aus Japan zu verdanken haben und durch den wir wohl die besten Geisterfilme unserer Zeit zu sehen bekamen. Nun also soll es soweit sein, dass wir den neusten Streifen bei dem auch er Hand angelegt hat, zu sehen bekommen. Denn für „Kyofu“ hat er die Produktion übernommen und unterstützt damit seinen herausragenden Regisseur Hiroshi Takahashi auf besondere Weise. Das Gute daran: Wir bekommen endlich einen Horrorfilm geboten, der sich gänzlich von Hollywood-Effekthascherei distanziert.
Außerkörperliche Nahtoderfahrungen
Die meisten Genrefans wissen dabei sicherlich schon, dass sich der klassische J-Horror deutlich von seiner Konkurrenz abgrenzen kann und damit ein völlig eigenes Genre erzeugt hat. Statt brutalen Folterattacken, oder ekligen Gore-Szenen bekommen wir es hier auf ganz subtile Art mit den Geistern zu tun. Natürlich hat jeder Film, der von Ichise produziert wurde, ein völlig neuartiges Thema und bekommt stilistisch betrachtet seine typische Handschrift. Ganz im klassischen Sinne konzentriert sich „Kyofu“ nämlich auf die angsteinflößenden Vorstellungen vom Jenseits, wie sie die Menschheit bereits seit Jahrhunderten beeinflussen und faszinieren. Dabei verzichtet der Film natürlich auch nicht auf kleine christliche Einflüsse, wie dem hellen weißen Licht, das die Toten laut Vorstellung der Christen in den Himmel lockt und baut diese sehr geschickt, aber auch zurückhaltend – also ohne religiöse Missionierungsversuche – ein. Doch das soll uns eigentlich gar nicht so sehr interessieren, denn Hauptaugenmerk von „Kyofu“ und damit auch das spezielle Merkmal des Ichise-Stils ist der langsame und subtile Spannungsaufbau, der sich aus der Gesamtatmosphäre und dem intelligenten Inhalt ergibt. Mit langsamem Atmosphäreaufbau und mitreißender Musik, die uns völlig in den Bann des Films zieht, kann Ichise schließlich den Zuschauer gänzlich fesseln. Da hat er dann auch gar keine spektakulären Effekte mehr nötig, auf die er ohnehin meist verzichtet. Optisch ist „Kyofu“ nämlich eher klassisch und zurückhaltend inszeniert, sodass die Effekte nicht gerade herausstechen und der Film somit eigentlich gar kein optisches Spektakel ist. Aber das soll für den Film nur von Vorteil sein.
Logikfehler oder Überforderung?
Überzeugen kann unterdessen auch die sehr komplexe und auch intelligente Story. Der Zuschauer muss sicher ein wenig mitdenken, damit er wirklich versteht, wann sich die jeweilige Figur gerade außerhalb ihres Körpers bewegt und eventuell sogar mit anderen außerkörperlichen Personen in Kontakt tritt. An dieser Stelle kann der Film eine große Faszination erzeugen und uns manchmal sogar ein wenig verwirrt stehen lassen. Dumm nur, dass es wohl so scheint, als würde die Verwirrung nicht zwingend nur aus der etwas komplizierten Handlung zeugen, sondern eher auch an gewissen Logikfehlern liegen, die Ichise und Takahashi wohl nicht ganz durchdacht haben. So stellt sich natürlich schnell die Frage, warum auch die Ärztin über den gesamten Film hinweg offensichtlich in der Lage ist, mit den Seelen der Protagonisten in Kontakt zu treten, obwohl ihr Gehirn doch noch gar nicht hierfür modifiziert wurde. Oder aber, warum die Seelen auch auf Überwachungskameras deutlich zu erkennen sind – welchen Sinn macht es schließlich, dass Geister auf Bildschirmen auftauchen, obwohl sie sonst niemand sieht? Eine Erklärung, ob es sich dabei wohl um Spezialequipment handelt, bleibt über die gesamte Laufzeit aus. Bei all der großen Faszination und der gelungenen Atmosphäre lässt das fragliche und verwirrte Gesichter zurück. Doch J-Horror-Fans können auch darüber sicher hinweg sehen, zumal dieses Genre in letzter Zeit ein wenig rar geworden ist.
Fazit:
„Ring“-Produzent Ichise kann zusammen mit seinem Regisseur Takahashi einmal mehr mit einem intelligenten J-Horror-Streifen der klassischen Sorte überzeugen und punktet vor allem mit seinen speziellen Stilmitteln und der herausragenden Atmosphäre.