Kill Billy |
Land/Jahr: N / SWE 2014 |
Genre: Drama / Komödie |
Regie: Gunnar Vikene |
Darsteller: Bjørn Sundquist Björn Granath Grethe Selius Fanny Ketter Evert Lindkvist Vidar Magnussen Veslemøy Mørkrid Ellen Birgitte Winther |
FSK: ab 12 Jahren |
Dauer: 85 Minuten |
Kaufstart: 27. Oktober 2016 |
Label: NFP* |
40 Jahre lang hat Harold ein Möbelgeschäft in einer norwegischen Kleinstadt geführt. Bisher war er dabei auch sehr erfolgreich, doch das soll sich schlagartig ändern, als der internationale Möbelkonzern IKEA plötzlich beschließt, eine neue Filiale direkt neben seinem Möbelgeschäft zu eröffnen. Nicht lange dauert es, bis die Kunden ausbleiben und auch der Händler schon bald seine gesamte Existenz verliert. Nachdem dann obendrein auch noch seine pflegebedürftige Frau kurzerhand stirbt, hat es Harold ein für alle mal satt: Er will IKEA für all das bestrafen, was sie ihm genommen haben – und plant dafür, IKEA-Gründer Ingvar Kamprad zu entführen. Dumm nur, dass ihm das wider Erwarten sogar gelingt…
Kritik:
Die großen Ketten zerstören den Einzelhandel. Eine nicht selten aufgestellte Behauptung vor allem von Globalisierungsgegnern, die in der Veränderung der Innenstädte, die seit einiger Zeit alle gleich aussehen, einen Untergang des traditionellen Handels sehen. Mit „Kill Billy“ möchte sich ein schwedisch-norwegisches Drama einem solchen Einzelschicksal widmen – und setzt dabei naheliegend auf einen der größten Möbelkonzerne der Welt.
Fest für IKEA-Hasser
Das hat natürlich auch ein gewisses Humorpotential, denn wenn wir uns über minderwertige Qualität und schräge Namensbezeichnungen lustig machen, dann trifft es doch nicht selten eben IKEA. Wer kennt sie schließlich nicht, diese Billy-Regale, bei denen selbst der fähigste Schreiner manchmal nicht in der Lage ist, die Produkte stabil aufzubauen. Genau an solchen Witzen setzt „Kill Billy“ an, um recht dezent gelegentlich auch ein bisschen Humor einzubauen. Immerhin spielt bereits der Titel des Films entsprechend darauf an. An Skurrilität mangelt es dem Streifen dabei übrigens ohnehin nicht, denn wer schon einmal ein Bild von Ingvar Kamprad gesehen hat, kann sich kaum vorstellen, dass der IKEA-Gründer irgendjemandem etwas zu leide tun könnte. Außer eben den Einzelhandel um seine Existenz zu berauben. Das ist allerdings wahrlich lustig, wenn der doch etwas eigensinnige und eigentlich ziemlich harmlos wirkende Björn Granath, der hier optisch perfekt passend in die Rolle des Kamprad schlüpft, plötzlich mit Klebeband gefesselt im Wohnwagen sitzt. Irgendwie gelingt es „Kill Billy“ mit dieser Rolle aber sogar, Kritik an Globalisierungsgegnern mit Kapitalismuskritik in Einklang zu bringen.
Drama um die Existenz
Dabei hat der Streifen ja eigentlich grundsätzlich einen eher traurigen und deprimierenden Grundton. Immerhin können wir uns leicht in das Einzelschicksal eines Möbelhändlers hineinversetzen, der neben dem großen IKEA-Riesen kaum in der Lage zu überleben ist. Dementsprechend hat „Kill Billy“ natürlich auch emotionale Momente zu bieten, die voller Melancholie den Zuschauer fast ein bisschen zu Tränen rühren. Dennoch allerdings immer von einer gewissen Lockerheit begleitet, wenn Harolds Frau ihn etwa als „Mistkerl“ beschimpft, weil er sie ins Altenheim bringen will, oder wenn er mit Luftpolsterfolie eingehüllt versucht, in das vermeintliche Haus von Kamprad einzubrechen – entsprechende Geräuschkulisse inklusive. Björn Sundquist gelingt es zu jeder Zeit, seiner traurigen Rolle stets eine selbstironische Fröhlichkeit zu verleihen, die die eigentliche Handlung deutlich auflockert.
Ein Mann, viele Gesichter
Und überhaupt wird „Kill Billy“ doch vor allem von seinen überaus herausragenden Darstellern getragen. So minimalistisch und zum Teil sogar langsam die Story auch erzählt sein mag, reicht manchmal ein einziger Blick von Sundquist aus, um die Emotionen rüberzubringen und uns bestens in die Figur hineinzuversetzen. Etwa denn, wenn er auf die Junge Ebba stößt und nach seinen vierzig Jahren erfolgreicher Ehe distanziert-entsetzt auf den Sittenverfall in jungen Familien herabschaut. Sein Gesichtsausdruck dabei herrlich amüsant. Nicht weniger amüsant allerdings auch, wenn er als Amateur-Kidnapper plötzlich gar nicht mehr so recht weiß, was er eigentlich mit seinem doch auf den zweiten Blick so liebenswürdig erscheinenden Opfer machen will. Dadurch entsteht nicht nur eine gewisse Situationskomik, sondern auch eine relativ „harmlose“ Handlung, die man auch den jüngeren Zuschauern zumuten kann. Aber wer würde auch annehmen, dass sich ein Film über die Entführung des IKEA-Gründers tatsächlich bitterernst nimmt.
Fazit:
Ein ungewöhnliches Fest für IKEA-Hasser, das mit seinem melancholischen Grundton vor allem von der herausragenden Mimik seiner Hauptdarsteller lebt.