Erbarmen |
Land/Jahr: DK 2013 |
Genre: Krimi |
Regie: Mikkel Nørgaard |
Darsteller: Nikolaj Lie Kaas Fares Fares Sonja Richter |
FSK: ab 16 Jahren |
Dauer: 97 Minuten |
Kaufstart: 25. September 2014 |
Label: NFP* |
Nach einem katastrophal fehlgeschlagenen Einsatz muss sich Polizist Carl Morck mit folgenreichen Veränderungen abfinden. Einer seiner Kollegen ist im Dienst ums Leben gekommen, ein anderer liegt seitdem schwer verletzt im Krankenhaus – und das nur durch seine eigene Fehlentscheidung. Der Polizeichef hält es daher vorerst nicht mehr für zumutbar, den eigentlich erfahrenen Polizisten weiterhin in der Mordkommission arbeiten zu lassen. Im neu eingerichteten Sonderdezernat Q soll er gemeinsam mit seinem Assistenten Assad die bereits seit Jahren ungelösten Fälle sortieren und mit einem Bericht endgültig schließen. Doch entgegen seiner Anordnungen lässt er sich die Ermittlungen nicht nehmen. Gerade erst einmal den Fall einer verschollenen jungen Frau auf dem Tisch, die einst von der Fähre gesprungen sein soll, bekommt er Zweifel an den bisherigen Ermittlungen. Schon bald verdichten sich die Hinweise, dass es sich keinesfalls um einen Selbstmord handeln kann. Entgegen ihren Anweisungen nehmen die beiden, eigene Ermittlungen auf…
Kritik:
Bei einem Besuch im nächsten Buchhandel ist es kaum möglich, nicht an den berühmten Thrillern von Jussi Adler-Olsen vorbei zu kommen. Seine Weltbestseller befinden sich immer bestens platziert in Sichtweite des Kunden und erfreuen sich auch in Deutschland größter Beliebtheit. Dass es da nicht allzu lange dauern konnte, bis eines seiner Bücher endlich verfilmt wurde, sollte klar sein. „Erbarmen“ macht hier den Anfang.
Krimi-Vorbild Dänemark
Die Geschichte ist sofort einfach zu verstehen und orientiert sich eigentlich an ganz klassischen Krimis, wie wir sie durchaus aus dem Abendprogramm im deutschen Fernsehen kennen. Die Ermittlungen an einem Mordfall lassen also nicht lange auf sich warten und für den Zuschauer gestaltet es sich überaus spannend, den immer wieder neu auftauchenden Hinweisen zu folgen. Stets schlüssig und ohne jegliche Logikfehler ist immer gut nachvollziehbar, wie und warum die Story voranschreitet. Das sorgt ziemlich schnell auch dafür, dass „Erbarmen“ den deutschen Produktionen in diverser Hinsicht deutlich voraus ist. Stilistisch macht der dänische Krimi nämlich einiges besser, als wir es unter anderem vom deutschen „Tatort“ gewohnt sind. Das liegt nicht zuletzt aber auch an den beiden sympathischen Hauptdarstellern.
Männer der wenigen Worte
Hier kann vor allem Nikolaj Lie Kaas als Carl hervorstechen und mit herausragenden schauspielerischen Leistungen punkten. „Erbarmen“ lässt sich stets viel Zeit für die Charakterentwicklungen und lässt den Fokus der Kamera auch gerne einmal auf der Mimik der Protagonisten, um ihre Gefühlslage zum Ausdruck zu bringen. Dass Lie Kaas dabei ein eher ruhiger, deprimierter und ernster Charakter ist, der voller Sturheit an seinen Zielen festhält, rundet die Inszenierung letztendlich ab. Er braucht nicht viele Worte, redet auch relativ ungern und lächelt noch umso weniger – doch dem Zuschauer ist zu jeder Zeit klar, welche Pläne er hat und wie er als nächstes an seine Ermittlungen ran geht. Das macht ihn zum zielstrebigsten Krimihelden, den wir in den letzten Jahren gesehen haben und stiehlt dem „Tatort“ dabei gerne mal die Show. Doch auch Fares Fares macht sich als muslimischer Kollege Assad richtig gut, baut er durch seine sanfte und einfühlsame Art einen guten Kontrast auf. Beide zusammen ergeben ein gelungenes, perfekt harmonierendes Duo, was noch dadurch verdeutlicht wird, dass Carl mit seinen üblichen Kollegen eher schwierig zusammenarbeiten kann. Kurz gesagt: Gelungene Charakterzeichnung.
Das überraschende Ende
Ohne hier allzu viel spoilern zu wollen, können wir zumindest so viel sagen: „Erbarmen“ wird mit einem Ende überraschen, dass kein Zuschauer bis dahin vorhersehen kann, obwohl der eigentliche Handlungsverlauf auf den ersten Blick doch recht vorhersehbar scheint. Dass das Handlungsmuster eines typischen Krimis mit gelungenen Wendungen gespickt ist, steigert die Spannung von „Erbarmen“ nochmals. Doch kein Wunder, haben die Dänen mit derartigen Stilmitteln bereits Erfahrung: In „Der Plan“ mit Mads Mikkelsen konnten sie schon unter Beweis stellen, dass ein ruhiger, ernster und düsterer Stil durchaus beim Zuschauer punkten kann und setzen dieses Erfolgskonzept – obwohl nicht von denselben Machern – hier weiter fort. Man richtet sich also ganz nach dänischen Vorbildern und das hat bekanntlich Stil. Dass man den Zuschauer selbst bei den Rückblenden auf die tatsächlichen Geschehnisse immer ein wenig im Dunkeln tappen lässt, zeigt darüber hinaus, dass Regisseur Mikkel Norgaard viel von seinem Handwerk versteht.
Fazit:
Eine würdige Verfilmung des Jussi Adler-Olsen Bestsellers, die mit typisch dänischem Stil die Spannung auf die Höhe treibt und dabei eine Vorbildfunktion für deutsche Krimis übernehmen könnte. Eines ist klar: Die besten Krimis kommen aus dem Norden.