Als Aki noch klein war, starben ihre Eltern bei einem Autounfall. Heute lebt sie glücklich mit ihrer Tante, die sie inzwischen Mutter nennt, in Tokio. Das Einzige, was sie von ihren Eltern noch hat, ist ein Paket aus Deutschland, welches ihre Tante ihr Jahre lang vorenthalten hat. Doch nun soll es soweit sein: Aki verlangt nach dem Paket und sieht erstmals, was ihr zugeschickt wurde. Sie entdeckt darin, neben alten Gegenständen, auch eine Landkarte mit einem roten Punkt. Da sie endlich mehr über ihre Familie erfahren will, entschließt sie sich kurzerhand, entgegen dem Willen ihrer Tante, zum Unfallort Deutschland zu reisen, um nach dem roten Punkt zu suchen. Dort angekommen, lernt sie schnell eine deutsche Familie kennen, die ihr fortan bei der Suche behilflich sein wird, aber auch typisch deutsche Eigenheiten zu bieten hat. Aki, dessen deutsch noch nicht allzu gut ist, wird plötzlich mit einer völlig neuen Kultur konfrontiert und muss sich in ihrer neuen Umgebung zurecht finden. Viele Turbulenzen kommen auf sie zu, doch sie ahnt noch nicht, dass man ihr momentan noch etwas verschweigt…
Kritik:
Die in Deutschland lebende japanische Regisseurin Marie Miyayama hat mit “Der rote Punkt” einen Film gedreht, der sich sehr stark vom üblichen japanischen Kommerz abgrenzt – oder mehr noch: von jeglichem Kommerz. Im Gegensatz zu anderen bekannten japanischen Regisseuren, hat sie sich nämlich bei dem für Japaner eher untypischen Drama-Genre bedient und einen Film inszeniert, der fast schon als Road Movie bezeichnet werden kann. Es geht nämlich um die Schwierigkeiten einer Japanerin, sich in Deutschland zurecht zu finden und endlich mehr über ihre verstorbene Familie zu erfahren. Miyayama allerdings geht dabei einen sehr ungewöhnlichen Weg: Statt auf emotionale Dramatik oder Action zu setzen, hat sie sich getraut, den Film so natürlich, wie möglich zu inszenieren. Und dabei ist sie soweit gegangen, dass sie weitestgehend auf Charaktervorschriften verzichtet hat und stattdessen ihre Schauspieler anhand ihrer eigenen Erfahrungen improvisieren ließ. Jeder der Darsteller passt nämlich perfekt in die Rolle. Die japanische Hauptdarstellerin Yuki Inomata beispielsweise ist tatsächlich auch im realen Leben noch dabei, deutsch zu lernen und konnte dadurch ihre Rolle so authentisch, wie nur möglich spielen. So authentisch, dass sie nicht einmal synchronisiert werden musste, weder in den japansich-sprachigen, noch in den deutsch-sprachigen Szenen. Oder aber ihre verstorbene Mutter, die kurz im Film zu sehen ist und dabei ihr eigenes Baby in den Händen hält. Ganz zu schweigen von den restlichen Darstellern, die ebenfalls bereits ähnliche Erfahrungen machten, wie sie im Film zu sehen sind. Und das alles wirkt dabei so natürlich, dass wir während dem gesamten Film nicht das Gefühl bekommen, dass die Szenen überhaupt gespielt seien. Im Gegenteil, es kommt eher der Eindruck auf, all die Szenen wären reale Ereignisse gewesen, die man nur noch gefilmt hat und der Zuschauer kann sich so sehr in den Film hineinversetzen, dass er das Gefühl bekommt, er würde all das mit einer realen Person gemeinsam erleben. Das ist etwas, was man unbedingt erlebt haben sollte, auch wenn der Film bewusst auf besonders emotionale Momente verzichtet und außerdem statt auf Action, eher auf eine leichte und ruhige Stilistik zurückgreift. Allerdings ist es besonders die gekonnte Authenzität von Inomata, die begeistern kann. Kaum jemand könnte die Rolle einer jungen Japanerin in einem fremden Land besser darstellen. Es geht dabei vor allem um Identitätsfindung, Hilfsbereitschaft und das Zurechtkommen in einem fremden Land. Man kann regelrecht spüren, wie unsicher sich Aki in Deutschland ist, ohne die Sprache vollständig zu verstehen und ohne die Kultur zu kennen. Doch davon soll sie sich nicht abhalten, sich auf die Suche nach ihren verstorbenen Eltern und ihrer Kindheit zu machen. Auch, wenn sie sich dabei allzu naiv einer Familie anvertraut, bei der allerdings schon bald eine Freundschaft entsteht. Miyayama macht dabei auch klar, welche große Bereicherung die Zusammenkunft verschiedener Kulturen darstellen kann. Denn während die Familie in dem kleinen Dorf noch große familiäre Probleme hat, ist es doch gerade Aki, die eine gewisse Veränderung auch bei ihnen bewirken kann.
Fazit:
Real wirkender Film, der fast ohne jegliche Charaktervorgaben inszeniert wurde und daher extrem natürlich wirkende Charaktere hervor bringt. Ein Film, jenseits des Kommerzes, der sich bewusst abgrenzt und gerade deshalb besonders beeindruckend geworden ist, was insbesondere an den hervorragenden Leistungen von Yuki Inomata liegt.
Get the Flash Player to see this player.