Die junge Carrie hatte es in ihrer Jugend bisher wirklich nicht gerade einfach. Gemeinsam mit ihrer streng religiösen Mutter aufgewachsen, zählt sie in der Schulklasse doch eher zu den unbeholfenen und überaus schüchternen Mitschülern. Kaum verwunderlich also, dass sie somit schnell zur Zielscheibe für ihre Klassekameraden wird, die keinerlei Möglichkeit auslassen, das Mädchen aufs Übelste fertig zu machen. Als Carrie noch dazu zum ersten Mal ihre Periode bekommt, geht das Mobbing gar so weit, dass anschließend ein Video der Erniedrigungen im Internet landet. Völlig verstört, traut sie fortan keinem Menschen mehr über den Weg und entdeckt heimlich und allein ihre ganz besonderen Fähigkeiten. Es scheint, als wäre sie allein mit ihrer Gedankenkraft in der Lage, Gegenstände zu bewegen und Objekte zerbrechen zu lassen. Dumm nur, dass die schulische Situation schon bald so eskaliert, dass sie sich mit ihren Fähigkeiten gegen ihre Mitmenschen wendet – und es zu einem blutigen Showdown auf dem Abschlussball kommen soll…
Kritik:
Basierend auf einer Horrorgeschichte von Stephen King inszenierte Regisseur Brian De Palma bereits in den 70er Jahren einen spannenden Streifen um die junge Carrie, die nach einem Mobbingexzess auf dem Abschlussball regelrecht Amok läuft. Im Remake bekommen wir nun eine wesentlich hübschere Besetzung und ein moderneres Gewand geboten.
Klassiker mit Cybermobbing
Problematisch erkennt man hier bereits im ersten Drittel des Filmes, dass das Remake von Kimberly Peirce ganz und gar keine Neuinterpretation des alten Klassikers ist, obwohl die Zeiten dafür eigentlich bereits reif wären. Stattdessen handelt es sich um eine exakte Nachverfilmung des Originals, was sich in einer 1:1-Umsetzung der gesamten Story äußert. Selbst so manche Szenen – etwa die erstmalige Periode von Carrie – sind regelrecht nachgedreht. Mit einem Unterschied: Statt ausschließlich verbalem Mobbing, werden die Erniedrigungen nun auch mit dem Kamerahandy aufgezeichnet und anschließend im Internet hochgeladen. Das ändert aber an den eigentlichen Auswirkungen rein gar nichts, denn auf das Cybermobbing wird nicht eingegangen – schließlich hat Carrie selbst anscheinend nicht einmal einen Internetanschluss. Leider bleibt der Streifen nicht in allen Momenten so unmodern.
Weniger ist mehr
Bei den Effekten versucht man nämlich die Aufmachung endlich in ein neues Gewand zu packen und fährt dabei wohl alles aus, was die Computer heutzutage hergeben. Gegenstände fliegen durch die Luft, Spiegel zerbrechen, Menschen stehen in Flammen und vor allem die Telekinese-Szenen haben es der Regisseurin wohl besonders angetan. Ganz im Stile eines Yoda kann Carrie schließlich bald alle noch so großen Gegenstände durch die Lüfte schmeißen und ihre Mitmenschen in die Schranken weisen. Die beste Szene mag dabei sein, als Carrie ihre eigene religiöse Mutter in den Schrank katapultiert, um dort weiter zu beten – damit ist die Religionsstunde für uns zumindest vorübergehend ein wenig vorbei. Dumm nur, dass all die Effekte nicht so recht zu der kleinen und simplen Story passen mögen. Weniger ist manchmal schließlich doch mehr, denn Kimberly Peirce übertreibt es voll und ganz. Tauchen übernatürliche Teufelsfähigkeiten zusammen mit Smartphones auf, können wir dem Streifen irgendwie die Glaubwürdigkeit nicht mehr abkaufen. Ganz zu schweigen von Hauptdarstellerin Chloe Grace Moretz, die eindeutig ein paar Nummern zu hübsch für ein Mobbingopfer ist. Da war die Originalbesetzung im Jahre 1976 doch viel besser.
Halbgares Familiendrama
Dabei gab es durchaus gute Ansätze für eine neue Story oder gar Neuinterpretation. Durch das moderne Gewand und das hübschere Aussehen der Hauptdarstellerin als Tochter einer ultrareligiösen Mutter wäre die perfekte Voraussetzung für ein waschechtes Familiendrama gegeben. Eine junge Tochter, die sich gegen die religiöse Mutter und ihren erzkonservativen Wahnsinn zur Wehr setzt und dabei zu drastischen Mitteln greift, hätte sicherlich einen spannenden Streifen ergeben. Gerade deshalb sind auch jene Szenen, in denen sich Carrie sichtlich vom Religionswahn abgrenzt und die Mutter in Schach hält auch eindeutig die Stärksten des Films. Leider hat man sich allerdings dazu entschieden, den Religionswahn nicht zu bekämpfen, sondern am Ende doch als vermutlich wahr hinzustellen. Bekämpfen und dann doch der Religion die Oberhand gewinnen lassen, das passt dann nicht so recht zusammen. Peirce konnte sich da wohl doch nicht ganz entscheiden, welche Richtung sie nun endgültig einschlagen möchte. Vielleicht wäre eine gänzlich neue Geschichte auf Basis dieses Konflikts wohl doch besser gewesen. Viel schlechter, als das „Carrie“-Remake hätte es jedenfalls nicht ausfallen können.
Fazit:
Mit gutem Ansatz liefert Regisseurin Kimberly Peirce eine exakte Nachverfilmung von Brian De Palmas Original ab und fährt ihren Film mit übertriebenen Effekten und dem hübschesten Mobbingopfer aller Zeiten an den Rand der Unglaubwürdigkeit.